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Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition)

Titel: Die Sprengmeister und der unheilige Gral: Social Fiction (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiner Wacker
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dämlich sein? Anzunehmen, dass er das Problem mithilfe einiger verschwurbelter Salonjäger in den Griff bekommen könnte. Nein, er hätte von vornherein das große Besteck nehmen sollen. Bei der Gefährdung von Leib und Leben – speziell seines Leibs und Lebens – hört der Spaß eindeutig auf. Das ist nicht der Zwergenaufstand eines psychotischen Wachmanns, das ist pure Anarchie, der Zusammenbruch von Sicherheit und Ordnung, die bösartige Negierung des Eliteprinzips durch die gleichmacherischen Horden des ewigen Klassenfeindes. Hohe Ward öffnet das Schloss seines Elefantentöters und schiebt zwei neue Patronen in die Kammer, kann sich aber nicht entschließen in Schussposition zu gehen. Wo kommen die nur alle her und warum diese gruseligen Verkleidungen? Wollen die ihn auf den Arm nehmen? Ist das etwa ein persönlicher Affront gegen seine Person? Haben seine Feinde und Neider gemeinsame Sache gemacht, um ihn zu Boden zu zwingen? Erst diese Typen in ihren schwarzen Kutten mit den albernen Spitzhauben und jetzt ist noch eine zweite Sorte dazugekommen. Was soll das? Sind das die Sprengmeister? Oder sind das überhaupt Sprengmeister? Was wollen die von ihm? Er wendet sich an seine Eskorte und fixiert sie mit unerbittlich hartem Blick.
    «Los, schnappt sie euch!»
    Der Trick gelingt. Der schmächtige Hering rafft sich auf, um seine Waffe in Stellung zu bringen, aber kaum, dass er seinen dürren Kopf über die Deckung gehoben hat, ertönt das gemeine Schnappen und eine Zehntelsekunde später steckt ein weiterer gefiederter Gruß in seiner Stirn. Hohe Ward wird schlecht. Dieses Geräusch wird er so schnell nicht vergessen. Seinem anderen Mitstreiter scheint es ähnlich zu gehen. Mit weit aufgerissenem Mund stiert er auf den Pfeil in der Stirn des jüngst Verblichenen und den satten violetten Ring, der sich um die Eintrittswunde gebildet hat. Ein dünner Blutfaden führt von der Wunde weg und versickert in der rechten Augenbraue, um den Unterleib herum hat sich ein See gebildet, der langsam größer wird.
    «Oh Gott, igittigit, oh, mein Gott, hilf mir, ich will nicht sterben, Gott ist das eklig. Ich will nach Hause», jammert er konfus vor sich hin, bis Hohe Ward ihn grob unterbricht.
    «Hör auf mit dem Geflenne. Das bringt uns auch nicht weiter. Jetzt müssen wir zusammenhalten. Zusammenhalten und beenden, was wir angefangen haben.»
    Bevor er sein mentales Wiederaufbauprogramm fortsetzen kann, stolpert eine weitere Figur um die Ecke einer kleinen Nische in der Wand. In den Händen hält sie ein kurzes Gewehr. Panikgeschüttelt reißt der andere seine Pistole hoch und zieht den Abzug durch. Innerhalb kürzester Zeit ist der Inhalt des Magazins durch den Lauf gejagt. Obwohl mindestens einer der Schüsse getroffen haben muss, nimmt die Person seelenruhig eine sichere Schussposition ein, hebt den Lauf und drückt ab. Das Geschoss durchschlägt die Brust des Dicken in Herzhöhe und bleibt mit einem hässlichen Klicken in der Wand hinter ihm stecken. Noch bevor Hohe Ward sich von seiner Überraschung erholen kann, ist der Lauf ein kleines Stückchen herumgewandert, sodass die Öffnung jetzt direkt auf seinen Kopf zielt. Mit weit aufgerissenen Augen, aber unfähig sich zu bewegen, starrt Hohe Ward auf den alten Mann vor ihm. Das kann, das darf ja wohl nicht wahr sein. Es ist sein renitenter House-, Garden- und Facility-Manager Carsten Kluncker. Bevor er etwas sagen kann, bellt das Gewehr erneut los und ein kräftiger Schlag vor den Hals lässt seinen Kopf nach hinten gegen den Mauervorsprung schlagen. Er spürt, wie heißes Blut in seinen Mund sprudelt, aber es tut nicht weh. Der Gedanke, der ihm kommt, kurz bevor er für immer wegdämmert, lässt ihn seine dicken Lippen unwillkürlich zu einem letzten, schaurigen Grinsen verziehen. Der Mörder ist immer der Gärtner.

cxi Letzte Lunte
    Mit gewisser Irritation haben die beiden überlebenden Sprengmeister das kleine Geplänkel zwischen den anderen Kontrahenten verfolgt, indes, genützt hat es ihnen nichts. Fast nichts.
    «Das werden ja immer mehr.»
    «Während wir immer weniger werden.»
    Der jüngste Personalabgang sitzt den beiden Sprengmeistern noch tief in den Knochen. Es liegt in der menschlichen Natur, den Wert des eigenen Lebens deutlich höher zu veranschlagen als den der Restweltbevölkerung, und diesmal war es knapp, sehr, sehr knapp.
    «Und was machen wir jetzt?»
    «Geordneter Rückzug.»
    «Was verstehst du denn unter einem geordneten Rückzug, wenn ich das

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