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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Dorflinde einfanden, doch das verbesserte die Stimmung nur wenig.
    Erwartungsgemäß gab es entrüstete Ausrufe, als Christian die neuesten Befehle des Markgrafen bekanntgab, doch die verstummten sofort, als Randolf mit eiskalter Miene für alle sichtbar sein Schwert zog. Die Alteingesessenen fühlten sich an sein Blutgericht vor beinahe fünf Jahren erinnert und bekreuzigten sich hastig.
    »Steck dein Schwert in die Scheide, es wird hier heute nicht gebraucht«, sagte Christian scharf und wartete, bis Randolf mit boshaftem Lächeln seiner Anweisung nachkam.
    Dann wandte er sich erneut an die Dorfbewohner.
    »Wollt ihr etwa lieber, dass alle waffenfähigen Burschen und Männer in den Krieg ziehen?«
    »Krieg ist eine feine Sache, man erntet Ruhm und macht Beute«, rief einer der Jüngeren.
    »Bist du geübt im Umgang mit Waffen?«, wies ihn Christian hart zurecht. »Wer es nicht ist, kann sein Leben oder seine Gliedmaßen verlieren, während zu Hause die Frauen und Kinder allein und die Felder unbestellt bleiben.«
    Christian gab den Menschen einen Augenblick Zeit, über seine Worte nachzudenken, dann fuhr er fort: »In wenigen Tagen kommen die Beauftragten des Markgrafen. Sie werden jeden von euch fragen, was er besitzt und wie viel er verdient hat, und den Betrag festlegen, den ihr zu zahlen habt.«
    »Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen«, mischte sich Randolf ein und legte mit drohender Miene die Hand an den Griff seines Schwertes, »wer den Markgrafen betrügen will, der verliert als Dieb seine Hand. Ich persönlich werde dafür sorgen, dass das Urteil unverzüglich vollzogen wird.«
    Entsetztes Murmeln brach unter den Dorfbewohnern aus.
    »Wie können wir sicher sein, dass die Steuern auch wirklich gerecht festgesetzt werden?«, rief einer der Bergleute, und die Umstehenden stimmten ihm murrend zu.
    »Meister Josef als euer Dorfschulze und mein Schreiber werden die Männer des Markgrafen begleiten«, erklärte Christian. »Gibt es kein Einvernehmen oder glaubt jemand, er kann den Betrag nicht aufbringen, tragt mir den Fall vor.«
    »Wie zartfühlend«, raunte Randolf hämisch. »Ich sage es ja – ein Bauernfreund.«
    Christian warf ihm einen finsteren Blick zu und richtete das Wort wieder an seine Leute. »Das ist noch nicht alles. Ihr wisst, voriges Jahr gab es mehrere blutige Überfälle. Wir müssen damit rechnen, dass die Angreifer wiederkommen. Haltet die Augen offen und gebt sofort Bescheid, wenn ihr etwas Ungewöhnliches bemerkt oder Fremde seht, die das Dorf ausspionieren.«
    Er legte eine kurze Pause ein und ließ den Blick über die Menschenmenge schweifen, über die Leben, für die er verantwortlich war. Dann fuhr er fort: »Der Markgraf hat uns ein Dutzend tüchtiger Wachen mitgeschickt. Doch ihr müsst selbst etwas tun, um euer Eigentum und euer Leben zu verteidigen. Wir brauchen einen Schutzwall. Markgraf Otto hat verfügt, dass jeder freie Mann einen Tag pro Woche dafür ableistet. Burgvogt Randolf wird die Arbeit beaufsichtigen.«
    Er hob die Hand, um das aufkommende Durcheinander zu ersticken. »Tut es für euch, für euer aller Sicherheit und Leben!« Dann überließ er Randolf das Wort, der lässig die Daumen in den Gürtel hakte und verkündete, dass er im Verlauf der folgenden Woche hier mit seinem gesamten Haushalt eintreffen und zusammen mit dem Baumeister die Männer für den Bau des Walls einteilen würde.
    Noch während sich die Versammlung auflöste, schwang sich der künftige Burgvogt auf sein Pferd und ritt davon.
     
    Als jeder wieder in seinem Haus war – nur Hilbert leistete seinen Antrittsbesuch bei Pater Sebastian –, rief Christian Peter zu sich. Mit stolzgeschwellter Brust und vor Aufregung rotglühenden Ohren sah sich der ehemalige Dieb in der Kammer um, denn außer Christian waren dort auch noch die anderen Ritter seines Herrn versammelt – und niemand sonst außer ihm. Wenn das nicht nach einem Abenteuer roch!
    »Es geht um eine sehr wichtige und nicht ungefährliche Angelegenheit. Ich muss mich auf deine Verschwiegenheit verlassen können«, sagte Christian ernst und unterbrach Peters eifrige Beteuerungen mit einer Handbewegung.
    »Wir denken, dass Melchiors Bande bald zurückkehren und heimlich das Dorf ausspionieren wird. Deshalb bist du ab sofort von deiner Arbeit im Stall befreit.«
    Christian sah Bestürzung auf dem Gesicht des früheren Diebes. Doch ehe der Junge etwas sagen konnte, fuhr er fort: »Von heute an ist es deine einzige Aufgabe, unter vielerlei

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