Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
an eine Sache aus dem Krieg erinnert, die ich dir erzählen will.«
Justine schloss das Jahrbuch und blickte auf ihre Uhr. »Mist, ich muss los. Ich treffe mich in zwanzig Minuten mit Christine auf der Melrose Avenue. Wenn ich nicht da bin, haut sie ab. Komm doch einfach mit. Wir können unterwegs im Wagen reden.«
»Nein, fahr ruhig«, sagte ich. »Das hier kann warten. Ehrlich. Tommy geht’s gut. Mir geht’s gut.«
Justine ließ ihre Aktentasche zuschnappen und griff zu ihrer Handtasche. Sie erhob sich und legte eine Hand auf meine Schulter. Unsere Blicke trafen sich. Sie lächelte, und eine Sekunde lang dachte ich, sie würde sich zu einem Kuss herunterbeugen . Tat sie aber nicht.
»Wünsch mir Glück. Das werde ich bei diesem Mädchen brauchen«, sagte sie.
Also wünschte ich ihr Glück. Sie sagte, wir würden uns später sehen. Ich blickte ihr durchs Fenster hinterher, wie sie die Straße entlang zu ihrem Wagen ging und mich einfach sitzen ließ.
Du hast es ja nicht anders verdient, Jack, sagte ich mir.
89
Justine hatte tagelang zwischen blindem Optimismus und feiger Verzweiflung geschwankt. Wenn sie den E-Mails, die Sci und Mo-bot auf Jason Pilsers Rechner gefunden hatten, vertrauen konnte, würden die Street Freeks in wenigen Tagen einen weiteren Mord begehen. Sie würde die Typen irgendwie aufhalten müssen.
Sie konnte sich das Ziel ganz gut vorstellen: ein jugendliches, entweder großspuriges oder naives Mädchen, das sich aber in jedem Fall leicht zu einem arglosen, möglicherweise tödlich endenden Treffen überreden lassen würde.
Wenn Justine darüber nachdachte, bekam sie Kopfschmerzen. Sie hatte das Gefühl, dem Mörder so nahe zu sein, doch sie wusste, dass sie auch scheitern konnte.
Andererseits war Christine Castiglia eine nützliche Quelle. Mit etwas Glück und Verstand würde sie Private helfen, den Mördern noch vor Montag auf die Spur zu kommen, bevor ein weiteres Mädchen sterben musste.
Justine parkte auf dem viel befahrenen Teil der Melrose Avenue, wo sie sich mit Christine treffen wollte. Sie war zehn Minuten zu früh.
Es herrschte starker Verkehr, der die Luft verpestete. Justine drehte die Klimaanlage hoch, dann nahm sie ihren BlackBerry aus der Handtasche und legte ihn aufs Armaturenbrett. Unter den Jugendlichen, die sich in Gruppen oder allein auf dem Bürgersteig herumtrieben, konnte sie Christine nicht entdecken.
Um zwölf Uhr mittags machte sich Justine langsam Sorgen. Christine hatte sich über ihre Mutter hinweggesetzt, um dieses Treffen zu ermöglichen. Das war mutig von ihr gewesen. Hatte sie jetzt ihre Meinung geändert? Oder war ihr etwas zugestoßen?
Um Viertel nach zwölf war sich Justine sicher.
Um halb eins rief sie bei Private an und hörte ihren Anrufbeantworter ab. Keine Nachricht von Christine.
Justine warf das Telefon zurück aufs Armaturenbrett. Ihre Kopfschmerzen legten sich wie ein Spinnennetz über beide Hälften ihres Hirns.
Sie würde so gerne mit Jack reden. Doch es war gefährlich, ihn außerhalb des Büros zu treffen. Mit ihm im Rose Kaffee zu trinken hatte alte Gefühle hervorgezerrt, hatte sie nachdenklich und sentimental wegen dem gemacht, was sie einmal miteinander gehabt hatten.
Sie waren beide in der Vergangenheit dumm gewesen. Sie für ihren Teil hatte gedacht, sie könnte ihn öffnen und dazu bringen, ihr seine Gefühle mitzuteilen. Doch er konnte sich offensichtlich nicht auf diese Art von Vertrautheit einlassen, und Justine kam nicht ohne aus.
Sie hatte ihm einen Becher mit einem lächelnden Gesicht und dem Spruch »Mir geht’s gut. Echt. Und dir?« gekauft. Jack hatte gelacht und den Becher auch benutzt, hielt aber große Teile von sich immer noch vor ihr geheim. Er sah keinen Sinn darin, über sein Inneres zu sprechen. Er schien es nicht zu brauchen.
Jack war großartig, und das wusste er. Frauen schmeichelten ihm, warfen ihr Haar zurück, berührten ihn am Arm, gaben ihm ihre Telefonnummer. Jack war immer bescheiden, was sein Aussehen betraf, wahrscheinlich, weil er es sich leisten konnte.
Sie und Jack hatten sich zerstritten, sich wieder versöhnt, sich wieder zerstritten, und als sie sich das dritte oder vierte Mal getrennt hatten, hatte Jack mit einer Schauspielerin geschlafen. Daraufhin hatten sie und Bobby Petino eine erinnerungswürdige Nacht verbracht, in der jeder seine eigene sexuelle Spannung entladen hatte. Das hatte Jack herausgefunden. Klar, denn Jack kannte von jedem die Geheimnisse.
Sie und Jack waren wieder
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