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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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dem Kaplan im Haus unterwegs war, hatte Till eine schwierige Entscheidung zu treffen. Er wusste,dass Christian sogar bereit gewesen war, einen Geistlichen zu töten, um seine Frau vor dem Tod zu retten. Aber ob er die Erlaubnis zu dem geben würde, was sein Schreiber jetzt plante?
    Der einstige Spielmann war ein guter Beobachter und vermutete, dass sein Dienstherr in diesem Fall den Vorschlag als ehrlos abweisen würde. Da schien ihm der junge Ritter Lukas eher bereit, gegen alle Regeln zu verstoßen – zumal, wenn es um die Dame des Hauses ging. Einem Spielmann konnte er nichts vormachen, so gut er auch sein Gesicht unter Kontrolle halten mochte.
    Also suchte Till nach Lukas und bat ihn mit einer unauffälligen Geste nach draußen.
    »Kennt Ihr die uralte Geschichte von dem Boten, der einem König einen versiegelten Brief übergeben sollte?«, fragte er wie nebenher, aber mit einem bedeutungsschweren Unterton. Lukas, in Gedanken immer noch bei dem Zwischenfall mit seinem Bruder, starrte ihn irritiert an.
    »Darin stand, der Überbringer der Botschaft solle unverzüglich hingerichtet werden«, fuhr Till beiläufig fort. »Was allerdings nicht geschah, weil der Bote den Brief zuvor heimlich gelesen und den Inhalt geändert hatte.«
    Nun begriff der junge Ritter sofort, worauf hinaus der Schreiber wollte. Christian hatte ein versiegeltes Schreiben des Bischofs bei sich, das er Pater Sebastian übergeben sollte.
    »Als fahrender Sänger lernt man einiges. Und zur fortgeschrittenen – wenn auch inoffiziellen – Ausbildung eines Vaganten gehört es auch, Schriftstücke zu fälschen und Siegel ohne erkennbare Spuren zu lösen und wieder anzubringen«, meinte der Schreiber. Erstmals seit ihrem Wiedersehen zog das Schelmenlächeln über sein Gesicht, wenngleich es reichlich grimmig wirkte. »Überlasst mir das Pergamentfür einen Moment und schaut kurz in eine andere Richtung.«
    Mit einem Anflug schlechten Gewissens holte Lukas den Brief aus Christians Gepäck und ging mit Till in seine Kammer. Doch er fühlte sich merkwürdig beruhigt, während er zusah, wie Ludmillus das Wachssiegel vorsichtig erwärmte, damit es sich vom Pergament löste, und offensichtlich ohne den geringsten Skrupel den Brief des Bischofs öffnete.
    Der Spielmann überflog das Schreiben und nickte Lukas zu. »Es ist, wie der Bischof sagte. Die Dame Marthe darf weiter heilen, solange Sebastian bei jedem ihrer Krankenbesuche als Zeuge dabei ist.«
    »Da wird er viel zu tun bekommen«, meinte Lukas grimmig, während Till das Pergament geschickt wieder verschloss.
     
    Der nächste Tag war ein Sonntag. Missmutig schlurften oder hasteten die Dorfbewohner durch den strömenden Regen zur Kirche, nicht wenige noch müde und benommen von der Hochzeitsfeier. Andere tauschten besorgt ihre Vermutungen darüber aus, was wohl der Grund dafür sein mochte, dass Ritter Christian sie nach dem Kirchgang zu einer Zusammenkunft unter der Dorflinde gerufen hatte. Irgendwie erweckte der Herr nicht den Eindruck, dass er gute Neuigkeiten für sie hatte.
    Pater Sebastians Erscheinen und sein finsterer, zurechtweisender Blick sorgten dafür, dass die verhalten geführten Gespräche in der Kirche sofort verstummten.
    Doch gerade als er die Messe beginnen wollte, öffnete sich mit lautem Knarren die Kirchentür erneut. Alle drehten sich um, um zu sehen, wer mit seiner späten Ankunft den Gottesdienst zu stören wagte. Bei dem Anblick schlugen nicht wenige der Dorfbewohner ein Kreuz, als ob sie den Leibhaftigen persönlich vor sich hätten.
    Randolf hatte beide Flügel der Kirchentür weit auseinandergedrückt und stand inmitten des Eingangs. Nach einem langgezogenen Moment, der seinem Auftritt etwas Unheimliches verlieh, ließ der Hüne die Türen hinter sich zufallen und durchschritt gelassen den Raum, wobei er alle Blicke auf sich gerichtet wusste. Das Schwert hatte er am Eingang abgelegt, doch seine Sporen klirrten, während er nach vorn marschierte und sich in die erste Reihe der Kirchgänger stellte, direkt neben Christian.
    »Ich dachte, ich leiste dir lieber Gesellschaft, wenn du deinen Bauern die Neuigkeit verkündest. Damit dich das Mitleid mit ihnen nicht übermannt«, raunte er ihm höhnisch zu.
    »Deine Gesellschaft ist das Letzte, was ich dabei brauche«, gab Christian zurück.
    Pater Sebastian warf ihnen beiden einen strafenden Blick zu, dann begann er die Messe.
     
    Es hatte aufgehört zu regnen, als sich die Christiansdorfer nach dem Gottesdienst unter der

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