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Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
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»mögliche« zukünftige Aufgabe auf höchstem europäischem Niveau ausließ, hatte man das Gefühl, einer Wahlrede zu lauschen.
    »Ich sage mögliche, weil auf diesem Niveau nichts mehr sicher ist, ehe es ganz sicher ist, wie Sarkozy zu sagen pflegt. Wir haben übrigens in Paris denselben Friseur. Aber es sollte mich doch sehr wundern, wenn es nicht klappen würde. Wen sollten sie sonst nehmen?«
    Bertil Magnuson wusste, dass dies eine rhetorische Frage war, so dass er sich noch einen Bissen Seezunge in den Mund schob.
    »Aber jetzt haben wir lange genug über mich gesprochen, wie läuft es für MWM ? Wenn ich recht sehe, ist anlässlich deiner Auszeichnung ein wenig Staub aufgewirbelt worden.«
    »Ja.«
    »Der Kongo?«
    »Ja.«
    »Ich habe von dieser Kinderarbeit gelesen, das macht natürlich keinen guten Eindruck.«
    »Nein.«
    »Vielleicht solltet ihr etwas Geld spenden?«
    »Wofür?«
    »Für ein Kinderkrankenhaus in Walikale, ihr finanziert den Bau und die Ausstattung und buttert ein paar Millionen in das örtliche Gesundheitssystem, das würde so manches freundlicher aussehen lassen.«
    Grandén verfügte über die außerordentliche Fähigkeit, realpolitisch und taktisch zu denken, er war ein Meister darin, die Dinge freundlicher wirken zu lassen.
    »Mag sein. Das eigentliche Problem ist der Abbau selbst, wir kommen nicht an das Land, das wir haben wollen.«
    »Seid ihr etwa zu schnell vorgeprescht?«
    Bertil Magnuson musste schmunzeln. Erik Grandén war wirklich unglaublich gut darin, sich unbeteiligt zu geben. In allen Situationen, in denen etwas nicht reibungslos »klappte«.
    »Du weißt ganz genau, wie schnell wir vorgeprescht sind, Erik, du hast doch selbst die gesamte Planung begleitet, nicht wahr?«
    »Darauf brauchen wir nicht näher einzugehen.«
    Grandén mochte es nicht, wenn man ihn daran erinnerte, dass seine Finger noch im Honigtopf steckten. Offiziell hatte er sie vor langer Zeit sauber geleckt.
    »Bist du deshalb ein bisschen abwesend?«, fragte er.
    »Nein.«
    Plötzlich war Bertil kurz, ganz kurz davor, zu viel zu sagen. Es mochte mit dem Wein zusammenhängen, mit dem Schlafmangel, dem Druck oder auch nur mit dem Bedürfnis, irgendjemandem sein Herz auszuschütten. Bei einem alten Musketier ein wenig Dampf abzulassen.
    Aber er bremste sich.
    Er hätte keine Chance, die Aufnahme des Gesprächs zu erklären. Und selbst wenn er es täte, wenn er seinem alten Freund und Spielkameraden gestände, was der Grund für das Gespräch gewesen war, wusste er keineswegs, wie Erik reagieren würde. Dagegen wusste er sehr wohl, dass Erik aus demselben Holz geschnitzt war wie er selbst und im selben egozentrischen Stahlanzug steckte. Erführe er von dem Gespräch, wäre es durchaus möglich, dass er um die Rechnung bitten, sich für eine lange und ertragreiche Freundschaft bedanken und anschließend für immer aus Bertil Magnusons Leben verschwinden würde.
    Also brachte er das Gespräch stattdessen auf Erik Grandéns Lieblingsthema.
    »Was ist das eigentlich für ein Posten, den du da in Aussicht hast?«
    »Die Sache ist vertraulich, aber wenn alles klappt, stößt du bei unserem nächsten Essen hier mit einem der mächtigsten Männer Europas an.«
    Erik Grandén sog die Unterlippe leicht ein, eine organische Bewegung, die etwas Unausgesprochenes ausdrücken sollte.
    In Bertil Magnusons Augen sah das einfach nur affektiert aus.
    *
    Er nahm an, dass er eine Weile eingenickt war. Als er wieder aufwachte, spürte er, dass es in dem engen Schacht kalt zog. Am anderen Ende, in dessen Richtung er lag, musste eine Luke geöffnet worden sein und für kalte Zugluft gesorgt haben. Vermutlich war es die Kühle, die seinen Körper um einige Millimeter schrumpfen ließ, so dass er sich zumindest so weit befreien konnte, dass er sich mit Hilfe seiner wie wild scharrenden Füße durch die Biegung pressen und wieder gerade liegen konnte.
    Minutenlang atmete er tief durch und stellte fest, dass er auf keinen Fall zurückrobben konnte. Wollte er diesen Schacht verlassen, gab es dafür nur einen Weg, und der führte nach innen.
    Er robbte weiter.
    Da er längst jegliches Zeitgefühl verloren hatte, wusste er nicht, wie lange er für die Strecke benötigte, aber plötzlich hatte er fast das Ende des Schachts und eine Öffnung erreicht, die ungefähr so groß war wie die, durch die er hineingekrochen war. Er robbte das letzte Stück und schaute in einen gigantischen unterirdischen Raum im Fels.
    Den Anblick, der sich ihm bot,

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