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Die Spur der Kinder

Titel: Die Spur der Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Winter
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wusste es nicht.
    Und mit fast weinerlichem Unterton fügte der Mann hinzu: »Ich darf sie nicht anrühren, niemand sonst darf sie anrühren.«
    »Niemand sonst außer wem?«
    Der Mann hob seinen Blick und sah abwesend durch Sascha Funk hindurch.
    »Verdammt! Außer wem ? Sagen Sie schon! Wer ist noch dabei?«, krächzte Funk. Er wurde das Gefühl nicht los, dass Luna García irgendwo in diesem Keller festgehalten wurde. Doch ganz gleich, wie oft er sich wiederholte, aus dem Mann war nichts herauszubekommen.
    »Die Kinderchen gehen mich nichts an«, sagte er trotzig und klang wie ein Junge, der beim Fußballspielen auf der Ersatzbank sitzen muss.
    »Scheiße, Mann«, wisperte Funk, »ich glaube, Sie sind eins von diesen armen Schweinen, bei denen es der Onkel früher etwas zu gut gemeint hat, was? Dieser ganze Bullshit läuft doch echt immer gleichab! Haben Sie auch Tiere gequält, bevor Sie gemerkt haben, dass es mit Menschen mehr Spaß macht?«
    »Halt’s Maul!«, schrie der Mann und drehte sich nach dem Wandregal um.
    Funk spähte erneut auf die Chloroformflaschen im obersten Fach des Regals.
    »Ich mach ja immer nur den Dreck weg«, murmelte der Mann.
    »Den Dreck?«, echote Funk mit kehliger Stimme.
    »Ja, den Abschaum … beschissene Störenfriede oder miese kleine Schnüffler wie dich!«
    Funk schluckte, während der Mann sich nachdenklich am Hinterkopf kratzte. Sein rechtes Auge zuckte nervös. »Da war dieser Förster damals«, sagte er, verzog angeekelt das Gesicht und deutete mit den Händen einen Vollbart in Höhe seiner Wangen an. »Der … der hatte diesen Bart.« Er schüttelte sich, als sei jener Bart mit einer traurigen Erinnerung verknüpft, die er um jeden Preis abschütteln wollte. Dann lachte er auf einmal wieder wie ein Kind auf. »War ’n echt harter Brocken, hat noch ewig gezappelt.«
    Beiläufig griff er nach dem Glas Rasierklingen im Regal. »Und dann waren da noch die beiden neugierigen Pfadfinder«, gestand er schmunzelnd, wie jemand, der eine Jugendsünde ausplauderte. »Und dann gab’s da natürlich noch die Tussi neulich.«Er schnalzte, während er das Einmachglas mit den Rasierklingen aufschraubte. »Meine Eltern zahlen jede Summe, wenn Sie mich nur gehenlassen«, äffte er eine junge Frauenstimme nach, während er die Rasierklingen auf dem Campingtisch ausschüttete. »Ts, selbst schuld. Rennt durch den Wald und spaziert hier einfach so rein. Ich meine, einfach so …«
    Durch den Wald. In Gedanken schlug Funk eine Umgebungskarte von Berlin auf, als sich ihm der Mann erneut zuwandte.
    »Und weißt du was?« Er beugte sich zu Funk herunter. »Die Fotze hat gequiekt wie ’n Schwein.«
    »Sadistisches Arschloch!«, schrie Funk und spuckte ihm ins Gesicht.
    Teilnahmslos wischte der Mann sich mit dem Handrücken die Spucke ab. Und wieder war da dieses nervöse Zucken am rechten Auge, als seine Mundwinkel zu einem abschätzigen Lachen hochschossen. Er keuchte und hielt sich vor Lachen den rundlichen Bauch. Dann ging er plötzlich auf Funk los.
    Die Rasierklinge traf Funk an der Wange. Sofort durchfuhr ihn ein heftiges Brennen. Das Blut tropfte ihm auf die nackte, behaarte Brust. Schwankend hob er seinen Blick. »Sie werden mich töten, hab ich recht?«
    Der Mann sah ihn an, als beleidige ihn die Frage. »Aber sicher«, antwortete er mit einer Selbstverständlichkeit,bei der sich Funk die Nackenhaare aufstellten.
    Kalter Schweiß perlte auf Funks Stirn, und erst jetzt bemerkte er, dass er am ganzen Körper zitterte und entsetzlich fror. »Und wie werden Sie mich töten?« Seine Stimme bekam einen brüchigen Unterton.
    »Kostprobe gefällig?«, fragte der Mann und sprang, euphorisch in die Hände klatschend, um Funk herum, als fiebere er dem Höhepunkt einer Zirkusnummer entgegen. Dann beugte er sich zu Funk herunter und zeigte stolz auf eine winzige Kamera auf dem Wandregal.
    Schlagartig wurde Funk übel.
    Sein Tod würde gefilmt.
    Als der Mann im hinteren Teil der Kammer einen Haufen filziger Wolldecken beiseiteräumte, kam ein veralteter Fernseher zum Vorschein, in dem Funk sich selbst nackt auf dem Stuhl gefesselt sah. »Danke, aber ich verzichte auf Ihre beschissene Vorführung«, raunte Funk und spuckte auf den Boden.
    Wieder war da dieses Zucken am rechten Auge des Mannes. »Na gut. Wie du willst.« Zornig und enttäuscht zugleich wandte er sich wieder dem Campingtisch zu. Augenblicke später hatte er eine neue Klinge in der Hand und kam direkt auf Funk zu.
    »Okay, schon gut,

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