Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
auf dem Wilshire Boulevard in der Nähe der Fairfax Avenue. Wir haben’s jetzt zwanzig vor elf, er müsste also dort sein.«
Nora trat das Gaspedal durch und fuhr den Wilshire Boulevard hinunter. Nach einer Viertelstunde erreichten sie Crockers Büro. Sie und Justine betraten die unterkühlte Eingangshalle, in der eine scheunengroße, schwungvolle Plastik von Frank Stella stand.
Nora zeigte der hauchdünnen Empfangsdame an dem langen, grünen Marmorschalter im zweiten Stock ihre Dienstmarke und fragte nach Rudolph Crocker.
»Mr. Crocker ist heute nicht hier«, antwortete die Dame. »Er hat Urlaub.«
»Scheiße!« Nora haute mit der Faust auf den Tisch.
Die beiden fuhren zu Crocker nach Hause. »Wenn er nicht da ist, warten wir wie das letzte Mal auf ihn«, schlug Nora vor.
»Oder geben Sie doch eine Fahndung nach seinem stinkenden Minivan raus.«
»Fein, gute Idee, Justine.« Nora gab der Einsatzleitung alles durch, was sie wissen musste: Crockers Namen und den Fahrzeugtyp, ein neueres Modell eines blauen Toyota Sienna Minivan. Sie ließ den Wagen zur Fahndung ausschreiben. »Wir müssen diesen Wagen finden«, drängte sie. »Wir brauchen ihn in Zusammenhang mit den Schulmädchenmorden.«
Nora beendete das Gespräch. »Halten Sie die Augen offen«, forderte sie Justine auf. »Er wird nahe bei seinem Wohnhaus parken.«
Doch der blaue Van war nirgends zu sehen, und der Portier berichtete, dass Crocker das Haus bereits gegen sieben Uhr verlassen hatte, und nein, er habe keine Ahnung, wann Crocker zurück sein könnte.
Nora und Justine machten es sich im Auto gegenüber von Crockers Wohnhaus bequem. Nora verfiel wieder in ihr »Alles Scheiße«-Lamento. Mehr als vier Stunden später erhielt sie einen Anruf von der Einsatzleitung.
»Lieutenant, dieser blaue Sienna Van befindet sich in Silver Lake. Er wurde zuletzt Richtung Norden auf der Alvarado Street gesehen. Unser Einsatzfahrzeug fuhr Richtung Süden und hat das gesuchte Fahrzeug beim Wenden verloren.«
»Weisen Sie alle Einsatzfahrzeuge an, nach diesem Van zu suchen, Sergeant«, bellte Nora. »Der Fahrer soll unter egal welchem Vorwand festgehalten werden, bis ich eintreffe. Der Verdächtige könnte bewaffnet und gefährlich ein. Er ist unser Hauptverdächtiger in einer Mordserie.«
1 08
»Jack«, sagte Mo-bot mit einer für sie ungewöhnlich zahmen Stimme, »ich will das hier nur noch mal klarstellen: Von keinem dieser Menschen kennen wir den richtigen Namen.«
Es war fast halb fünf an diesem Montagnachmittag. Ich saß in einem unserer Firmenwagen, Cruz neben mir, und telefonierte mit Mo-bot im Büro. Ich schaltete den Lautsprecher ein, damit Emilio mithören konnte.
»Morbid schreibt sich Nachrichten mit der unbekannten Zielperson Lady D«, berichtete Mo-bot. »Und zwar unter dem Namen einer Freundin, den er aus ihrem Handy gefischt hat.«
»Uff.«
»Morbid hat gerade geschrieben: ›Ich muss dir was Wichtiges sagen. Kannst du zum Slommo’s kommen?‹«
»Was ist das Slommo’s?«, fragte ich Mo.
»Kenne ich«, meldete sich Cruz zu Wort. »Zeitungskiosk auf der Vermont.«
»Lady D hat zurückgeschrieben«, meldete sich Mo wieder zu Wort. »›Kann nicht. Muss heute Abend kochen. Bin beim Einkaufen.‹ Morbid schreibt zurück: ›Ist megawichtig. Muss dich im Laden treffen.‹«
»Was für ein Laden?«, drängte ich.
»Jack, du weißt alles, was ich weiß. Äh, oh, die Zielperson schreibt: ›Ok. In 15Min.‹ Sie hat den Anruf unterbrochen.«
»Hast du einen Standort, Mo? Von einem der beiden?«
»Morbid ist auf der Montrose Street Richtung Glendale Boulevard. Mehr kann ich nicht ausmachen. Moment, Morbids Signal bewegt sich Richtung Norden. Jack, er hat auf dem Glendale angehalten. Entweder an einer roten Ampel, oder… nein, der Geschwindigkeit nach geht er zu Fuß.«
Cruz knackte wie besessen mit den Fingerknöcheln. »Auf dem Glendale gibt’s einen Ralph’s Supermarket. Wie sieht der Kerl aus?«
»Justine sagte, er sei weiß und dünn. Anfang zwanzig.«
»Wir sind auf dem Weg«, sagte ich zu Mo-bot. Ich hatte das Gefühl, mich wieder in einem Kampfeinsatz zu befinden, als bekäme ich eine zweite Chance, alles wiedergutzumachen.
1 09
Eamon Fitzhugh alias Morbid entdeckte Graciella Gomez vor Ralph’s Supermarket. Sie war hübsch, trug Jeansshorts und eins dieser Baby-Doll-Oberteile in Rosa. Fitzhugh ging über den Parkplatz auf sie zu, die Hände in den Taschen vergraben, den Kopf gesenkt. Sein Haar bedeckte seine Augen, die vor
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