Die Spur der Hebamme
darauf leisten.«
Randolfs Blick nahm etwas Lauerndes an. »Es heißt, du hast einen Sohn geboren. Bist du sicher, dass es seiner ist und nicht meiner?«
»Christians Sohn kam neun Monate nach der Hochzeit zur Welt«, fauchte sie. »Aber ich wüsste nicht, was Euch das angeht.«
»So.« Randolf nahm einen tiefen Schluck und wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. »Was ich wirklich gern wüsste: Macht es ihm nichts aus, dass ich dich vor ihm gehabt habe? Zerfrisst ihn der Gedanke nicht vor Eifersucht, wenn er bei dir liegt? Und sehnst du dich nicht manchmal nach der Leidenschaft, mit der ich dich genommen habe?«
»Leidenschaft?« Hass loderte in ihr auf, doch sie musste ihre Stimme dämpfen, damit niemand draußen die Worte hören konnte, die nun aus ihr herausbrachen. »Ihr habt mir das Kleid zerrissen und mich zu Boden gestoßen, Ihr habt mich gefesselt und Euch auf mich geworfen. Danach soll ich mich sehnen?«, zischte sie.
Sie zwang sich, tief Luft zu holen. »Auch wenn Euch dafür kein irdischer Richter verurteilt, Ihr werdet Eurer Strafe nicht entkommen.«
Randolf lächelte überlegen. »Du kannst mir nicht drohen. Wie du selbst erkannt hast, hätte mich kein Richter dafür verurteilt,dass ich mir für ein bisschen Spaß ein Bauernweib geholt hab. Du hast nicht sofort Klage erhoben, wie das Gesetz es fordert, also kannst du es jetzt auch nicht mehr tun.«
Sein Gesicht nahm nun jenen boshaften Ausdruck an, den sie nur zu gut kannte und den er bisher sorgsam unterdrückt hatte.
»Weißt du, Christian war wirklich sehr aufgebracht, als ich ihn in meinem Kerker besucht und erzählt habe, wie ich dich als Erster genommen habe. Wie du geschrien und geweint und um Gnade gebettelt hast. Sein Wutausbruch hat ihn fast das Leben gekostet.«
Marthe starrte ihn fassungslos an.
»Aber wie ich sehe, hat er dir verziehen. Oder sind deine Bälger doch nicht von ihm?«
»Verlasst auf der Stelle dieses Haus! Oder Christians Männer werfen Euch hinaus«, forderte sie entschlossen.
»Würden die sich mit mir anlegen?«, fragte Randolf höhnisch.
»Das würden sie. Ich muss es nur befehlen.«
Er hob beschwichtigend die Hand. »Ich bin gekommen, um dir ein Geschäft vorzuschlagen.«
»Mit Euch mache ich keine Geschäfte.«
»Doch, das wirst du. Warte ab, was ich zu sagen habe.«
Mit erzwungener Gelassenheit verschränkte Marthe die Arme vor der Brust. »Ich höre.«
Lässig setzte sich Randolf und streckte seine langen Beine aus. »Ich weiß, wie ihn der Gedanke zerreißt, dass ich dich gepflügt habe. Dabei legt er doch so viel Wert auf seine Ehre, nicht wahr? Und jetzt darf er sich nicht einmal an mir rächen für deine Schande, sonst würde er großen Ärger mit dem Markgrafen bekommen.«
Der Hüne legte eine kurze Pause ein.
Seine nächsten Worte fuhren durch sie hindurch wie ein Schwert.
»Was er noch nicht weiß, jedenfalls nicht von mir: Dass auch meine Freunde ihren Spaß mit dir hatten. Du hast es ihm doch nicht erzählt, oder?«
Schwach schüttelte Marthe den Kopf.
Sie wusste, dass Randolf vor Christian mit seiner Schandtat geprahlt hatte, als dieser vor ihm in Ketten hing. Doch sie hatte nie mit ihm über jenen furchtbaren Tag reden können, als die vier Ritter über sie hergefallen waren. Und auch nicht über die Tage, an denen sie ihre ungeheuerliche Tat wiederholt hatten.
»Wie ich schon dachte«, fuhr Randolf ungerührt fort. »Was glaubst du, wird geschehen, wenn er es erfährt? Er wird dich davonjagen. Kein Mann von Ehre erträgt es, zu wissen, dass sein Weib die Hure für jedermann gewesen ist.«
Es wird ihm das Herz brechen, dachte Marthe. Und dann wird er sein Schwert ziehen und sie alle vier niederstechen, ganz gleich, ob es ihn das Leben kostet, sein Dorf und seine Seele.
»Ich sehe, du verstehst«, sagte Randolf, stellte den Becher auf den Tisch und wischte sich die Hände an seinem kostbaren Bliaut ab.
»Kommen wir also zum Handel: Du sorgst dafür, dass mir Christian keine Schwierigkeiten bereitet, wenn ich hier die Burg bauen lasse. Dann sorge ich dafür, dass dein sündiges Vorleben unser kleines Geheimnis bleibt. Einverstanden?«
Marthe nickte stumm, während ihre Gedanken rasten.
»Ich wusste doch, dass wir uns einigen«, frohlockte Randolf, während er aufstand. »Also, dann – auf gute Nachbarschaft!«
Im Gehen wandte er sich noch einmal um. »Übrigens: Wenn du Christian von meinem Antrittsbesuch erzählst, richte ihm unbedingt von mir aus, dass ich dir nicht
Weitere Kostenlose Bücher