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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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Doch Theresa steuerte zielstrebig auf den Ausgang des Gemeindezentrums zu. Das Mitgefühl von Fiona Seeberg war bei weitem das Letzte, was sie augenblicklich gebrauchen konnte.
    ***
    (EineAutostunde vor Berlin)
    Der metallische Geschmack von Blut lag ihm im Mund, als Sascha Funk wieder zu sich kam. Ein heftiges Pochen jagte ihm vom Hinterkopf den Nacken hinab, als er langsam seine Lider hob und die beiden Rottweiler erblickte, die sich knurrend vor ihm aufbauten. Panisch fuhr Funk zurück. Als er seine Schulterblätter gegen den Stuhlrücken presste, bemerkte er, dass er splitternackt war und mit den Händen so straff an den Stuhl gefesselt, dass ihm jegliches Blut in den Adern abgedrückt wurde.
    Wo zum Henker bin ich hier?
    Funk wagte es nicht, seinen Blick auch nur für den Bruchteil einer Sekunde von den knurrenden Rottweilern zu nehmen, als von irgendwo ein Pfiff ertönte. Gehorsam wie possierliche Schoßhündchen hechteten die stattlichen Vierbeiner davon. Funk hörte sie hinter seinem Rücken eine Treppe hinaufhetzten. Er wollte ihnen mit den Augen folgen, doch der Schmerz im Nacken hielt ihn davon ab. Verstört blickte Funk sich im Radius des Möglichen um. Ein verstaubtes Wandregal, in dem allerlei Einmachgläser und Flaschen mit der Aufschrift »Chloroform« standen. Heruntergebrannte Kerzen. Ein Spiegel mit schwarzen Kreuzen. Ein Campingtisch, der blutverschmiert war.
    Jeder Muskel in Funks Körper verkrampfte sich.Er schloss die Augen, wollte nicht wahrhaben, was er gesehen hatte. Sekunden später riss er sie wieder auf. Doch alles um ihn herum war unverändert. War erschreckend real. Und er, Sascha Leonard Funk, saß noch immer vollkommen nackt in dieser stickigen Kammer. Immer wieder ging er im Kopf die Ereignisse der vergangenen Nacht auf dem Spielplatz durch. Die Schläge mit der schweren Stabtaschenlampe, von denen er jeden einzelnen noch immer spürte. Die nicht enden wollende Fahrt im Laderaum des Lieferwagens, bevor ihm der scharfe Gestank von Chloroform gänzlich das Bewusstsein geraubt hatte.
    Und dann? Was war dann geschehen?
    Noch einmal bemühte er sich, der Gestalt im Container ein Gesicht zu geben. Doch da war nichts als ein großes Fragezeichen. Totales Blackout. Lädiert ließ Funk den Kopf hängen und blickte in eine Kammer hinter einer halb zertrümmerten Wand aus Brettern und Stacheldraht, als sein Herzschlag kurzzeitig aussetzte.
    Ein rosafarbener Kinderrucksack. Lunas Barbie-Rucksack!
    Funk schreckte auf, als er plötzlich eine kräftige Hand auf seiner Schulter spürte. Er hielt den Atem an. Das Blut schoss ihm durch den Kopf, während ein kräftig gebauter Mann in einem schmutzigen, durchgeschwitzten Unterhemd langsam um ihn herumtrat und ihn aus wässrig grünen Augen angrinste.
    »ZumTeufel, Mann, was soll das Ganze? Sind Sie irgend so ’n scheiß Irrer?«
    Mach schon, erinnere dich! Woher kennst du den Kerl …
    Nach und nach ordnete Sascha Funk die Konturen des Mannes einer flüchtigen Begegnung zu. Einer Begegnung, von der nicht einmal sicher war, ob sie überhaupt jemals stattgefunden hatte. Funk schluckte das Blut in seinem Mund herunter. »Verdammt! Wo bin ich hier?«
    Der Mann nahm seine schweißnasse Hand von Funks Schulter und streifte sie an seinem vorgewölbten Bauch ab. »In meinem Reich«, antwortete er in kindlichem Tonfall, der so gar nicht zu seiner Erscheinung passte. Und tief durch die Nase einatmend ergänzte er: »Oder besser gesagt – darunter. Im bescheidenen Keller unseres Bungalows«, erklärte er und biss sich sogleich auf die Zunge. »Meines Bungalows.«
    Funk verzerrte das Gesicht. »Sie sind also dieser scheiß Perverse – der, der die Kinder entführt hat.«
    Für einen kurzen Moment funkelte Stolz in den Augen des Mannes, bevor er mit einem Kopfschütteln enttäuscht verneinte.
    »Sie krankes Schwein! Was haben Sie mit mir vor? Und was haben Sie mit Luna und den anderen Kindern gemacht?«, kläffte Funk und blickte sich ein weiteres Mal verängstigt nach Lunas Barbie-Rucksack um. Nach dem blutverschmierten Tisch.Nach den schwarzen Kreuzen. »Ich weiß, dass Sie Luna haben! Und – ist sie schon tot, hä?«
    Wieder ein Kopfschütteln.
    »So eine abartige Scheiße! Ich glaub Ihnen kein Wort!«, kreischte Funk, so dass ihm die Halsadern hervortraten. »Na los, sagen Sie schon: Wie viele Kinder haben Sie auf Ihrem verfluchten Gewissen, Mann?« Seine Unterlippe zitterte.
    »Kein einziges«, entgegnete der Mann gleichmütig. Oder enttäuscht? Funk

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