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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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Finger sich noch wohlfühlt.

    Gebe das gewürzte Mehl zusammen mit den Haselnüssen, der aufgelösten
Pottasche sowie dem Hirschhornsalz hinein und knete den dabei entstehenden Teig
gründlich durch. Lasse selbigen nun einen Tag lang im kühlen Keller ruhen. Rolle
ihn sodann mit etwas Mehl etwa streichholzdick aus, schneide kleine Küchlein
mit einem Messer zurecht und verteile sie auf genässte und bemehlte Backbleche.
Lasse sie so in einem mäßig heißen Backofen eine gute Viertelstunde gar werden.

    Aus Franz Vincent Müllers Kochbrevier Die gute Volksküche, erschienen zu Hamburg im Jahre 1802

     
    Was der Jost alles weiß! Sitzt am nächsten
Sonntagmittag nach der Kirche mit ein paar Männern aus dem Dorf am
Wirtshaustisch, schmaucht sein Pfeifchen, trinkt sein Bier und erzählt von den
wenigen Überlebenden von Lissabon, wie sie verwundet und verkrüppelt durch ihre
zerstörte Stadt streichen, wie sie in den Ruinen verzweifelt nach den Leichen
ihrer Weiber oder Männer, ihrer Väter, Mütter, Kinder suchen und nichts zutage
fördern als unkenntliche, verbrannte oder verweste Körperteile. Wie sie in den
unzähligen Haufen aus Stein und verkohltem, zersplittertem Holz nach ein paar
Habseligkeiten wühlen und doch nur die Ratten aufscheuchen. So erzählt der
Jost, als wäre er erst kürzlich mitten durch Lissabon gewandert und hätte es
mit eigenen Augen gesehen. Und alle lauschen seinen Berichten, auch Lisbeth und
das Fränzken.

    »Woher hast du das alles?« Willem kann sich die Frage
nicht verkneifen.

    Jost lächelt verlegen, nippt an seinem Glas.

    »Ist halt ein Barbütz und hellsichtig«, sagt der Schäfer-Karl.

    »Gewiss ist alles so, wie er’s erzählt. Wie soll’s auch anders
sein?«, sagt der Schmied.

    »Viele von den Überlebenden in Lissabon sind ganz verrückt
im Kopf geworden von all dem Grauen«, redet der Jost weiter. »Manche wissen
nicht mehr, wie sie heißen und wer sie sind. Da ziehen vormalige Fürsten und
Grafen durchs Land, die sich von ihren Leibeigenen haben vertreiben und
weismachen lassen, sie seien Bettler und Strauchdiebe seit Geburt.«

    Willem grinst. »Das wär was, wenn ich meinem Pachtherrn
einreden könnt, die Mühle wär mein und er wär der Pächter und ich müsst ihm
jetzt kündigen.« Gelächter bricht aus und fast jedem fallen ein paar
Mitmenschen ein, die er in solchem Fall auf simple Weise loswerden könnte.

    Das Fränzken bleibt nachdenklich, merkt, worauf der Jost rauswill.

    »Bestimmt hat auch die Hannegret ihre Erinnerung verloren,
weil die in Herzogenbusch so gemein zu ihr waren.«

    Lisbeth nickt, streichelt ihm durchs Haar. Die Erklärung
gefällt ihr jedenfalls besser als das, was die Leute im Dorf sich erzählen, dass
nämlich der Teufel in das kleine Wesen gefahren wäre, das da in Lisbeths
Scheune hockt, nicht herauskommt und immerzu ohrenbetäubend kreischt, wenn sich
jemand – außer Lisbeth – nähert. Der Teufel suche sich nämlich gerne die
Kleinen und Schwachen aus und man müsse ihn erbarmungslos austreiben, um wenn
nicht deren Leib, so doch wenigstens deren Seele zu retten. So reden die Leute
und haben schon den Pastor zu Lisbeth geschickt. Aber Lisbeth hat ihn
beschwichtigen können, hat versichert, dass das Kind keineswegs boshaft oder
gar teuflisch sei, sondern nur verängstigt. Lisbeth wolle es erst einmal mithilfe
des Rosenkranzes versuchen. Das hat dem Pastor gefallen. Er hat Lisbeth
gesegnet, vier Glas Bier für umsonst bekommen und ist in sein Pfarrhaus
zurückgewankt. – Der Teufel in der kleinen Hannegret? Was für ein Unsinn! Bei
den vielen Zaunrüben und Allermannsharnischen, die der Jost auf seinem Wagen
spazieren fährt, hätte der Teufel schon längst Reißaus genommen!

    Nach dem dritten Glas Bier läuft der Jost zu noch größerer
Form auf, seine Wangen glühen, seine Augen leuchten. Er palavert von der Liebe
und den Frauen, von den Kartoffeln und den Indianern, den Gelehrten dieser Welt
und den Schaustellern, welche nichts anderes als verhinderte Gelehrte seien und
viel klüger als diese, weil sie nicht nur mit den Augen, sondern auch mit dem
Herzen sähen. Alle hängen an seinen Lippen. Außer Willem, der lieber Lisbeth
zulächelt und dem Fränzken das Bier einteilt.

    Dann spricht der Jost von seiner Liebe zum Niederrhein.
Von den herrlichen Wäldern und Wiesen, von der anmutigen Niers, von all den
Dörfern und Städten zwischen Krefeld und Nijmegen, die obschon nicht reich,
gleichwohl blühend und duftend seien und ein

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