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Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
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weit zu gehen, Bertil, aber ein Mord?
    Niemand kann uns damit in Verbindung bringen.
    Aber wir wissen Bescheid.
    Wir wissen nichts … wenn wir nicht wollen.
    Der Dialog brach ab.
    Bertil ließ das Handy nach einigen Sekunden mit einem auffällig starren Arm sinken. Er wusste genau, was für eine Unterhaltung das war. Er wusste genau, wann sie stattgefunden hatte und wessen Stimmen das gewesen waren.
    Die von Nils Wendt und Bertil Magnuson.
    Er selbst hatte die letzten Worte gesprochen.
    Wir wissen nichts … wenn wir nicht wollen.
    Dagegen hatte er nicht gewusst, dass dieses Gespräch aufgezeichnet worden war.
    »Auf Ihr Wohl, Bertil!«
    Der König erhob Bertil Magnuson zugewandt sein Glas. Es kostete den Geehrten allergrößte Anstrengung, sein eigenes ebenfalls zu erheben und sich ein krampfhaftes Lächeln abzuringen.
    Linn Magnuson reagierte sofort. Die Blase, dachte sie, bahnte sich schnell den Weg zu ihm und lächelte.
    »Würde seine Majestät die Güte haben, uns einen Moment zu entschuldigen, ich müsste meinen Mann ganz kurz entführen.«
    »Aber selbstverständlich, selbstverständlich.«
    Der König war niemand, der Umstände machte. Vor allem nicht einer kirschfarbenen Erscheinung wie Linn Magnuson gegenüber.
    Also zog sie ihren auffallend geistesabwesenden Mann ein wenig zur Seite.
    »Die Blase?«, flüsterte sie.
    »Was? Ja.«
    »Komm mit.«
    So wie eine tatkräftige Frau agieren sollte, wenn ihr Mann schwächelte, übernahm sie das Kommando über Bertil und scheuchte ihn zu einer nicht allzu fernen Toilette, in die er sich wie ein Schatten hineinschob.
    Sie würde draußen auf ihn warten, was aus einem einfachen Grund ein Glück war.
    Er hatte überhaupt nicht vor, seine Blase zu entleeren.
    Stattdessen krümmte er sich über der Toilette und übergab sich. Schnittchen und Champagner und die kurz getoasteten Marmeladenbrote vom Frühstück kamen hoch.
    Der große Wirtschaftsmagnat war geschrumpft.
    *
    Der Fahrgast auf dem Nachbarsitz sprach davon, wie unglücklich es war, so beengt zu sitzen, wenn man bedachte, wie schnell Bazillen sich in der Luft verbreiteten. Olivia gab ihm recht. Außerdem hielt sie sich die Hand vor den Mund, wenn sie wieder einmal heftig husten musste, und versuchte sich von ihm wegzudrehen, so gut es eben ging. Es ging nicht besonders gut. Bei Linköping wechselte ihr Mitreisender den Sitzplatz.
    Olivia blieb in einem sanft schaukelnden X-2000-Zug alleine sitzen. Ihre Brust schmerzte, und ihre Stirn war alarmierend heiß. Eine Stunde hatte sie ihrem Handy und eine halbe Stunde ihren Notizen gewidmet. Anschließend hatte sie an das Gespräch in Strömstad und an Jackie Berglund denken müssen … »Diese Segelei ist nicht mein Ding.« Und was war dein Ding, Jackie?, dachte sie. Auf einer Yacht angemietet zu werden und mit Norwegern zu vögeln? Während eine Viertelstunde von euren Orgien entfernt eine junge Frau eingegraben und ertränkt wurde. Oder?
    Oder? Plötzlich tauchte etwas ganz anderes in Olivias fiebrigem Kopf auf.
    Was wusste sie eigentlich über die ertränkte Frau?
    Schlagartig wurde ihr bewusst, wie sehr sie sich von der Tatsache hatte beeinflussen lassen, dass man über das »arme« Opfer nichts wusste, wodurch das Bild einer jungen, wehrlosen und schwangeren Frau entstanden war, die man grausam zu Tode gequält hatte.
    Und wenn es nun gar nicht so gewesen war?
    Es wusste doch niemand etwas über das Opfer.
    Man kannte ja nicht einmal ihren Namen.
    Und wenn sie nun auch als Escortgirl engagiert worden war?
    Aber sie war doch schwanger!
    Beruhige dich, Olivia, es gibt für alles Grenzen.
    Aber stimmte das wirklich? In der Polizeischule hatten sie eine Vorlesung über Pornoseiten im Internet gehört. Wie sie hochgeladen wurden, wie schwierig es war, sie aufzuspüren, wie schwierig es war … schwangere Frauen! Hier und da, aber gar nicht mal so selten, gab es unter den Milliarden von Pornos, die ins Netz gestellt wurden, Spezialseiten für »euch, die ihr etwas besonders Dreckiges sucht«, »fucking pregnant women?«. Sie erinnerte sich, weil sie es besonders abstoßend gefunden hatte. Sex mit Eselinnen oder siamesischen Zwillingen, okay, das war einfach nur lächerlich. Aber gekaufter Sex mit hochschwangeren Frauen?
    Dafür gab es leider Gottes einen Markt.
    Das war die Realität.
    Man stelle sich also vor, dass dieses Mordopfer eine Freundin Jackies war, die man engagiert hatte, gerade weil sie schwanger war. Und dann ging auf dieser Yacht irgendetwas schief und

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