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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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einen Blick auf das
ausgebeinte Fleisch in der Salzlake, das Lisbeth in einem Tontopf in der Kühlkammer
aufbewahrt.
    Es sei Fleisch von einer bösartigen Sau, einer vom Teufel
besessenen Sau, die sich selbst zu Tode gestürzt habe, erzählt Lisbeth, wenn sie
gefragt wird. Lisbeth lügt ungern mehr als nötig. Einem Rechtgläubigen wäre diese
Erzählung genug Abschreckung. Die Preußen aber sind selten rechtgläubig,
sondern lutherisch, essen gern und viel Fleisch an allen Tagen. Solange keine
Maden darin kriechen, scheint ihnen wohl alle Art Fleisch recht, mag es von
einem toll gewordenen Esel, einem verwunschenen Hahn oder einer Ratte stammen.

    Wer also hindert Lisbeth daran, ihre Kartoffelsuppe mit
dem Fleisch einer preußischen Drecksau anzusetzen? Niemand! Und wer hindert
Lisbeth, ein paar Triebe von gestern fein zerrieben an die Suppe von heute zu
geben? Niemand! Lisbeths Kartoffelsuppe ist nämlich zum Werkzeug des
glorreichen Siegfried von Xanten geworden, der den Niederrhein von den Preußen
befreien will. So wie sein Schwert Balmung, das vor vielen Jahrhunderten die
sächsischen und dänischen Horden vom Rhein vertrieben hat.

    Seit einer Woche kennt Lisbeth ihre Mission. Da erschien ihr
Siegfried beim Nachtgebet. Wie immer schlich er schwerfällig umher in seiner
knittrigen Echsenhaut, jammerte wegen der Schmerzen, die die Speerspitze in
seinem Rücken verur-sachte. Und doch erschien er Lisbeth jünger und strahlender
als sonst, trug erstmals einen Heiligenschein über dem Kopf. Die Preußen seien allesamt
Schufte und Scheißkerle, zischte er, man müsse sie niedermetzeln. Anfangs war
Lisbeth erschrocken über den Hass, der unter Siegfrieds wuchernden Augenbrauen
hervorbrach, doch schnell dachte sie an Willem und an das Fränzken und hat
genickt. Da erzählte der heilige Siegfried von einer französischen Jungfrau,
die vor hundert und noch mehr Jahren die Engländer aus ihrer Heimat vertrieben
hat. Ja, ein Bauernmädchen habe damals Krieg gegen die scheinbar übermächtigen
Besatzer geführt. Und habe gewonnen. Auch Frauen können Krieg führen, sagte
Siegfried und hob den Finger wie der heilige Petrus in der Kirche zu Hommersum.
Da musste Lisbeth ihm beipflichten. Dass sie nicht so rasch lernen werde, mit
einem Bajonett oder einem Schießgewehr umzugehen, hat Siegfried eingesehen.
Aber mit ihrer Kartoffelsuppe kann Lisbeth die Preußen vergiften. Und so wie
der stete Tropfen den Stein höhlt, so wird Lisbeths Kartoffelsuppe zur
Nibelungensuppe, wird die Preußen nach und nach schwächen, zersetzen, sodass
sie zugrunde gehen.
    Ja, mit der Kartoffelsuppe, die Lisbeth stets zu kochen
genötigt wird, der Kartoffelsuppe, die kein Rechtgläubiger, kein Einheimischer
auch nur kosten mag, mit dieser Suppe wird sie die Preußen vergiften. Alle! Das
hat Lisbeth vorige Sonntagnacht dem heiligen Siegfried geschworen. Und sie wird
ihren Schwur halten.

    Nein, Lisbeth kennt kein Erbarmen. Die Preußen haben den
Willem und das Fränzken eingesperrt, haben den Jost verjagt, sie prügeln die
Bauern und halten sich am Gewerke schadlos. Jetzt will auch noch ihr König
herkommen? Hat wohl in Schlesien nicht genug angerichtet! Der Willem glaubt ja,
dass der Preußenkönig ein edler und gerechter Mensch sei. Lisbeth glaubt es
nicht. Das ist eitles Geschwätz, von den Preußen verbreitet, damit nicht so
viele ihrer Untertanen ins Feindesland hinüberlaufen oder nach Amerika auswandern
mit Schiffen. Der Preußenkönig kann kein edler Mensch sein, sonst würde er nicht
so viel Bosheit und Ungerechtigkeit zulassen. Er würde prüfen, welche Beamte,
welche Majore er entsendet, würde sich kümmern um die Menschen, auch um die am
Niederrhein. Und niemals würde er sie zwingen zu essen, was ihnen Gott und der
Pastor verbieten.

    Lisbeth wirft einen Blick auf die Kartoffeltriebe und -schalen
im Eimer. Heute hat sie fast so viel Abfall wie Essbares übrig. Sie wird etwas
Pastinakenmus dazugeben, damit die Teller voll werden. Dann aber auch mehr Suppengrün,
um den Pastinakengeschmack zu überdecken. Vor allem Petersilie.

    Lisbeth geht hinaus in den Garten, holt Hacke, Harke und
Rechen aus dem Schuppen. Sonne und Mond stehen gleichzeitig am Himmel. An
solchen Tagen können ungewöhnliche Dinge geschehen. Hannegret folgt Lisbeth,
trägt behutsam drei Zaunrübenpuppen im Arm, zwei große und eine kleine. Die hat
sie jedes mit einem Fetzen Nessel umhüllt, ihnen ein Mützchen aus Wollflusen um
den Kopf gewickelt.

    »Schau, Hannken, der

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