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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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junger Mensch ist, welcher
mir wohl gefällt.

    Sein verrücktes Schwesterchen hat unterdessen sein Hasenfell
gegen den Schoß der lieben L. eingetauscht, kraucht zwischen ihren Röcken
einher, linst aus ihrer Schürze, um sich sogleich wieder darunter zu
verkriechen, und gibt ihren Schoß nicht auf, ehe es darin eingeschlafen ist.
Indes, es schreit nicht mehr herum, das Kind, dass die Wände wackeln und die
Scheiben klirren, sondern steckt seinen Daumen in den Mund und lächelt sogar
ein klein wenig, wenn ich zu ihm spreche und ihm erkläre, dass die Welt zwar
manchmal gemein, aber doch meistens gut ist und dass man keine Angst haben
muss, und dann zeige ich ihr auf, wie sich der große junge Hund von L. vor den
beiden kleinen Katzen fürchtet, nur weil er nicht weiß, wie stark er in
Wahrheit ist. Dann füllen sich ihre Kulleraugen für einen Moment mit Zuversicht
und schauen zu mir auf, dass mir das Herz wehtut, und wenn ich denn weiter alle
Welt täuschen muss, um meinen Unterhalt zu finden, so hab ich mir doch
geschworen, diese Kulleraugen niemals zu belügen, komme, was da wolle.

    Warum, zum Teufel, wenn sie ihren Bruder vergessen hat,
der weiß Gott ein lieber Kerl ist, und ihre offenbar recht fürsorgliche
Herkunft, warum sollt sie nicht bald die Sauereien vergessen, die man ihr angetan
hat? Ist denn die Vergesslichkeit der Seele nicht ein bisschen gnädig mit uns
und löscht auch unsere ärgsten Erinnerungen, sodass wir wieder unbeschwert die
Welt betrachten können?

    Am besten gefällt mir dieser Tage die schöne L., wie sie
mit dem Kind am Bein umherschreitet, als sei es gar keine Behinderung, als sei
es im Gegenteil die reinste Freude, uns so das Bier aufzutragen, das Rührei mit
dem Schinken zu servieren, und redet immerzu lieb mit dem Kind, steckt ihm
gedörrte Apfelschnetzen und Süßholzwurzeln hin, an denen es gierig knabbert.
Und lächelt derweil W. zu, der vor lauter Glück wie auf Wolken geht.

    So sind sie denn alle ganz eins, die zusammengewürfelte
Familienschar, ich freilich bin nur der geduldete Onkel, der zwar immer
hilfreich war, aber auf den fürder kein Verlass ist, weil er sich mit den
Preußen eingelassen hat, mit einem von der Armee sogar. Aber doch nur, weil ich
auch ein klein wenig an mich selbst denk, weil ich mich doch gern niederlassen
will in der Stadt, die mir gefällt und die nah bei ihnen ist, und weil ich das
Glück hab, einen zu kennen, der mir alles richten könnt.

    Ja, es schreckt und verwundert mich, was sie mir über den
Major erzählen, denn wenngleich ich wohl glaube, dass er ein Großkotz und
Nassauer ist, vermag ich mir nicht vorzustellen, dass er Menschen, welche ihm
nichts Übles getan haben, so malträtiert, wie sie es schildern, war er doch zu
mir immer freundlich und aufmerksam. Mag sein, sie haben ihn dazu
herausgefordert, haben den Preußenhass in ihrem Blick nicht bändigen können,
auch mag es sein, er konnt den Reizen von L. nicht widerstehen, denn er ist
eben ein Mann und wer wollt es ihm verübeln? Und hat geglaubt, er könnt sie
sich nehmen in seiner Stellung. So denke ich, dass er im Grunde ein anständiger
Mensch ist und sich zurückzieht, wenn ich ihm aufzeige, dass er ihrem Glück im
Weg ist, und ich werde ihm Dirnen in der Stadt nennen, welche gern und billig
zu Willen sind, sodass seine Männlichkeit anderweitig gut bedient wird.

     
    Schluss mit Grübeln, ich muss mich auf morgen
vorbereiten, denn ich soll mich, meinen Antrag auf Einbürgerung betreffend,
nach Mittag im Rathaus einfinden, so steht es in einem Schreiben, welches man
mir überbracht hat. Ich möge gewaschen sein und anständige und meinem Stande
angemessene Kleidung tragen, so schreiben sie, was sich machen lässt, da mir L.
Hemd und Rock ihres verstorbenen Manns geschenkt hat und beides gut passt.
Meine Urkunden hab ich kürzlich neu gefertigt, da die alten zerfleddert und vom
Regen verwischt waren. Es sind schöne Papiere mit einem Stempel aus Trier, wo
so viel Wein wächst, dass es mehr davon gibt als sauberes Wasser, und alle Einwohner
ihm frönen vom Morgen bis zum Abend, auch die Amtleute, welche infolgedessen
noch weniger ein Gedächtnis haben als unser geisteskrankes Mädelchen und nicht
wissen, was sie am Vortag unterschrieben haben.

19     von Wolzogen

     
    »Wat seh ick da von ferne? Bei die rote Laterne?
Ein blond jelocktes Mägdelin, dat lässt uns alle rin, alle rin …«
    Trotz geisttötender Grölgesänge aus heiseren Kehlen,
trotz des peinigenden

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