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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Arm.
    »Dumme Gans! Willst du wegen Unzucht mit Verheirateten fortgejagt werden?«, ermahnte eine ältere Rothaarige sie.
    Doch Jonas hatte seinen Arm schon verärgert losgerissen und sich neben Marthe gesetzt. Die anstehende Angelegenheit zu regeln, das wäre wohl seine Sache als Dorfschulze gewesen. Aber wenn er sich auch sonst vor keiner Aufgabe scheute, genau solche Szenen hatte er befürchtet und deshalb Marthe um Beistand gebeten.
    »Wir haben euch einen Vorschlag zu machen«, begann sie, und augenblicklich trat Stille unter den Frauen ein, die sie nun neugierig ansahen.
    »Ihr wisst, es gibt euretwegen immer mehr Ärger im Dorf. VerheirateteFrauen beschweren sich, letztens gab es sogar eine Prügelei, und der Pater ist erbost über öffentliche Unzucht. Andererseits wurde vor ein paar Tagen schon wieder eine von euch auf der Straße so zugerichtet, dass sie eine Woche nicht arbeiten kann.«
    »Wollt Ihr uns etwa wegschicken?«, rief die Blondgelockte dazwischen. »Ihr werdet Euch wundern, wie viel Ärger die Kerle in ihrer Geilheit dann erst machen.«
    »Nein, nein«, beruhigte Marthe sie. »Wir wollen euch vorschlagen, ein Haus zu bauen, wo ihr leben und eurer Arbeit nachgehen könnt. Dann müsst ihr nicht länger auf der Straße nach Kundschaft suchen, und es gibt keinen öffentlichen Ärger mehr.«
    »Ein Haus? Warum nicht gleich einen Palast? Wenn wir uns ein Haus leisten könnten, würden wir nicht mehr auf der Straße stehen und uns den Arsch abfrieren«, rief eine Ältere mürrisch.
    »Es gibt da mehrere Möglichkeiten«, übernahm Jonas wieder.
    »Einige von euch könnten beim Bader um Arbeit nachfragen. Er will seine Badestube vergrößern, wie ich gehört habe.«
    »Diese Ratte!«, ertönte der nächste Zwischenruf. »Zahlt schlecht und will selbst andauernd ran.«
    »Oder«, fuhr Jonas ungerührt fort, »das Dorf stellt ein paar Leute ab, die ein Haus für euch bauen. Ihr könntet dort einziehen und zahlt dafür jeden Monat einen Anteil von dem, was ihr verdient.«
    »Wir wollen keinen Hurenwirt, der uns prügelt, das ganze Geld abnimmt und auch noch ein Leben lang umsonst bedient werden will«, erklärte die Rothaarige entschlossen. Mehrere der anderen Frauen nickten zustimmend.
    »Wie ihr das Haus betreibt, könnt ihr untereinander ausmachen«, beschwichtigte Marthe. »Ihr müsst euch nicht sofortentscheiden. Beratet euch und gebt Meister Jonas Bescheid. Aber es soll keinen Streit mehr auf den Straßen geben«, sagte sie dann streng, während sie die Frauen nacheinander ins Auge fasste.
    Sie kannte die meisten von ihnen, denn fast alle waren in den letzten Jahren schon wegen dieses oder jenes Leidens bei ihr gewesen. Nur eine war ihr bisher unbekannt, ein blutjunges Ding, bestimmt kaum älter als zwölf Jahre, das recht hübsch ausgesehen hätte, wäre ihr Gesicht nicht mit deutlichen Spuren von Schlägen verunstaltet.
    Sie beschloss bei sich, der Sache unauffällig nachzugehen, und schickte die Frauen fort, mit der Ermahnung, sich das Angebot gründlich durch den Kopf gehen zu lassen. Nur die ältere Hure mit dem roten Haar hielt sie zurück.
    »Was machen deine Beschwerden, Tilda?«, erkundigte sie sich. Die Frau war ihr einmal in einer gefährlichen Lage zu Hilfe gekommen und hatte dafür Marthes Versprechen erhalten, dass sie sie immer umsonst behandeln würde.
    »Bei der Kälte wird alles nur schlimmer«, stöhnte die Rothaarige. »Aber ich will nicht jammern, die Hanna ist viel schlimmer dran, die wird’s wohl nicht mehr lange machen. Das Fieber …« Marthe füllte ihr etwas Akeleitinktur in ein Tonfläschchen und stöpselte es sorgfältig zu. »Hier, bring ihr das. Sie soll mehrmals am Tag einen Löffel voll davon nehmen.«
    Die Frau sah sie mit ehrlicher Verwunderung an und sank dann auf die Knie. »Gott segne Euch! Ihr seid wirklich eine Heilige. Wann hat man das schon erlebt, dass ein armes Mädchen eine Dame wird und trotzdem die nicht vergisst, die schlecht dran sind?«
    »Steh schon auf«, meinte Marthe verlegen. Als sich die Rothaarige zum Gehen umwandte, hielt sie sie zurück. »Wer ist das junge Ding? Und wer hat sie so zugerichtet?«
    Mit einem Mal verschloss sich Tildas Gesicht. »Weiß ich nicht. Und Ihr solltet es besser auch nicht wissen«, erwiderte sie knapp und verließ das Haus.
     
    Endlich schlug das Wetter um, ein warmer Wind und vier Tage Dauerregen ließen den Schnee rasch zusammenschmelzen. Auf den schlammigen Straßen kam nun der Unrat aller Art wieder zutage und

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