Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
Vom Netzwerk:
der schon seit voriger Woch zurück ist von
seinem König und mir nach meiner wiederholten Bittschrift eine Nachricht hat
zukommen lassen, worin steht, dass es genug von meiner Profession in der Stadt
gäb und die würden all ihr Auskommen verlieren, wenn noch einer dazukäm. Ich
möge mich des Landkreises enthalten, schreibt er, der Kreutzer, denn die
Alraunen, die ich feilböt, wären heidnischer Zauber und deren Vertrieb auf
preußischem Boden wär nicht erlaubt. Dabei hat der sich selbst eine Alraune von
mir schenken lassen für seine abergläubische Gespielin, wie er damals gesagt
hat. Ja, Gespielin hat er gesagt, als wär er ein Fürst und seine Hur
eine Dame von Stande, wobei ich jetzt sogar fürcht, dass gar keine Hur, sondern
meine arme L. gemeint war, denn sie ist abergläubisch wie alles Volk vom Land.

    Mein Buckel ist krumm, weil ich mich schäm, reingefallen
zu sein, und mein Kopf ist schwer, weil ich zu viel Wermut geschluckt hab und
kotzen möcht oder schlafen, weil schlafen mir jetzt guttät, denn dann ist mir
das Herz nicht so weh, wenigstens eine Zeit lang nicht, aber der böse Spruch
aus der Kindheit hat sich in meinem Ohr festgesetzt und quält mich fortwährend
mit seinem Dreh disch net um, dein Buggel is krumm, dreh disch net um …

    *

    Verwunderliche Dinge geschehen in dieser Gegend,
denn überall seh ich ganze Bauersfamilien auf den Feldern buckeln, als ob
Erntezeit wär, und preußische Militärs prügeln vom Pferd herunter mit der Knute
auf jeden ein, der sich aufrichten will. Dabei müsst jetzt bloß der Bauer selbst
oder vielleicht sein Knecht mit den Ochsen aufs Feld, um zu pflügen und zu
eggen, hernach käm vielleicht noch einer dazu, um die Saat einbringen zu
helfen, ehe es einregnet, aber es wär’n nicht viele Händ notwendig und schon
gar keine Aufsicht, denn im Frühjahr ist selten Eile. Dass es Pachtbauern wär’n
oder armselige Leibeigene, hab ich geglaubt, aber es sind alles freie Bauern,
wie mir die Einheimischen versichern, und die wär’n alle angehalten, Kartoffeln
in die Erde zu setzen, oder Tartoffeln, wie hier manche sagen, weil dazu ein
Befehl vom Preußenkönig ergangen wär, und gerade die freien Bauern wär’n jetzt
unter der Knute der Preußen, weil den adeligen Herrschaften in der Gegend so
ein Plan ganz egal ist und weil sie ihre Pächter nicht dazu anhalten wollen.

    Ich sollt besser ganz weiterziehen aus dem Landkreis, wie
mir der Kreutzer, der falsche Hund, befohlen hat, und sollt mich nicht mehr
umdrehen, am wenigsten zu meinen Wahlverwandten, die mich nun gewiss gar nicht
bei sich dulden werden, denn der Major hat W. und den Bub einsperren lassen,
schon vor Tagen. Andererseits – darf ich die L. jetzt allein lassen? Oder muss
ich net grad zusehen, wie ich ihr helf? Stund um Stund überleg ich, wie ich es
bewerkstelligen könnt, zum Gasthof zu gelangen, ohne dass man mich festnimmt.
    *

    Hab ich ein Glück! Ja, ein Glückspilz bin ich, das
kann ich wohl sagen, denn ich hab eine Truppe Schauspieler getroffen, die mich
mitreisen lassen. Meinen Wagen hab ich neu drapiert mit einer bunten Plane wie die
Schauspieler und sie haben mir Frauenkleider geliehen samt einer blonden
Perücke aus Hanf, dass mich niemand erkennt. Ich hab mich in einem Spiegel
gesehen und muss sagen, dass ich fast wie eine Normannenprinzessin aussehe, und
manche Männer werden geil, wenn ich vor ihnen tanz, wobei es wichtig ist, dass
ich mir jeden Morgen und jeden Abend den Bart rasier, was mir leichtfällt, weil
ich derzeit mein einziger Kunde bin.

23     Lisbeth

     
    Gift! Alle sind sie Gift, die zartrosa
schimmernden Triebe, die sich aus den Schrumpelkartoffeln kringeln wie Ferkelschwänzchen.
Was für ein scheinheiliges Gewächs! Lisbeth packt die Wut. Sie reißt die Triebe
aus, sticht ins Fleisch der Knollen, reißt die runzligen Schalen herunter und
schmeißt den zähklumpigen Rest in einen Topf mit kaltem Wasser, dass es
aufspritzt. Das Miezken und das Mohrken fliehen durchs offene Fenster ins
Freie. Hannegret sieht erstaunt um sich, liest einen der heruntergefallenen
Triebe vom Boden auf, betrachtet ihn, schnuppert daran …

    Lisbeth erschrickt. »Nicht in den Mund, mein kleiner
Schatz!«, murmelt sie, nimmt dem Kind das Würzelchen aus der Hand. »Macht
Bauchweh, weißt du.«

    Eilig liest Lisbeth die Kartoffelabfälle von Tisch und Boden,
gibt sie in den großen Eimer. Wie immer muss sie Schalen und Triebe zur
Kontrolle durch die Gäste aufbewahren. Die werfen auch gern

Weitere Kostenlose Bücher