Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
weiter am Ufer ausbreiten würde. Woraufhin einige von ihnen sich erheblich über das Fehlen einer ordentlichen Feuerwehr in der Nähe echauffierten. Was, wenn sich das Feuer noch weiter voranfraß? Was würde mit ihren Villen und Marinas passieren? Würde man sie evakuieren müssen, und wenn ja, wo sollten sie dann hin? Es war wirklich an der Zeit, dass die Vereinigung der Anwohner sich mal zusammensetzte, um sich um eine unabhängige Feuerwehr hier unten am Flamingo Creek zu kümmern.
Die Einwohner von Jalawi saßen am Ufer mit den paar Habseligkeiten, die sie hatten retten können, und sahen zu, wie ihr Dorf niederbrannte. Die Stimmung war düster, aber pragmatisch. Schließlich war es nicht das erste Mal, dass das Dorf dem Erdboden gleichgemacht wurde. Und es würde auch nicht das letzte Mal bleiben. Solange ihre Hütten aus Holz und Stroh waren und die Bewohner darin über offenen Feuerstellen kochten, war die Wahrscheinlichkeit immer groß, dass sich ein Funke verirrte und die ganze Ortschaft abgefackelt wurde. Immerhin war dabei noch nie ein Mensch verbrannt. Man musste Gott immer dankbar sein, auch für die kleinen Gnaden.
Evie Simenon stand neben Schwester Constance und spürte die Hitze der Flammen auf dem Gesicht.
»Wie lange wird es dauern, bis sie ihre Häuser wieder aufgebaut haben?«, fragte die junge Nonne.
Evie lächelte. »Normalerweise brauchen sie dafür eine Woche. Aber wir werden ihnen helfen.«
Hundert Meter weiter brach gerade das ausgebrannte Skelett der Kirche in sich zusammen, und ein Funkenregen stob in den Himmel. Die Intensität des Feuers, das das Gotteshaus zerstört hatte, war so groß, dass die Ermittler mehrere Tage brauchen würden, bevor sie die Ruinen untersuchen konnten und die Überreste von Bruder Willem fanden – zumindest das bisschen, das noch zu finden war.
» Mein Haus soll ein Bethaus heißen «, murmelte Constance, während sie auf die schwelende Glut der Kirche blickte, » ihr aber macht eine Räuberhöhle daraus .«
Neunter Tag
82
J ake war noch nie im Fort Jesus gewesen. Andererseits war er auch nie im Tower of London oder im Buckingham Palace gewesen. Touristenziele waren uninteressant, sobald man kein Tourist mehr war. Seinen heutigen Besuch rechtfertigte er damit, dass es kein Sightseeing war.
Er trat durch das bewachte Tor auf ein breites, von der Sonne bestrahltes Grundstück, das rundum von hohen Befestigungsmauern gesäumt war. Am stärksten fiel ihm auf, wie friedlich es hier war, verglichen mit der Innenstadt von Mombasa mit ihrem heillosen Chaos. Jetzt verstand er, warum Jouma hierherkam, um dem Wahnsinn seiner Arbeit zu entkommen.
Was für eine Ironie des Schicksals, dass dieser Wahnsinn ihn nun auch noch hier verfolgen sollte.
Der Inspector saß auf einer Bank vor einer Reihe schwarzgestrichener Kanonen. Er sah aus wie ein Gefangener, der auf seine Erschießung wartete. Eine Gesichtshälfte war von einem großen weißen Verband bedeckt, der den traurigen Anblick noch verstärkte.
Jake deutete auf den Verband an seinem linken Arm. »Falls es Sie irgendwie tröstet – das tut auch höllisch weh.«
»Ich glaube, wir können beide von Glück sagen, dass wir noch am Leben sind.«
»Amen. Ich hoffe nur, das war die Sache wert.«
»Die Geschichte ist abgeschlossen«, nickte Jouma.
Als kleines Kind fürchtete sie sich vor der Dunkelheit.
Jetzt kann sie ohne sie nicht mehr leben. Sie hilft ihr. Sie tröstet sie. Sie verbirgt ihre Entstellung und macht es ihr möglich, sich vorzustellen, dass sie immer noch so schön ist, wie Jasmine immer sagte.
»Meine hübsche kleine Rose«, sang ihre Schwester immer, wenn sie ihr das Haar flocht und mit Elfenbeinspangen feststeckte. »Schön wie der Sonnenuntergang.«
Es wäre ein Leichtes gewesen, sich der Trauer und dem Schmerz einfach zu ergeben. Doch als sie aus dem Waisenhaus floh und in die Stadt kam, wusste sie, dass sie noch etwas zu tun hatte. Die Erinnerung an das weiche, fast kindliche Gesicht des Mannes, der ihrer Schwester das angetan hatte, verlieh ihr Kraft. Die grausamen Augen des Mannes, der das Haus mit Jasmine und ihrem Vater darin angezündet hatte. Und das hasserfüllte Gesicht der alten Nonne, die sie im Namen Gottes quälte.
Sie wusste, dass sie sich gedulden musste. Aber so hatte sie eben mehr Zeit für die Vorbereitung.
Die Nonne kam als Erstes dran.
So viele Menschen an jenem Tag in der Altstadt, so viele Augen – und doch hatte keiner gesehen, wie die alte Frau in die
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