Die Springflut: Roman (German Edition)
und sein Onkel hatten das Werk begonnen. Adolf und Viktor. Die Brüder Magnuson. Gemeinsam hatten sie ein relativ kleines, aber solides Bergbauunternehmen aufgebaut, ein feines Gespür für Mineralien besessen und waren von heimischen Gruben zu internationalen Schürfprojekten übergegangen. Im Laufe der Zeit hatten sie das Familienunternehmen weltweit etabliert und Bertil bei seinem Einstieg ins Wirtschaftsleben mit einem Aktienpaket versehen.
Er selbst war eigensinnig gewesen, hatte kühner gedacht. Zwar hatte er geholfen, das Familienunternehmen zu verwalten, gleichzeitig jedoch erkannt, dass man ganz andere Märkte als die traditionellen erschließen könnte, die den Brüdern so am Herzen lagen.
Exotische Märkte.
Schwierige Märkte.
Was nicht ohne Feilschen und Schachern mit zahlreichen diktatorischen Machthabern ging. Personen, mit denen sich die Brüder niemals abgegeben hätten. Aber die Zeiten änderten sich, und Vater und Onkel starben. Sobald Adolf und Viktor unter der Erde waren, gründete Bertil ein Tochterunternehmen.
Mit Unterstützung Nils Wendts.
Des unglaublich talentierten Wendt. Eines der Musketiere. Ein Genie, wenn es um Bergbauprojekte und die Analyse von Mineralien und Marktstrukturen ging, all die Dinge, die Bertil Magnuson weniger gut beherrschte. Gemeinsam wurden sie gleich auf mehreren Kontinenten zu industriellen Pionieren. Asien. Australien. Aber vor allem: Afrika. Bis es zum Konflikt kam und Wendt plötzlich wegen etwas sehr Unangenehmen verschwand, das Bertil Magnuson verdrängt und in ein Nichtereignis verwandelt hatte.
Das hatte Nils Wendt ganz offensichtlich nicht getan.
Denn es konnte kein anderer als sein alter Kompagnon sein, der ihn angerufen und ihm den Gesprächsfetzen vorgespielt hatte. Eine andere Möglichkeit gab es nicht.
Davon war Bertil Magnuson überzeugt.
Als er die Brücke nach Djurgården erreichte, hatte er innerlich seine erste Frage formuliert: Was zum Teufel will er? Und seine zweite: Mehr Geld? Und als er gerade seine dritte Frage – Wo ist er? – formulieren wollte, klingelte erneut sein Handy.
Er hielt es vor sich oder vielmehr unten am Oberschenkel, und um ihn herum kamen und gingen Menschen, von denen viele mit Hunden unterwegs waren, es war eine Gegend dafür. Er nahm das Gespräch an und hob das Handy ans Ohr.
Wortlos.
Still.
»Hallo?«
Es war Erik Grandén. Der fleißige Twitterer, der sich Hoffnung auf einen Friseurbesuch in Brüssel gemacht hatte. Bertil Magnuson erkannte seine Stimme sofort.
»Hallo, Erik.«
»Gratuliere zu deiner Auszeichnung!«
»Danke.«
»Und, wie war der König?! War er gut in Form?!«
»Sicher.«
»Wie nett, wie nett. Und jetzt wird gefeiert?«
»Nein, ich … Wir reden später darüber. Hast du einen Friseur gefunden?«
»Noch nicht, der, den ich haben wollte, hatte keinen Termin mehr frei. Seltsam. Aber jemand hat mir einen anderen Salon empfohlen, zu dem ich es hoffentlich morgen früh vor dem Flieger schaffe, ich melde mich dann am Wochenende bei dir! Grüß Linn von mir!«
»Danke. Tschüss.«
Bertil Magnuson dachte an Erik Grandén, das dritte Musketier. Auch er war auf seinem Gebiet ein Schwergewicht mit einem gigantischen Kontaktnetz im In- und Ausland.
»Hol ihn in den Vorstand.«
Bertil Magnusons Mutter hatte nach dem Tod des Vaters diesen Vorschlag gemacht, als Bertil die weitverzweigten Tentakel seines Freundes Erik beschrieben hatte.
»Aber er hat doch gar keine Ahnung vom Bergbau«, hatte er zu bedenken gegeben.
»Das Gleiche könnte man auch über dich sagen. Deine Kompetenz besteht darin, dich mit Leuten zu umgeben, die etwas von der Sache verstehen. Mit den richtigen Leuten. Das ist deine Begabung. Hol ihn in den Vorstand.«
Als sie es zum zweiten Mal sagte, erkannte Bertil, dass ihre Idee brillant war. Warum war er nicht selbst darauf gekommen? Manchmal sah man den Wald vor lauter Bäumen nicht. Erik hatte ihm als Freund und Musketier zu nahegestanden. Natürlich musste Erik im Vorstand von MWM sitzen.
So kam es dann auch.
Er bekam einen Sitz, was anfangs von seiner Seite ein kleiner Freundschaftsdienst gewesen war. Aber da er im Laufe der Zeit ein umfangreiches Aktienpaket der Firma erworben hatte, konnte er natürlich genauso gut auch Verantwortung übernehmen. Immerhin war es ihm möglich, an einigen Strippen zu ziehen, zu denen Bertil keinen Zugang hatte. Er war ja Erik Grandén.
So blieb es viele Jahre, bis Eriks politische Karriere ihn so weit nach oben geführt hatte,
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