Die Spur der Schuld - Private L.A.: Thriller (German Edition)
ein Angebot zum Selbstmord durch einen Polizisten?
Das würde Justine nicht zulassen. Auf keinen Fall.
Justine ging zu Noras Wagen und nahm den ausziehbaren Schlagstock aus der Ablage. Mit diesem kehrte sie zu Nora zurück, die ihre Waffe mit beiden Händen umklammert hielt, die Mündung auf der Fahrerseite durch die geschlossene Scheibe auf Crocker gerichtet.
»Aussteigen«, rief Nora ihm erneut zu. »Ich sage das zum letzten Mal. Steigen Sie aus und halten Sie Ihre Hände so, dass ich sie sehen kann.«
»Ich bin nicht bewaffnet«, rief Crocker zurück. »Ich glaube nicht, dass Sie mich erschießen werden.«
Justine wusste, dass sie von ihrer Wut geleitet wurde, doch das war ihr egal. Mit einem Ruck und einem Geräusch, als würde sie eine Waffe laden, schwang sie den Schlagstock nach unten und fuhr ihn von fünfzehn auf vierzig Zentimeter aus.
»Gehen Sie in Deckung, Nora«, forderte Justine sie auf.
Den Schlagstock wie einen Baseballschläger haltend, hieb sie gegen die Scheibe auf der Fahrerseite des Sienna. Crocker duckte sich zu spät. Glas splitterte.
Justine holte aus und schlug noch einmal gegen die Sch eib e.
Nora starrte Justine mit offenem Mund an, schob aber schließlich ihre Hand durch das kaputte Fenster und entriegelte die Tür. Nachdem sie die Waffe in den Halfter geschoben hatte, zerrte sie Crocker aus dem Wagen und drückte ihn zu Boden.
Rundum richteten die Polizisten ihre Waffen auf den schlaksigen jungen Mann. »Auf den Bauch legen und Hände an den Kopf«, bellte Nora. Blut lief an Crockers Gesicht hinab.
Justine wurde plötzlich von Angst gepackt. Wenn sie fa lschlagen mit Crocker, würden Köpfe rollen. Crocker würde die Stadt wegen irrtümlicher Verhaftung, Polizeibrutalität sowie Angriff auf seine Person und sein Eigentum verklagen. Gleichzeitig würde er sie persönlich verklagen und, weil sie nicht reich war, die Klage auf Private ausdehnen.
Doch im Moment war ihr das alles egal. Nur dieser eiskalte Mörder zählte, der hier ausgestreckt auf dem Boden lag.
»Rudolph Crocker, wir verhaften Sie wegen Behinderung der Polizeiarbeit«, sagte Nora.
»Ich habe nichts und niemanden behindert. Ich saß in meinem Wagen und habe mich um meine eigenen Sachen gekümmert.«
»Heben Sie sich das für den Richter auf«, erwiderte Nora.
»Mann, Sie werden ganz schön alt aussehen«, feixte Crocker.
1 1 1
Cruz und ich trafen nur wenige Minuten nach Justines Anruf ein. Auf der vierspurigen Straße fuhren die Autos Stoßstange an Stoßstange. Verkehrspolizisten leiteten den Stoßverkehr um, die beiden Spuren Richtung Süden wurden von Streifenwagen blockiert.
Wir stiegen aus und gingen durch die Absperrung. Ich zählte acht Streifenwagen und zwanzig Uniformierte neben etlichen weiteren Polizisten um Nora Cronin, die ihren kleinen Fuß auf den Hals eines Mannes gesetzt hatte, der mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden lag. Cronin las ihm seine Rechte vor.
Justine stand ein paar Meter entfernt. Ihren Gesichtsausdruck hätte ich als verzückt beschreiben müssen. Sie würdigte Cruz und mich kaum eines Blickes, sondern behielt Cronin im Auge, die den Typen vom Boden hochzog und auf die Beine stellte.
»Ich will meinen Anwalt anrufen«, protestierte der bebrillte Typ.
»Sie können so viele Anwälte anrufen, wie Sie möchten, Arschloch«, schimpfte Nora.
Vier Polizisten kamen hinzu, warfen den Typen über die Motorhaube eines Streifenwagens und legten ihm auf seinem Rücken Handschellen an. Der Kerl sah nicht nur ungefährlich aus, sondern auch unbekümmert.
»Das ist Crocker?«, fragte ich Justine.
Sie sah zu mir auf. »Ja, das ist er. Hat er jemanden getötet? Ich weiß es nicht. Vielleicht besorgt uns jetzt jemand einen Haftbefehl, damit wir eine DNA -Probe nehmen können.«
Über uns tauchten die Hubschrauber der Nachrichtensender auf. Ein BMW , ein Ford und ein Van mit Satellitenantenne fuhren auf uns zu.
Polizeichef Michael Fescoe stieg aus dem Ford. Ich konnte nicht glauben, dass er bereits hier war.
Bezirksstaatsanwalt Bobby Petino stieg aus dem BMW .
Die beiden gingen aufeinander zu, unterhielten sich kurz und kamen zu uns.
Bobby blickte Justine an. »Was ist mit dir passiert?«, fragte er.
Sie sah an sich hinab. Blut zog sich vom Ellbogen zu ihrem Handgelenk. »Das stammt nicht von mir«, antwortete sie. »Das stammt von Crocker.«
Sie wurde feuerrot im Gesicht– aber warum?
Sie wandte sich von Bobby ab, als Fescoe zu mir sagte: »Was ist mit demjenigen, den Cruz
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