Die Spur der Hebamme
Christian ihr geschenkt hatte.
»Mich täuschst du nicht.« Mit einem Ruck riss er die Kette von ihrem Hals und warf sie zu Boden.
»Zieh dich aus!«
Entsetzt starrte Marthe ihn an.
»Hast du nicht gehört? Zieh dich aus!«
»Wie könnt Ihr das von mir verlangen?«, keuchte sie.
»Du widersetzt dich?«
Der Triumph in der Stimme war unüberhörbar. Der Schwarzgewandete ging zur Tür und rief die zwei Bewaffneten herein. »Zieht ihr die Kleider aus«, befahl er. »Ich muss ihren Körper nach Hexenmalen absuchen.«
Einen einzigen Schritt konnte Marthe vor den Männern zurückweichen, die sich ihr grinsend näherten, dann stieß sie mit dem Rücken an die Kerkermauer.
Sie schrie gellend, während ihr die beiden den Reif mit dem Schleier vom Kopf rissen und das Kleid zerfetzten. Entsetzen und Abscheu vor der groben Berührung vermischten sich mit der Erinnerung daran, wie Randolf und seine Kumpane sie einst überwältigt hatten. Trotz der Dunkelheit erkannte sie die gleiche Lüsternheit auf den Gesichtern der Wachen, fühlte rauhe, gierige Hände auf ihren Brüsten und Schenkeln.
»Lasst ab von ihr«, befahl die schnarrende Stimme. Die Wachen gehorchten, traten einen Schritt zurück und glotzten auf die nackte junge Frau vor ihnen, die vergeblich versuchte, ihre Blöße zu bedecken.
Kleid und Unterkleid lagen zerrissen auf dem Kerkerboden. Obwohl das Raubvogelgesicht sie vorerst von den Händen der Männer befreit hatte, verspürte Marthe kaum Erleichterung. Sie ahnte, seine Absichten waren perfider als die rohe Gier seiner Wachen.
»Kettet sie an, damit ich sie untersuchen kann.«
Der Jüngere der beiden Wachen schob sie mit dem Gewicht seines Körpers an die Wand, hob ihre Hände und schloss sie über ihrem Kopf in schartige Schellen. Dabei rieb er sein hart gewordenes Glied an ihrem nackten Leib, bevor er unwillig zurücktrat. Dann schickte der Mann in der schwarzen Kutte die Wachen wieder hinaus.
Voller Angst wartete Marthe, was nun geschehen würde. Schon mehrfach hatten Männer ihr Gewalt angetan oder antun wollen, bevor sie Christians Frau wurde, aber noch vor keinem hatte sie sich so gefürchtet wie vor diesem. Mit seinem tiefschwarzen Gewand und dem Schatten, der ihn umgab, war er für sie wie ein Abgesandter der Hölle.
Seine Augen funkelten, als er die dürren Finger nach ihr ausstreckte. Sie zuckte zurück, aber die Ketten ließen kaum Spielraum. Gequält stöhnte sie auf, als seine Finger wie Spinnenbeine über ihren Körper glitten und Stellen berührten, die nur Christian sehen durfte.
Als die fremden Finger an den Innenseiten ihrer Schenkel hochkrochen, schrie sie vor Scham und Entsetzen.
»Ja, kreisch nur, Hexe«, raunte ihr eine bebende Stimme zu.
Da erst wurde ihr bewusst, dass der Raubvogelgesichtige nicht nach Hexenmalen suchte. Sie sah die Ausbeulung unter seiner Kutte und die Gier auf seinem Gesicht.
»Welche Sünde ladet Ihr auf Euch, Ihr, ein Mann Gottes!«, schrie sie ihm fassungslos entgegen.
Wie ertappt fuhr er zurück, aber nur kurz. Ein böses Lächeln zog über sein Gesicht und ein Ausdruck gewaltiger Freude. Mit irgendetwas hatte sie ihm gerade einen großen Gefallen getan. Im nächsten Augenblick wurde klar, worauf er sich freute.
Er hatte plötzlich eine Rute in der Hand, prüfte ihre Biegsamkeit und ließ sie mit einem scharfen, zischenden Geräusch durchdie Luft sausen. Dann trat er einen Schritt zurück und musterte sie mit halb zugekniffenen Augen.
»Welch teuflisches Blendwerk – die Verderbtheit der Weiber mit ihrem sündigen Fleisch. Empfange die Strafe für deine Widersetzlichkeit, Hexe. Oder gestehe!«
»Ich bin keine Hexe!«, schrie sie.
Dabei wusste sie, dass den anderen ihre Antwort nicht interessierte. Sie hatte in seinen Augen das gleiche kranke Verlangen erkannt, das sie schon einmal gesehen hatte: bei Oswald, einem Reisigen aus ihrem Heimatdorf, der sie lange verfolgt hatte. Er war der Schrecken aller Dorfbewohner gewesen, weil er widerwärtige Lust dabei empfand, andere bis aufs Blut auszupeitschen. Vor ihm hatten Christian und Lukas sie im letzten Augenblick gerettet und ihn getötet. Doch diesmal würde niemand kommen, um sie zu retten. Nicht einmal ihre Schmerzensschreie würden durch die dicken Kerkermauern dringen.
»Du trägst ein Kind, also darf ich dich nur an Haut und Haar bestrafen«, hörte sie das Raubvogelgesicht schnarren. »Aber auch mit der Rute kann ich dir Gehorsam beibringen. Los, dreh dich um.«
Sie presste das Gesicht an das
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