Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
Ufer nahmen die Krokodile das Aufplatschen wahr. So etwas ließen sie sich nicht zweimal sagen. Mit einer schrecklichen, schnellen Bewegung erwachten die Monster zum Leben und glitten unter die Wasseroberfläche. Jake sah es und versuchte noch, einen Warnruf auszustoßen, doch die Krokodile waren die reinsten Torpedos. Der Geschmack von Walkers Blut im Wasser hatte sie ganz wild gemacht, und innerhalb von Sekundenbruchteilen waren sie bei den beiden kämpfenden Männern. Tom Beyes Augen weiteten sich erst vor Überraschung, dann vor Grauen, als etwas nach seinem Bein schnappte und es mit einem kraftvollen Ruck aus dem Gelenk riss. Die Kiefer eines anderen Monsters schlossen sich um seinen Arm und zermalmten Fleisch und Knochen zu Brei. Mittlerweile hatte sich das braune Wasser schaumig rosa verfärbt, und die rasenden Krokodile kämpften um die Überreste von Beyes zerfetztem Körper.
Von Frank Walker war weit und breit nichts zu sehen.
Mit klopfendem Herzen setzte Jake sich ans Ufer. Seine Augen waren noch immer auf die Stelle gerichtet, wo eben noch Walker und Beye gekämpft hatten. Nun war dort nichts mehr zu sehen als die wirbelnde Strömung.
Man hörte ein Stöhnen, und Jouma rappelte sich aus dem Schlamm hoch. Auf einer Wange hatte er eine hässlich klaffende Wunde, wo ihn Beyes Gewehrkolben getroffen hatte.
»Alles in Ordnung, Inspector?«
Jouma nickte. »Ich mache mir eher Sorgen, was Winifred dazu sagen wird.«
»Manche Dinge muss ein Mann einfach für sich behalten«, riet Jake.
Langsam und unter Schmerzen stützten sich die beiden Männer aufeinander und begannen, am Ufer zurückzugehen.
Achter Tag
77
S ie kamen kurz nach acht Uhr morgens, um Douglas Roarke abzuholen. Der Chef der Sicherheitsabteilung saß schon seit fünf Uhr am Schreibtisch, seit ihn nämlich ein Informant bei der Polizei informiert hatte, dass Cyril Craven eine Mail ans Polizeipräsidium geschickt hatte. Er trug einen neuen Anzug und eine Krawatte mit dem Unternehmenslogo von Spurling Developments. Neben ihm stand eine Tasche mit Kleidung zum Wechseln und einem Kulturbeutel – ziemlich optimistisch in Anbetracht der Tatsache, dass er erst nach Kingorani und dann ins Rattenloch Shimo la Tewa gebracht werden würde, was er sehr wohl wusste.
Einen Moment lang hatte er natürlich auch die Möglichkeit erwogen zu fliehen – aber auch nur, weil er gewöhnt war, generell jede Option zu prüfen. Dazu gehörte auch die Idee, einfach alles abzustreiten. Aber das wäre gleichzeitig ein Eingeständnis, dass er etwas falsch getan hatte, und dazu war Douglas Roarke einfach nicht in der Lage. Sein Job bestand darin, die Interessen von Spurling Developments zu schützen, und genau das hatte er in den letzten fünf Jahren getan. Warum sollte er nun seine Errungenschaften kleinreden, wenn so viele Leute in diesem Scheißland überhaupt nichts zuwege brachten? Er würde in dem Wissen ins Gefängnis gehen, dass er eine Art von Macht ausgeübt hatte, von der Leute in offiziellen hohen Positionen nur träumen konnten. Seine Zeit würde schon noch kommen, das wusste er. Später einmal würde man von Douglas Roarke wie von einer Legende sprechen.
Während er am Panoramafenster seines Büros stand und die ameisengleichen Polizisten unten ins Gebäude laufen sah, war seine einzige Sorge, ob Cyril Craven die Geschichte richtig erzählt hatte, als er ausgepackt hatte.
Cravens Geständnis war Roarkes Testament.
Er hätte es schrecklich gefunden, wenn der Anwalt irgendetwas ausgelassen hätte.
Das Dokument bestand aus zehn säuberlich getippten Seiten. Als Anwalt mit mehr als dreißig Jahren Berufserfahrung hatte Cyril Craven seine Behauptungen hundertprozentig präzise formuliert.
»Wo ist er jetzt?«, wollte Jouma wissen. Er war ebenfalls früh aufgestanden, hauptsächlich, um schon aus der Wohnung zu sein, bevor Winifred von ihrer Schwester zurückkam.
»Ich habe ihn in Sicherheitsverwahrung genommen«, erklärte Elizabeth Simba, ohne näher darauf einzugehen. Sie nahm Cravens Schriftstück vom Schreibtisch. »Wir haben hier genug, um Douglas Roarke wegen Mordes anzuklagen und mehr als ein Dutzend hochrangiger Geschäftsführer bei Spurling Developments wegen Verschwörung. Ganz zu schweigen vom Großteil der Sicherheitsabteilung.«
»Und Craven wird aussagen?«
»Ja, solange bestimmte Bedingungen erfüllt werden. Straffreiheit unter anderem.«
Obwohl die genähte Wunde in seinem Gesicht schmerzte, musste Jouma resigniert lächeln. Er
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