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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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hin und starrte Adrian mit verschränkten Armen an.
    »Aha«, erwiderte er nur und verschlang seinen Toast.
    Fiona drehte nachdenklich die Kaffeetasse in ihrer Hand. »Aber das muss man ja auch nicht. Die Frau, die ich dort kennengelernt habe, ist schon ewig dabei und hat gestern trotzdem keinen Ton gesagt.«
    »Ah, du hast also schon Freundschaften geschlossen«, meinte er zynisch.
    »Na ja, das wäre wohl wirklich zu viel gesagt«, fand Fiona und dachte daran, dass es im Grunde tatsächlich etwas Groteskes hatte, sich all diesen Fremden einfach so zu offenbaren. Menschen, die sich in der Schlange im Supermarkt möglicherweise aneinander vorbeidrängelten und anpöbelten, waren für anderthalb Stunden unsagbar offen und verständnisvoll zueinander, teilten Kummer und Sorgen, als verwandle sich der Gemeinderaum für anderthalb Stunden in einen Zufluchtsort vor dem eigenen Leben und dem alltäglichen Kampf gegen die Sucht.
    Miteinem Blick auf die Küchenuhr stellte Adrian seine Tasse in die Spüle.
    Fiona seufzte. »Blöderweise habe ich dort wohl mein Portemonnaie verloren.«
    »Dein Portemonnaie? Oh nein, wie konnte denn das passieren?«
    Sie hob die Schultern. »Weiß auch nicht. Ich hab’s in der ganzen Aufregung wohl liegen gelassen. Hab’s erst vor der Haustür gemerkt, als ich das Taxi bezahlen wollte. Zum Glück hatte ich noch genug Kleingeld in der Tasche.«
    »Isst du noch was?«, fragte Adrian beiläufig.
    Als sie verneinte, räumte er den Tisch ab. »Hast du mal in diesem Gemeindezentrum angerufen? Im Portemonnaie war doch sicher dein Personalausweis und dein Führerschein und alles.«
    »Ja, habe ich natürlich gleich gemacht. Fehlanzeige. Die haben nichts gefunden.«
    »Hm. Dumme Sache. Tut mir leid für dich. Du, Fiona, sei mir nicht böse, aber ich bin gleich mit Rolf zum Squash verabredet, und ich muss noch meine Tasche packen …«
    »Zum Squash? So früh schon? Am Sonntag?«
    Er schürzte die Lippen. »Warum nicht? Rolf hat gerade eine SMS geschickt, und da dachte ich, wo ich schon mal wach bin …« Er hustete leise.
    Fionas flüchtiger Blick streifte Adrians Handy auf dem Tisch. Daneben lag Adrians Schlüsselbund. Keiner der Schlüssel sah auch nur annäherndso aus wie der, den sie neulich unter dem Kamin entdeckt hatte.
    »Danach bring ich noch den Wagen in die Werkstatt . Das Bremslicht ist kaputt.«
    »Das Bremslicht? Aha.« Fiona schwieg einen Moment, bevor sie fragte: »Aber ist denn da in der Werkstatt heute überhaupt jemand?«
    Adrian stieß einen Seufzer aus. »Mag sein, dass das deine Vorstellungskraft übersteigt, Fiona – aber es gibt Leute, die sieben Tage die Woche für ihr Geld arbeiten müssen …«
    »Was willst du damit sagen?« Fiona war irritiert.
    »Ach, nichts«, meinte er und machte eine gleichgültige Handbewegung.
    »Okay, geh ruhig«, sagte Fiona stirnrunzelnd. »Ich wollte mich sowieso gleich an den Schreibtisch setzen.« Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee, ohne Adrian noch einmal anzusehen.
    ***
    Gegen Mittag, gut dreieinhalb Stunden nachdem Adrian die Wohnung verlassen hatte, klingelte es an der Tür. Mit den Gedanken noch bei einer Szene ihres Romans, eilte Fiona aus ihrem Arbeitszimmer. Sie löste ihren Zopf, strich sich die Haare zurück und öffnete die Tür.
    »Theresa?«
    »Überrascht, was?« Theresa grinste breit. »Vermisstdu etwas?«, fragte sie und hielt ein weinrotes Lederportemonnaie zwischen ihren gelblichen Raucherfingern.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung nahm Fiona das Portemonnaie entgegen. »Gott sei Dank.«
    »Hab ich vor dem Gemeindezentrum gefunden. Muss dir wohl aus der Tasche gefallen sein. Ich wollte dir noch hinterher, aber da warst du schon im Taxi.«
    »Theresa, ich weiß gar nicht, wie ich dir dafür danken soll … aber … woher hast du eigentlich …«
    »Die Adresse? Steht doch auf deinem Perso.«
    Fiona hielt kurz inne. Dann bemühte sie sich um ein Lächeln. »Du hast ja keine Ahnung, was mir dadurch erspart geblieben ist.«
    »Ich kann’s mir vorstellen«, lachte Theresa und schaute neugierig an Fiona vorbei in die Wohnung.
    Fiona räusperte sich. »Ich … ich würde dich ja auf einen Kaffee hereinbitten, aber ich bin gerade am Schreiben, und da …«
    »Du schreibst? Was denn? Arbeitest du für eine Zeitung oder so was?«
    Fiona schüttelte den Kopf.
    »Sondern?«
    »Ich …«, sie hob die Schultern, »ich bin Schriftstellerin und arbeite an einem neuen Roman.«
    Für einen kurzen Moment fragte sich Fiona, wie

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