Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Springflut: Roman (German Edition)

Die Springflut: Roman (German Edition)

Titel: Die Springflut: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cilla Börjlind , Rolf Börjlind
Vom Netzwerk:
dummerweise etwas zu spät auffiel, als er den größten Teil seines Oberkörpers bereits hindurchgezwängt hatte. Er würde es nicht schaffen. Existentiell betrachtet wesentlich schlimmer war jedoch, dass er auch nicht mehr zurück konnte. Sein Körper steckte in dieser Biegung wie in einem Schraubstock fest.
    *
    Er hatte seinen grauen Jaguar in der Nähe des Schifffahrtsmuseums mit der Front zum Djurgårds-Kanal geparkt. Trotzdem hatte er sich umgeschaut, ehe er Wendts Kassette herauszog. Eine alte Musikkassette. Warum hat er das Gespräch nicht auf eine CD gebrannt, dachte er. Typisch Nils. Glücklicherweise verfügte das luxuriöse Auto auch über einen Kassettenrekorder.
    Jetzt wurde das Band wieder ausgeworfen, und er nahm es in die Hand. Er hatte sich das ganze Gespräch angehört, obwohl er sich ohnehin an jedes Wort erinnerte.
    Er hatte sich selbst gequält.
    Sehr langsam zog er das schmale Plastikband aus der Kassette. Zug um Zug, bis er ein ganzes Knäuel davon in der Hand hielt. Nicht, dass es etwas bringen würde, die Kassette zu zerstören. Es gab ja noch das Original. An einem unbekannten Ort. Mit dem gleichen Dialog und den gleichen verhängnisvollen Informationen. Ein Original, das er irgendwie in die Finger bekommen musste, und zwar am besten innerhalb der nächsten zweiundsiebzig Stunden. Er hatte nicht vor, auf Wendts Ultimatum einzugehen. Das kam überhaupt nicht in Frage.
    Noch nicht.
    Andererseits war er Realist und wusste deshalb, dass es möglicherweise doch in Frage kommen würde. Sobald die drei Tage verstrichen waren.
    Was würde er tun, wenn Wendt das Gespräch veröffentlichte? Was würden seine Anwälte tun können? Es als eine Fälschung darstellen? Aber eine Stimmenanalyse würde enthüllen, dass er tatsächlich auf dem Band zu hören war. Und Linn? Sie würde seine Stimme natürlich sofort erkennen. Bertil zündet sich einen Zigarillo an. Fast eine ganze Schachtel hatte er an diesem Tag geraucht. Er warf im Rückspiegel einen Blick auf sein Gesicht. Er sah genauso abgezehrt aus wie Wendt. Unrasiert, graue Haut. Kein Schlaf, kein Frühstück, ein paar aggressive Kommentare über abgesagte Termine und dann Linn. Er wusste, dass sie etwas spürte und ahnte und ihm eine Reihe ziemlich lästiger Fragen stellen würde, wenn sie die Chance dazu bekäme. Fragen, die er nur mit Lügen beantworten könnte. Und es war nicht leicht, Linn anzulügen.
    Er war ein Mann, der unter ziemlich großem Druck stand.
    »Du hörst dich an, als stündest du unter Druck?«
    »Tatsächlich? Ach, es ist gerade etwas stressig.«
    Erik Grandén hatte ihn überraschend angerufen. Er war aus Brüssel zurückgekehrt und bestand auf einem gemeinsamen Essen, und da Bertil möglichst lange vermeiden wollte, Linn gegenüberzutreten, war er sofort einverstanden.
    »Um halb acht im Teatergrillen .«
    »In Ordnung.«
    »Kommt Linn mit?«
    »Nein.«
    Bertil Magnuson sah auf den Bandsalat in seiner Hand, blickte auf den Djurgårds-Kanal hinaus und spürte, dass er einen Kloß im Hals hatte. Er schluckte und schluckte, und dann gab er nach.
    Im Restaurant Teatergrillen herrschte eine intime Atmosphäre. Dunkelrote Tapeten, kleine Gemälde in Goldrahmen und Wandlampen, die gedämpftes Licht verströmten. Hier fühlte sich Erik Grandén wohl. Mitten im Zentrum. Wo er hingehörte. Vorher hatte er noch kurz im Auktionshaus Bukowski vorbeigeschaut, wo man sich die Bilder der bevorstehenden Auktion moderner Kunst ansehen konnte. Grandén hatte einen frühen Bærtling gefunden, der ihn ansprach. Sollte er auf das Gemälde bieten? Bærtling war in letzter Zeit ja wieder zu einer lohnenden Investition geworden.
    Er hatte seinen großen, schlaksigen Körper seinem alten Spielkameraden Bertil Magnuson gegenüber in ein kleines Separée mit Polsterbänken geschoben. Nicht dass sie gemeinsam im Sandkasten gespielt hätten, aber in ihren Kreisen waren die Leute gerne »Spielkameraden«. Jetzt saßen sie zusammen und spielten bei einer Seezunge meunière und einem Glas Weißwein bester Qualität. Der Wein war Grandéns Domäne. Er hatte eine hübsche Summe in eine Reihe seltener erlesener Tropfen investiert, die er in einem Spezialraum im Restaurant Operakällaren lagerte.
    »Prost!«
    »Prost.«
    Bertil war schweigsam, was Grandén ganz recht war, da er sich selbst gerne reden hörte. Eloquent, stets mit der richtigen Wortwahl, das hatte er lange im Scheinwerferlicht geübt, in dem er sich sichtlich wohlfühlte.
    Wenn er sich über seine

Weitere Kostenlose Bücher