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Die Spucke des Teufels

Die Spucke des Teufels

Titel: Die Spucke des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Theiss
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Wo
sind die jetzt?«, fragt Lisbeth, richtet sich auf und schaut dem Feind direkt
ins Auge.

    Gut so, wispert Siegfried.

    Der Feind plinkert mit seinen weißen Wimpern, als sehe er
nicht richtig. »Nun ja«, winkt er ab. Der Junge und die beiden Männer säßen
wohl noch im Kreisgefängnis, doch die Inhaftierung werde nicht mehr lange
andauern. Es sei ja nur eine kleine Prügelei aus der Hitze des Gefechts
gewesen, für sich gesehen habe für Handgreiflichkeiten kein Anlass bestanden.
Und gravierende Folgen habe die Sache ja auch nicht nach sich gezogen – haha,
nicht dass Lisbeth etwa denke, sein verbundenes Bein rühre daher. Nein, nein,
dies sei eine ältere Verletzung und – haha – der Major werde sich persönlich
dafür einsetzen, dass nicht nur der Bub, sondern auch Lisbeths Stammgäste –
denn es handele sich gewiss um Stammgäste, nicht wahr? – lediglich eine
Verwarnung erhalten und rasch wieder freikommen.

    »Das würde mich freuen«, unterbricht Lisbeth den Redeschwall.

    »… und Schwestern si-hind’s u-hund Brüüüder, da droben
Stern an Stern …« Hannegret buddelt ihre Puppen in den Laubhaufen und errichtet
ein kleines Kreuz aus zusammengebundenen Zweigen.

    Sie beerdigt ihre Eltern und ihren kleinen Bruder,
schießt es Lisbeth durch den Kopf. Sie trauert, nimmt Abschied! Jetzt, in
diesem Moment nimmt sie Abschied. Was für ein Kind!

    Derweil schwätzt der Feind wie die Niers, wenn sie zu
viel Wasser hat. Der Major wolle aber noch mehr für Lisbeth tun, sagt er. Jener
beabsichtige nämlich die Ausschanklizenz des Gasthauses für Bier zu verlängern.
Außerdem werde er selbst, von Wolzogen also, der er doch persönlichen Kontakt zu
Sr. Majestät, dem König von Preußen, habe, diesen bitten, den Gasthof mit einer
Urkunde für bestes Essen auszuzeichnen, da Lisbeth, wie überall zu hören sei,
die königlicherseits geförderte Tartoffel so delikat zuzubereiten verstehe.

    »Zu viel der Ehre«, sagt Lisbeth.

    Ob es vielleicht möglich sei, fragt der Feind, dass der Major
und er heute am frühen Abend zur Verkostung erscheinen könnten. Möglichst ohne
Anwesenheit von Fremden.

    »… so darfst du nie-ma-hals schrein, musst freundlich
wi-hie di-hie Schäääfchen und wie der Schäfer sein …«, zwitschert Hannegret und
zieht ihre Zaunrübenpuppen behutsam wieder aus dem Laubhaufen.
    »Von mir aus«, sagt Lisbeth und greift zur Hacke, schlägt
das Eisen mit Wucht ins Pastinakenbeet.

    Anwesenheit von Fremden, hat der Feind gesagt! Als ob die
Preußen am Niederrhein heimisch wären, die Hassumer und Hommersumer die
Eindringlinge!
    »Oh, ich danke vielmals im Voraus! Und gewiss wird auch
Herr Major Kreutzer herzlich erfreut darüber sein«, säuselt der Feind, humpelt
zu seinem Pferd, zieht sich mit einer ungelenken Bewegung hinauf auf den Sattel
und galoppiert davon.

     
    Von Norden ziehen Wolken auf, verschlucken Sonne und
Mond, jäh setzt die sternenlose Dunkelheit ein, violette Schlieren drohen vom
Horizont her. Da kommen sie auch schon angeritten, die Feinde. Das Wölfken
meldet sie nicht einmal.

    Der Kreutzer trägt eine weiße Perücke, deren Locken ihm
bis auf die Schultern fallen, überreicht Lisbeth einen Strauß Narzissen. Sein
Neffe namens Giselher hat es offenbar eilig, tupft sich, kaum dass er seinen Suppenteller
ausgelöffelt und das Glas Bier leer getrunken hat, die Lippen, rühmt artig
Lisbeths Kochkunst und kommt, während der Major seinen zweiten Teller löffelt,
zur Sache.

    »Das Verhältnis«, sagt von Wolzogen, »sollte möglichst
bald legalisiert werden.«

    »Prosit«, sagt der Kreutzer und stürzt sein Bier hinunter.

    Lisbeth weiß nicht, was gemeint ist, schweigt lieber. Der
Kreutzer und der Feind mustern Hannegret, die ihre Zaunrübenpuppen mit Flachs
umwickelt.

    »Das Kind sollte nicht mit Alraunen spielen«, sagt der
Kreutzer in belehrendem Ton. »Alraunen fördern heidnische Denkweisen und
untergraben den Volksglauben an einen gütigen Schöpfer, wie ihn jede zeitgemäße
Religion …«

    »Sind keine Alraunen«, sagt Lisbeth knapp. »Sind geschnitzte
und mit Rübensaft gefärbte Zaunrüben.«

    Der Kreutzer runzelt die Brauen. »Dann bin ich wohl neulich
betrogen worden, hab ich dir doch selbst so ein Ding geschenkt! War das auch …?«

    »War auch eine Zaunrübe, ist aber ohnehin gleich«, versichert
Lisbeth. »Bringen beide Glück.«

    Der Kreutzer senkt den Kopf, eine tiefe Steilfalte erscheint
auf seiner Stirn.
    Der Neffe mit dem Wormser Vornamen rutscht

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