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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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und machten den Rest nieder …«
    Er sah mit glasig werdenden Augen auf den Markgrafen, der ihn halb aufgerichtet anstarrte.
    »Das Silber?«
    »Gestohlen … Mein Herr, wir haben gekämpft bis zum Letzten … Aber als sie sich endlich blicken ließen, kamen schon mehr als zehn auf jeden von uns … Nur ein Einziger außer mir konnte entkommen … Er ritt los wie von Hunden gehetzt, um Arnulf und Raimund zu holen …«
    Marthe zuckte zusammen. Nur einer? Während Lukas’ Stimme immer leiser wurde, biss sie sich auf die Fingerknöchel und wartete, dass Otto die Frage stellte, die sie hier nicht stellen durfte.
    »Wer?«
    »Ein junger Reisiger.«
    Das durfte nicht sein! Die anderen konnten nicht alle tot sein! Christian konnte nicht tot sein! Wie konnte Gott so etwas zulassen?
    »Was ist mit Christians Rittern?«, fragte Otto dumpf.
    »Gero und Richard sind tot.«
    Marthe wankte, jemand neben ihr griff nach ihrem Arm und stützte sie, ohne dass sie mitbekam, wer es war.
    »Und Christian?«, fragte Hedwig.
    »Auf ihn haben sie sich zuerst gestürzt. Er schlug acht oder zehn Mann nieder, bevor sie ihn überwältigen konnten. Ich war selbst in einen Kampf verwickelt … Aber soweit ich sehen konnte, haben sie ihn nicht erschlagen, sondern gefesselt und fortgeschafft.«
    Lukas war mit seiner Kraft am Ende. Er kippte einfach zur Seite und schlug zu Boden.
    »Ruft endlich den Wundarzt«, rief Otto ungeduldig.
    Marthe machte sich von dem Fremden los, der sie am Arm festhielt, und rannte zu dem jungen Ritter. Die Magd tauchte neben ihr auf und hielt ihr Leinenstreifen und den Korb hin.
    Otto gab eilig Befehl, sofort alle verfügbaren Männer den Angreifern hinterherzuhetzen, um ihnen das Silber wieder abzujagen.
    Marthe bekam fast nichts davon mit. Das Blut rauschte in ihren Ohren; sie versuchte, jeden Gedanken an das Unfassbare beiseite zu drängen und sich ganz auf die Wunde zu konzentrieren. Mit eckigen Bewegungen, kaum im Besitz ihrer Sinne und ohne über das eben Gehörte nachdenken zu wollen, begann sie Lukas’ Ärmel aufzuschneiden. Ein abgebrochener Schaft ragte ein kurzes Stück aus dem Fleisch. Die Pfeilspitze musste noch im Arm stecken.
    »Seid Ihr wirklich in der Lage, Euch jetzt darum zu kümmern?«, fragte Otto sie mit einer merkwürdigen Mischung aus Strenge und Mitleid. »Begebt Euch zur Ruhe, der Wundarzt wird gleich kommen.«
    Doch Marthe, deren Sicht vor Tränen verschwamm, schüttelte heftig den Kopf. Alle tot! Christian verschwunden! Lukas sollte nicht auch noch sterben, nur weil sie ihre Arbeit nicht tat. Er brauchte ihre Hilfe.
    Und dann musste er ihr helfen herauszufinden, was mit ihrem Mann geschehen war.
    Angesichts ihrer stummen Weigerung wies Otto an, den Verletzten in ein Quartier zu tragen, damit die Dame Marthe sich um ihn kümmern konnte. Dann schickte er einen weiteren Trupp aus, der die Leichname seiner Ritter und ihrer Mannschaft bergen und auf den Burgberg bringen sollte.
     
    Marthe wusste, dass Ottos Wundarzt eine spezielle Apparatur hatte, um die Pfeilspitze aus dem Muskelfleisch zu ziehen, deshalbbat sie ihn um Hilfe. Sie war froh, dass Lukas noch immer ohne Bewusstsein war, während der Feldscher mit geschickten Griffen erst den Schaft, dann die Pfeilspitze entfernte.
    Doch bei diesem Schmerz wachte Lukas auf.
    Als er ihr bekümmertes, verweintes Gesicht über sich sah, schloss er die Augen sofort wieder, allerdings nur für einen Moment. Er durfte sich nicht davor drücken, so gern er es auch wollte.
    »Es tut mir leid«, war alles, was er sagen konnte. Und dann, nach einer Pause: »Ich konnte sein Schwert retten. Es muss noch bei meinem Pferd sein.«
    Marthe wollte am liebsten weinen und schreien, sie fühlte seinen Schmerz zusätzlich zu ihrem eigenen.
    Doch statt etwas zu sagen, schob sie ihm den Griff seines Dolches zwischen die Zähne, damit er sich nicht die Zunge abbiss, während sie die Wunde säuberte und gemeinsam mit dem Wundarzt ausbrannte, um die Blutung endlich zu stillen. Dann dankte sie dem Feldscher höflich für die gute Arbeit und entlohnte ihn großzügig, legte Lukas einen straffen Verband an, half ihm vorsichtig auf und flößte ihm verdünnten Rotwein ein. Er hatte jede Menge Blut verloren, er musste unbedingt trinken. Gegen die Schmerzen würde sie ihm später etwas Betäubendes geben.
    Lukas trank durstig und ließ sich noch einmal nachschenken.
    Sie sah den Schmerz und das Grauen in seinen Augen.
    »Sind wirklich alle tot?«, fragte sie schließlich

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