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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Böhmenprinzen.
    Sie sah nach ihren Kindern, die unter Maries Aufsicht mit den Sprösslingen der anderen Hofdamen spielten. Thomas bestürmte sie, ihr eine seiner Lieblingsgeschichten vom tapferen Ritter Roland zu erzählen, während Clara auf ihren Schoß kletterte, sich mit immer kleiner werdenden Augen an sie schmiegte und zuhörte. Doch auch die Kinder konnten sie heute nicht beruhigen; im Gegenteil, sie merkte, dass sie ihre Unruhe auf die kleine Tochter übertrug.
    Also zog sie sich nach einer Weile zurück, versenkte sich ganz in sich selbst, richtete ihre Gedanken auf Christian und versuchte herauszufinden, was ihm gerade widerfuhr.
    Der Tag war noch nicht zur Hälfte verstrichen, als sie qualvoll aufstöhnte und wusste, dass Christian und seine Männer Opfer eines furchtbaren Verrats geworden waren.
     
    Marthe rannte zu Clara, die wie befürchtet zu weinen begonnen hatte und nicht zu beruhigen war. Sie bebte vor Angst,doch sie durfte mit niemandem über ihre Gesichte sprechen, wenn sie und ihre Tochter nicht auf dem Scheiterhaufen enden wollten. Marthe wusste sich in ihrer Verzweiflung nicht anders zu helfen, als Clara mit einem milden Schlaftrunk zur Ruhe zu legen und eine Kinderfrau bei ihr wachen zu lassen.
    Als die Kleine endlich eingeschlafen war, hastete Marthe in die Kirche, zündete eine Kerze an, kniete vor dem Altar nieder und flüsterte wieder und wieder inbrünstige Gebete.
    Andere Menschen, die kamen, betrachteten sie voller Misstrauen, doch niemand sprach sie an.
    Dann ging sie zurück in den Palas, suchte sich ein Fenster, von wo aus sie sehen konnte, ob ein Bote kam, starrte hinaus und wartete auf die Hiobsbotschaft.
    Sie erkannte ihn schon von weitem. Lukas ritt in scharfem Galopp durch das Burgtor, verschwitzt, kreidebleich und offenbar verletzt. Er lenkte sein völlig erschöpft wirkendes Pferd nur mit den Schenkeln, hatte die Zügel schlaff um die linke Hand gewickelt, mit der er den rechten Arm krampfhaft umfasste. Als er auf dem Burghof angelangt war und mühevoll vom Pferd glitt, sah Marthe, dass er voller Blut war.
    Ohne achtzugeben, rannte sie die Treppe hinunter. Als er sie kommen sah, wurde er noch blasser. Sie erkannte Trauer, Schuldgefühle und tiefes Mitleid in seinen Augen. Doch er sprach kein Wort zu ihr, sondern lief zum Palas und ließ sich umgehend bei Otto melden.
    Unaufgefordert folgte sie ihm und hoffte, dass niemand sie aus dem Saal schickte.
    Die Wunde an Lukas’ Arm blutete immer noch, als er mit gesenktem Kopf vor dem Markgrafen niederkniete. Eine Spur roter Tropfen auf den Binsen markierte seinen Weg durch den Saal. Jetzt erst erkannte Marthe, dass die Verletzung nicht einmalverbunden war und er versuchte, nur mit der Hand den Blutfluss zu stoppen.
    »Hol sauberes Leinen zum Verbinden, schnell! Und den Korb mit den Tinkturen aus meiner Kammer«, wies sie hastig die erstbeste Magd an, die in der Nähe stand.
    Lukas brauchte umgehend Hilfe, aber er würde sie erst annehmen, wenn er dem Markgrafen berichtet hatte. Und sie würde sich keinen Schritt von hier wegbewegen, bevor sie nicht wusste, was aus Christian und seinen Männern geworden war.
    »Verrat! Wir sind verraten worden«, stieß Lukas hervor und wankte sogar im Knien.
    Otto, der in ein Gespräch vertieft war und die Ankunft des Verletzten nicht bemerkt hatte, fuhr herum. Bei Lukas’ Anblick wurde auch er aschgrau im Gesicht und krallte die Hände um die Armlehnen seines Stuhls.
    »Vergebt mir«, stöhnte Lukas, und seine Stimme brach.
    Dann riss er sich zusammen – mit letzter Kraft, wie Marthe erkannte. Ihr Herz pochte dumpf voller Angst vor dem, was sie gleich hören würde, in ihren Schläfen spürte sie mit unerträglicher Wucht den bekannten, stechenden Schmerz.
    Otto ließ dem Unglücksboten einen Becher bringen, doch Lukas schüttelte nur den Kopf. Marthe begriff, dass er den verletzten Arm nicht loslassen konnte, ohne noch mehr Blut zu verlieren.
    Entschlossen drängelte sie sich nach vorn. »Die Wunde muss verbunden werden, sonst verblutet er!«
    Wo blieb nur die Magd mit dem Leinen?
    »Das hat Zeit«, wies Lukas sie ächzend zurück und richtete dann wieder seinen Blick auf den Markgrafen.
    »Wir sind verraten worden«, wiederholte er. »Ein Überfall … keine zehn Meilen von hier … mehr als hundert Mann … Sie müssen gewusst haben, dass dies der richtige Transport ist …Sie griffen uns mit Armbrüsten an … Erst als die meisten unserer Männer schon tot waren, kamen sie aus der Deckung

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