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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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jung. Zu jung, um schwere Sünden begangen zu haben«, mischte sich nun auch Hedwig ein.
    Der Priester sah sich unentschlossen um. Schließlich sagte er: »Gut. Lasst uns allein.«
    Die anderen verließen das Zelt, zutiefst aufgewühlt und unfähig, ihr Entsetzen und ihre Verzweiflung in Worte zu fassen.
    Unendlich viel Zeit schien zu vergehen, bis der Priester aus dem Zelt kam.
    »Er ist von seinen Sünden losgesprochen. Ihr solltet ihm jetzt Beistand leisten.«
    Dietrich, Otto und Hedwig traten an das Lager des Sterbenden, im Hintergrund standen Christian, Lukas und Marthe und beteten.
    Marthe hatte kaum das dritte Ave-Maria aufgesagt, als Konrad seinen letzten Atemzug tat.

Der Zweikampf
    »Es ist meine Schuld. Gott straft mich für meine Sünden«, klagte Markgraf Dietrich mit erstickter Stimme. Er kniete neben dem Leichnam seines Sohnes, die rechte Hand über den Augen, um seine Tränen zu verbergen.
    Das Turnier war abgebrochen, der Tote gewaschen, neu gekleidet und aufgebahrt worden.
    Hilflos standen Otto und seine anderen Brüder neben dem verzweifelten Dietrich. Der Tod ihres Neffen hatte sie alle schwergetroffen. Sein Vater hatte große Pläne mit Konrad gehabt! Nun blieb der Markgraf der Ostmark ohne legitimen Erben. Wenn er starb, würde seine Linie erlöschen.
    Hedwig wäre am liebsten zu ihrem Geliebten gestürzt, um ihn tröstend in ihre Arme zu nehmen und gemeinsam mit ihm zu weinen. Doch seine letzten Worte ließen sie zurückschrecken.
    Dietrichs unbestreitbar größte Sünde war sein Verhältnis mit ihr. Trug sie Mitschuld an Konrads Tod? Oder sogar die Hauptschuld? Hätte sie ihren und Dietrichs heimlichen, verbotenen Wünschen nicht nachgegeben, würde Konrad dann noch leben? Er war für sie wie ein Sohn gewesen. Und vielleicht würde auch Dietrich ihr die Schuld an seinem Tod geben und sie von sich stoßen.
    Marthe, Christian und seine Freunde hielten einige Schritte Abstand von Konrads Vater und seinen Verwandten, doch auch sie waren vor Entsetzen und Trauer wie gelähmt.
    Der Diakon des Bischofs betrat den Raum und machte sich mit einem wenig taktvollen Hüsteln bemerkbar.
    »Was gibt es?«, fuhr Otto ihn an.
    Der Diakon setzte eine gewichtige Miene auf. »Der Bischof hat angewiesen, dass dem Toten kein christliches Begräbnis zuteil wird. Ebensowenig darf er in einem Gotteshaus aufgebahrt werden.«
    Hedwig stieß einen entsetzten Schrei aus, Dietrich fuhr herum, während die letzte Farbe aus seinem Gesicht wich.
    An Ottos Stirn begann eine Ader verräterisch zu pochen, deutliches Anzeichen eines bevorstehenden ungebändigten Ausbruchs.
    »Ihr wagt es, hierherzukommen und mir das ins Gesicht zu sagen?!«, brüllte er. »Dieser Emporkömmling von einem Bischof glaubt befehlen zu können, dass mein Neffe, ein Rittervon fürstlichem Geblüt, abseits des Gottesackers verscharrt wird wie ein Dieb oder eine Kindesmörderin? Dass er ewiger Verdammnis anheimfällt?!«
    Er stieß den Diakon beiseite und stürmte zur Tür. »Kommt mit«, rief er seinen Brüdern und Hedwig zu.
     
    Als sie fort waren, trat Christian an die Bahre und kniete an der Seite des Toten nieder, wie eben noch dessen Vater.
    »Warum nur hast du das getan? Dein junges Leben leichtfertig aufs Spiel gesetzt?«, fragte er leise, als könnte Konrad ihm antworten.
    »Ich weiß es«, ertönte von der Tür her eine zaghafte Stimme. Die Trauernden drehten sich um und starrten ungläubig auf Jakob, der offensichtlich gekommen war, um von seinem Freund Abschied zu nehmen.
    »Ich weiß es«, wiederholte er und trat zögernd näher, ohne den Blick von dem Toten abzuwenden.
    »Weshalb?«, fragte Marthe. Sie wollte, dass Jakob redete, bevor ihn sein Bruder packen und hinauswerfen konnte oder bevor Jakob von selbst flüchtete. Denn neben Trauer stand ihm unverkennbar Scham ins Gesicht geschrieben.
    »Er ist aufgestachelt worden … Er wollte seine und Eure Ehre verteidigen«, erwiderte Jakob gequält. »Und ich habe es nicht geschafft, ihn davon abzuhalten.«
    Christian erhob sich rasch und hielt Lukas zurück, der auf seinen Bruder losgehen wollte.
    »Wirst du es erzählen, um dein Gewissen zu erleichtern?«, forderte er seinen einstigen Knappen mit ruhiger Stimme auf.
    Jakob begann stockend zu berichten, beschämt und fassungslos. Während er sprach, hielt er den Blick gesenkt, und wenn es ihm an Worten fehlte, richteten sich seine Augen wie von selbst auf das fahle, leblose Gesicht seines früheren Gefährten.
    Als er geendet hatte, senkte

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