Die Spur der Hyäne: Thriller (German Edition)
Gasse trat, niemand hatte ihren überraschten Aufschrei gehört, als die Nadel in ihren Hals eindrang und sie zusammenbrach.
Der Gang unter dem Gullydeckel, der seit Jahren nicht mehr benutzt worden war und unter einer dicken Schmutzschicht begraben lag, führte über ein Rohr zum größten Abwasserkanal. Sie kannte jeden Zentimeter des unterirdischen Systems an dieser Stelle, denn hier hatte sie in den letzten Monaten gelebt. Sie wusste, dass noch andere hier unten in der Dunkelheit wohnten, doch sie verbarg sich vor ihnen. Sie wollte nicht, dass jemand sie zu sehen bekam, und erfuhr, dass sie noch am Leben war.
Ihre Vorbereitungen waren äußerst gründlich gewesen. Sie hatte sich nicht nur das Gift besorgt, sondern auch ein Geschirr aus Seilen gebastelt, mit dem sie das Gewicht ihrer Opfer an die Decke hieven konnte. Auch den Ort hatte sie sorgfältig ausgesucht: Das Rohr lag etwas unterhalb der Stelle, wo die stillgelegten Tunnel unter dem Fort aufeinanderstießen. Und diese Tunnel waren perfekt für ihre Zwecke geeignet.
Doch es war trotzdem nicht einfach.
Sie wusste nur zu gut, dass ihre Kraft nachließ, dass die Infektion, die sich in ihren versengten Lungen festgesetzt hatte, von Tag zu Tag schlimmer wurde. Es fiel ihr zunehmend schwerer, Luft zu holen – ihre Zeit lief ab. Aber das Wissen, dass sie noch so viel zu tun hatte, spornte sie an und verlieh ihrem geschundenen Körper immer wieder neue Kräfte.
Sie war nicht überrascht, dass Schwester Gudrun um Gnade schrie, als die Geißel ihren Rücken in eine Masse aus blutenden Striemen verwandelte. Die Schläge schnitten ihr so tief ins Fleisch, dass an einigen Stellen ihre Wirbel oder ihre Schulterblätter freigelegt wurden und weiß durchschimmerten. Eine wahre Frau Gottes hätte ihren Frieden gemacht und ihr Schicksal mit murmelnden Gebeten hingenommen. Doch die Nonne war keine Anhängerin des Glaubens. Für sie war Gott nur ein Mittel zum Zweck.
Die Geißelung ging weiter, bis Rose der ganze Brustkorb brannte und sie die Hand mit der Peitsche einfach nicht mehr heben konnte. Aber sie hatte genug getan. Außerdem musste sie sich ihre Kräfte für die anderen Aufgaben aufsparen, die noch vor ihr lagen. Für ihre tote Schwester, für ihre geliebte Jasmine, musste sie stark bleiben.
»Quarrie wurde für diesen Job nur angeheuert«, erklärte Jouma. »Er brauchte nur das Geld. Aber er war entschlossen, seine Aufgabe gründlich zu erledigen.«
»Nicht gründlich genug«, bemerkte Jake.
»Nein – und das sollte ihn schließlich das Leben kosten.«
Da sie seinen Namen nicht wusste, nannte sie ihn Den Großen Bösen Wolf, weil er in der Nacht gekommen war, um ihr Haus aus Holz und Stroh niederzubrennen.
Tagelang hatte sie ihn beschattet, um den Ablauf seines Alltags zu studieren. Sie stellte fest, dass er ein kräftiger Mann war und wusste, dass sie länger warten und sich noch mehr von dem Gift besorgen sollte, aber langsam wurde sie immer schwächer. Und so schrecklich müde.
Sie überraschte ihn zwar, aber er wehrte sich aus Leibeskräften. Irgendwie war es ihr in der dunklen Gasse gelungen, ihm die Injektionsnadel ins Bein zu rammen. Doch obwohl er zu Boden ging, wusste sie, dass die Wirkung des Gifts nicht reichen würde.
Es hatte sie fast umgebracht, seinen schweren Körper durch den Abwasserkanal zu schleifen. Als sie ihn schließlich im Tunnel hatte und seine Hände neben der Leiche der Nonne an den Haken in der Decke fesselte, war sie selbst kurz vorm Zusammenbruch. Sie brauchte ihre Medizin, und sie brauchte etwas Ruhe für die unerbittliche Bestrafung, die sie an ihm vollziehen wollte. Denn sobald ihre Sammlung komplett war, würde Der Große Böse Wolf wissen, wie es sich anfühlte zu verbrennen.
Mit letzter Kraft kroch sie durch den Tunnel in ihre Höhle, wo sie in einen fiebrigen Schlaf fiel.
Als sie aufwachte, war er verschwunden.
»Und Bobby Spurling war das letzte Puzzleteilchen«, ergänzte Jake.
Sie gingen auf die San Felipe Bastion zu, wo sich ein paar uniformierte Polizisten und Notärzte um den Zugang zu den Tunneln versammelt hatten.
»Sein Apartment war nicht weit weg vom Fort. Sie muss mitbekommen haben, dass er wieder in Mombasa war«, meinte Jouma. »Sie brauchte nur noch auf die richtige Gelegenheit zu warten.«
Das Fieber wollte sie nicht mehr aus seinen Klauen lassen. Zitternd und schwitzend rollte sie sich in ihrer unterirdischen Zelle zusammen und zwang sich, Kräuter und Wurzeln zu essen, die die
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