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Die Spur der Hebamme

Titel: Die Spur der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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vor Kälte schlotternd in dem Getöse, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.
    »Wir warten mit dem endgültigen Urteil, bis der ehrwürdige Bischof zurück ist. Er in seiner Weisheit wird Rat wissen. Bis dahin bringt sie wieder ins Verlies. Und lasst uns am Abend beten, dass Gott uns die Antwort aufzeigt.«
    »Ich kann sie erneut peinlich befragen«, ertönte die Schnarrstimme eifrig. »Vielleicht gesteht sie dann endlich.«
    »Einverstanden. Gehen wir zurück.«
    Als zu Marthes Verstand vordrang, was ihr erneut bevorstand, schwankte sie und sackte zu Boden. Kräftige Arme hoben sie auf. Der Schmerz von den Wunden auf ihrem Rücken riss sie für einen Moment aus dem Dämmerzustand. Über sich sah sie verschwommen Ekkeharts Gesicht. Dann schlug sie die Augen wieder zu. Sie war viel zu schwach, um sich dagegen zu wehren, dass der Verhasste sie trug, ganz gleich, wohin.
     
    Eine Hand rüttelte vorsichtig an ihrer Schulter. »Wach auf. Du musst mit mir kommen«, sagte Ekkehart leise zu ihr, der merkwürdigerweise immer noch die Kleidung eines Wachsoldaten trug.
    Verwirrt sah sie erst ihn an, dann die Wände ihres Verlieses, die Ketten, in denen sie ausgepeitscht worden war.
    »Wohin? Will das Raubvogelgesicht mich nicht hier gleich zu Tode foltern?«
    »Das will er, und er wird bald kommen. Also beeil dich! Ich schaffe dich raus aus diesem Loch.«
    »Zu Randolf?«
    »Nein, der weiß nichts davon. Komm, uns bleibt nur wenig Zeit.«
    »Aber warum …?«
    »Ich stehe in deiner Schuld. Du hast mir das Leben gerettet, alsich verwundet war«, sagte Ekkehart kurz angebunden, während er ihr aufhalf.
    Erinnerungen an jenen Zwischenfall blitzten in ihr auf … der Jagdunfall … damals, als sie noch unglücklich mit dem alten Wiprecht verheiratet war. Markgraf Otto hatte eine Jagd zum Vorwand genommen, um die ersten Silberproben in Christiansdorf in Augenschein zu nehmen. Dabei hatte ein aufgestöberter Bär Ekkehart angefallen und mit den Krallen seine Brust tief aufgerissen. Ein Ritter aus Ottos Gefolge hatte ihr damals befohlen, den Schwerverwundeten am Leben zu erhalten, wenn sie selbst nicht sterben wollte.
    »Und die Wachen?«
    »Sind abgelenkt.«
    Sie ging vorsichtig zwei Schritte, dann zwang ein schneidender Schmerz im Unterleib sie in die Knie.
    »Was ist?«, raunte der Ritter ungeduldig.
    »Mein Kind … Ich verliere mein Kind«, stöhnte Marthe.
    Kurz entschlossen hob Ekkehart sie hoch und legte sie sich über die Schulter. »Ein Grund mehr, schleunigst zu verschwinden.«
    Sorgfältig verriegelte er die Tür von außen, damit ihr Fehlen nicht sofort bemerkt wurde, dann eilte er mit seiner Last durch den Gang. Aus einem Raum kurz vor der Treppe hörte Marthe das lustvolle Stöhnen einer Frau und ein paar johlende Männerstimmen.
    Sie verlor jedes Gefühl dafür, wo sie sich befanden und wohin Ekkehart sie trug. Es war ihr auch gleichgültig. Sie schloss die Augen und sank wieder in erlösende Bewusstlosigkeit.
     
    Ein neuerlicher schneidender Schmerz brachte sie zu sich. In einen Umhang aus gutem, schwerem Tuch gehüllt, saß sie auf einem Pferd und wurde von starken Armen gehalten.Links und rechts des schmalen Pfades war dichter Wald zu sehen.
    »Was ist los? Brauchst du eine Rast?«, hörte sie direkt hinter sich Ekkeharts Stimme.
    »Ich verliere mein Kind.«
    Ekkehart brachte sein Pferd zum Stehen, saß ab und trug sie zu einer Stelle, wo der Waldboden weich und voller Moos war und niemand sie vom Weg aus sehen konnte.
    Er flößte ihr Wein ein und bot ein Stück kaltes Fleisch an.
    »Was kann ich tun?«, fragte er beunruhigt.
    Sie krümmte sich vor Schmerz und spürte Blut ihre Beine hinabrinnen, noch bevor sie den größer werdenden roten Fleck auf ihrem dünnen, halb zerrissenen Büßerhemd sah.
    »Nichts«, schluchzte sie. »Es ist zu spät.«
    Ekkehart schlug seinen Umhang fester um sie. »Ich kann dich hier nicht liegen lassen, sonst verblutest du. Noch ein paar Meilen, dann hole ich Hilfe.«
     
    Nur vage Schemen und Stimmen drangen in Marthes Bewusstsein, während sie in einer merkwürdigen Traumwelt gefangen zu sein schien.
    Sie fühlte, wie sie auf ein weiches Lager gebettet wurde, hörte die besänftigende Stimme einer alten Frau, spürte geschickte Hände, die sie wuschen, die verkrusteten Wunden auf ihrem Rücken aufweichten und kühle Umschläge um ihren Kopf wickelten, der vor Hitze zu zerspringen schien. Manchmal wurde sie behutsam aufgesetzt, und jemand flößte ihr etwas zu trinken ein,

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