Die Springflut: Roman (German Edition)
Jahren, als dieser noch bei der Polizei war, einmal geholfen, mit der UE in Kontakt zu kommen, als es um den Verdacht eines unerlaubten Eindringens in ein unterirdisches Militärlager gegangen war. Die Abkürzung UE stand für Urban Exploration, und es handelte sich um einen losen Verbund Einzelner, die es sich zum Ziel gesetzt hatten, unterirdische Orte in urbanen Umgebungen zu erkunden. Tunnelsysteme. Stillgelegte Fabriken. Felsräume. Schutzräume. Verlassene Räumlichkeiten, deren Betreten häufig verboten war.
Es war also eine nicht ganz legale Tätigkeit.
Der Nerz hatte ihm die Nummer seines Kontaktmanns bei der UE gesimst, und Stilton hatte angerufen und um ein Treffen gebeten. Er hatte behauptet, er arbeite für die Zeitschrift Situation Stockholm an einer Reportage über ungewöhnliche und verborgene Orte in der Großstadtregion Stockholm. Der Bursche kannte die Zeitung, mochte sie und war einverstanden.
Die Aktivitäten der UE waren wie gesagt nicht immer legal, weshalb es Stilton nicht wunderte, dass die beiden Männer ihre Gesichter hinter Kapuzen verbargen. Das fand er in Ordnung. Auch der Treffpunkt war dem Wunsch nach Diskretion geschuldet. Ein Transporter im Hammarby-Hafen. Einer der Männer saß hinter dem Lenkrad, der andere auf der Rückbank. Stilton hatte auf dem Beifahrersitz Platz genommen. Da er für Situation Stockholm schrieb, war seine äußere Erscheinung kein Problem, keiner der beiden nahm Anstoß an ihr.
»Was willst du wissen?«
Stilton erklärte, worum es in seiner Reportage gehen sollte. Er wolle zeigen, wie unglaublich viele verborgene Räume es unter einer Stadt wie Stockholm gab, und die Leute von UE wüssten darüber mit Sicherheit am meisten. Schmeicheleien und glatte Lügen. Einer der Männer lachte kurz und wollte wissen, ob es auch darum gehen solle, über Plätze zu informieren, an denen sich Penner aufhalten könnten. Stilton fiel in sein Lachen ein und meinte, die Gefahr bestünde durchaus, damit müsse man rechnen. Anschließend sahen sich die Burschen kurz an und zogen ihre Kapuzen ab. Einer der beiden war eine Frau.
Das hat man nun von seinen Vorurteilen, dachte Stilton.
»Hast du eine Karte?«, fragte die Frau.
Stilton hatte sich eine besorgt. Er zog sie heraus und faltete sie auseinander.
Die nächste halbe Stunde verbrachten die beiden damit, ihm auf der Karte alle möglichen seltsamen Räume in der Stockholmer Unterwelt zu zeigen. Stilton gab sich abwechselnd fasziniert und überrascht, aber im Grunde musste er sich nicht verstellen. Viele der genannten Orte verblüfften ihn wirklich. Nicht nur die Tatsache, dass sie existierten, sondern auch, dass sie diesem jungen Paar bekannt waren. Er war beeindruckt.
»Unglaublich«, sagte er mehr als einmal.
Nach einer halben Stunde hatte er das Gefühl, dass die Zeit reif war. Er erzählte, einer seiner obdachlosen Kumpel habe behauptet, in der Gegend von Årsta gebe es richtig irre unterirdische Räume, von denen kaum einer wisse.
»Kennt ihr die?«
Der Mann und die Frau grinsten sich an. Es gab nichts, was sie im Stockholmer Untergrund nicht kannten …
»Es gibt dort einen Raum«, erklärte der Mann, »der Wein und Schnaps genannt wird.«
Die Frau zog die Karte zu sich heran und zeigte auf eine Stelle.
»Er liegt hier.«
»Groß?«, fragte Stilton.
»Gigantisch. Ursprünglich war dort eine Kläranlage geplant, heute steht alles leer. Mehrere Etagen unter der Erde.«
»Seid ihr da schon einmal gewesen?«
Das Paar warf sich verstohlene Blicke zu. Wie viel sollten sie ihm erzählen?
»Ich werde eure Namen nicht nennen und keine Bilder machen, keiner wird erfahren, mit wem ich geredet habe, keine Sorge«, sagte Stilton beschwichtigend.
Sie wogen kurz das Für und Wider ab.
»Wir sind da gewesen«, sagte die Frau.
»Wie kommt man da runter? Ist es schwierig?«
»Sowohl als auch«, antwortete der Mann.
»Was soll das heißen?«
»Man nimmt entweder den Weg durch die Gittertüren auf der Vorderseite und anschließend durch einen ziemlich langen Felstunnel, es ist ein Kabeltunnel, der nicht mehr benutzt wird, und kommt zu einer Stahltür, die in den eigentlichen Felsraum hineinführt. Die ist aber meistens abgeschlossen … das ist der einfache Weg«, erläuterte der Mann.
»Und der schwierige?«
Die junge Frau sah den Mann am Lenkrad an, der wiederum Stilton ansah. Jetzt ging es um Geheimwissen.
»Es gibt da einen engen Schacht, in den man über eine Abdeckung in der Straße gelangt … hier …«
Er
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