Die Spur der Hebamme
ob hier Fremde umherschleichen.«
Christian berichtete von seiner Absprache mit Peter und dessen einstigen Diebesgefährten.
»Kuno, Bertram.«
»Ja, Herr«, sagten die beiden Siebzehnjährigen wie aus einem Mund. Ernst und erwartungsvoll sahen sie ihn an, unverkennbarstolz darauf, zu einer Zusammenkunft von Christians engsten Vertrauten gerufen worden zu sein.
»Ihr werdet ein Auge auf die Jungen haben, damit sie sich zu nichts hinreißen lassen. Und sobald sie jemanden entdeckt haben, verfolgt ihr heimlich die Fremden, bis ich mit Herwarts Leuten als Verstärkung komme. Dafür solltet ihr immer eine Verkleidung dabeihaben.«
Der Rotschopf und sein schwarzhaariger Freund nickten, begeistert von diesem Auftrag. Sie hatten sich schon mehrfach verkleidet bei Gegnern eingeschlichen, nicht zuletzt auch vor ein paar Jahren bei Christians entscheidendem Kampf gegen Randolfs Gefolgsleute, die das Dorf in ihre Gewalt gebracht hatten.
»Aber auch für euch gilt: Keine unüberlegten Heldentaten!«, mahnte Christian. »Beobachtet sie und versucht, unbemerkt ihr Versteck auszukundschaften. Dann kommt zurück, und wir entwerfen hier einen Schlachtplan, wie wir sie überwältigen können.«
Christian wandte sich an seine Ritter. »Wir vier werden ab sofort so viel Zeit wie möglich damit verbringen, Herwarts Leuten den letzten Schliff zu verpassen. Herwart, verstärke die Wachen. Ab heute werden jede Nacht Patrouillen durchs Dorf gehen.«
Er zögerte einen Moment, dann sah er zu Lukas. »Ich weiß, du musst sparen. Doch du solltest deine guten Beziehungen zum Hurenhaus wieder aufnehmen. Wenn sich hier in der Nähe ein größerer Trupp verbirgt, schleicht sich möglicherweise mancher von ihnen dann und wann dorthin. Die Mädchen werden wissen, wer von ihren Kunden fremd im Dorf ist.«
Lukas nickte.
»Vielleicht kannst du die Hurenwirtin bitten, dass sie heimlich hierherkommt und mit mir spricht«, mischte sich Marthe ein.Unter Sebastians Herrschaft würde sie sich nicht offen mit der rothaarigen Tilda treffen können. Unser Leben wird uns bald wie eine einzige heimliche Verschwörung vorkommen, dachte sie bitter.
»Eine gute Idee«, lobte Christian.
Seine nächsten Anweisungen galten Till. »Wenn du mit den Männern des Markgrafen unterwegs bist, um die Steuer für jeden freien Mann festzulegen, musst du Augen und Ohren nach allem Verdächtigen aufsperren und zugleich verhindern, dass es zu Gewalttätigkeiten kommt.«
»Wie denn – ohne Waffen?«, fragte der schmächtige Schreiber und hob resignierend die bloßen Hände.
»Ich mache Randolf schon klar, dass ohne ordentliches Verfahren kein Urteil vollstreckt wird.«
»Sonst sind wir bald als das Dorf der Einhändigen bekannt«, warf Gero düster ein.
Christian überging den Einwurf. »Wenn es Ärger gibt, komm sofort zu mir oder zu einem meiner Ritter.«
Konrad, der direkt neben ihm saß, wurde immer unruhiger. »Herr, Ihr habt mir noch keine Aufgabe zugewiesen«, machte er sich schließlich bemerkbar.
Christian sah ihm ernst in die Augen. »Du wirst deine Ausbildung mit aller Kraft vorantreiben. Vor allem den Schwertkampf zu Fuß und zu Pferde. Und jetzt« – er erlaubte sich ein kleines Lächeln – »werde ich dir die schwierigeren Finten beibringen, die du die ganze Zeit schon lernen wolltest. Wenn Lukas und ich keine Zeit haben, halte dich an Gero oder Richard.«
Bei den nächsten Worten klang seine Stimme wieder streng, denn er wusste, dass Konrad etwas anderes hören wollte. »Ansonsten gilt mein strikter Befehl: Du hältst dich aus allen bewaffneten Kämpfen heraus. Bei einem Angriff ist es deine Aufgabe,dafür zu sorgen, dass die Dorfbewohner in der Kirche Zuflucht suchen. Beschütze sie und meine Familie.«
»Aber, Herr …«, setzte Markgraf Dietrichs Sohn zum Widerspruch an.
Christian unterbrach ihn barsch. »Wir hatten diese Diskussion bereits. Du bist noch Knappe, kein Ritter, und ich bin vor Gott und deinem Vater für dein Leben verantwortlich. Das ist mein letztes Wort.«
Christian fiel auf, dass Marthe schneeweiß geworden war, während sie ihren Blick starr auf Konrad richtete.
Als alle Aufgaben verteilt waren, schickte er die Männer zu ihren Quartieren. Dann wandte er sich an Marthe und griff besorgt nach ihren Händen. Sie waren eiskalt, obwohl in der Kammer ein Feuer loderte.
»Was hast du gesehen, als ich mit Konrad sprach?«, fragte er ohne Umschweife. Er stand auf und schenkte ihr heißen Wein in den Becher. Sie fröstelte, zog die
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