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Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi

Titel: Die Spur der Zugvoegel - Muensterlandkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kuhlmeyer
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solchen Momenten bedauerte sie, dass sie kein Paar geworden waren.
    Er knallte die Tasse auf den Tisch und sprang auf. »Na, los jetzt. Raff dich auf.«
    In anderen Momenten nicht.
    Das Haus, in dem Tobias Mensing wohnte, lag etwas zurückgesetzt von der Dülmener Straße. Der Anstrich war verwaschen und die Haustür hätte erneuert werden müssen, drinnen bellte ein Hund. Die Frau in dem Jogginganzug, der schon bessere Tage gesehen hatte, aber nicht viel bessere, ließ sie durch einen dunklen Flur, in dem es nach Pommes frites von vorgestern roch, in ein ebenso dunkles Wohnzimmer. Eine Stehlampe brannte in der Ecke, und der Fernseher lief. Irgendwo in der Wohnung bellte der Hund weiter.
    »Tobias«, schrie Frau Mensing, und Tobias erschien, nach­dem sie es zweimal mit zunehmender Lautstärke wiederholt hatte.
    Er war seiner Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Das fand wahrscheinlich auch der Optiker, denn beide trugen ähnliche und wenig vorteilhafte Brillen. Der Junge warf sich schmollend auf das Sofa. Julia befürchtete, es würde unter seinem Gewicht nachgeben.
    »Was haste wieder ausgefressen?«, herrschte die Mensing mit einer knappen Kopfbewegung in Conrad und Julias Richtung ihren Sohn an.
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Wieder Scheiße gebaut, was?«
    »Ich hab nichts gemacht.« Er verschränkte die Arme vor der Brust.
    Die Mensing riss den Kopf herum: »Was wollen Sie von ihm?«
    »Tobias erpresst mit zwei Freunden von anderen Schülern Taschengeld.«
    Conrad war wie Julia nahe der Tür stehen geblieben. Ein guter Platz in dem engen Raum, der dringend hätte gelüftet werden müssen. Es hätte noch die Möglichkeit gegeben, sich zu setzen, aber davon hatte Julia wegen der hygienischen Bedingungen keinen Gebrauch gemacht.
    »Stimmt das, Tobi?« Ihr Kopf schwang wieder herum, und sie kniff die Augen hinter den Brillengläsern zusammen.
    »Wir machen gar nichts«, schmollte der Junge und wischte sich die Hände an der deutlich zu engen Hose ab.
    »Ich habe euch dabei gesehen, Tobias. Abstreiten hilft jetzt gerade nichts.«
    »Sach ma, spinnst du? Warte nur, wenn dein Vater …« Das Gesicht der Mensing rötete sich bedrohlich.
    »Wer sind die anderen beiden? Und wo sind sie?«, schnitt Conrad ihr das Wort ab. Er wollte eine Bestätigung von dem Jungen.
    »Ich verpfeife doch keinen.«
    »Wir können deine Lehrer …«
    »Oder Klassenkameraden …«, warf Julia ein.
    »… fragen, mit wem du zusammenhängst und wo deine Kumpels zu finden sind. Irgendwer sagt bestimmt was. Nicht alle halten die Klappe wie Rasid Chalid.«
    Tobias blies die Lippen auf. »Rasid, der Verstrahlte.«
    »Ist jetzt tot.«
    Nur der Hund bellte. Die Luft stand. Frau Mensings Keuchen brach die Stille zuerst.
    »Das wollen Sie doch wohl nicht meinem Tobias anhängen?«
    »Von anhängen kann keine Rede sein. Wir ermitteln. Und wie wir erfahren haben, schlagen die Jungs auch schon mal zu. Stimmt’s Tobias? So wie am Sonntag, oder?«
    Gleichzeitig schnellten Mutter und Sohn von ihren Plätzen. Im Zimmer wurde es eng.
    »Ich war das nicht«, brüllte der Junge, sein Doppelkinn vibrierte vor Zorn.
    »Halt die Schnauze, Tobias«, brüllte die Mutter. »Und Sie …« Sie piekte mit dem Finger ins Leere und hielt ihn zitternd in der Luft. Dann klappte sie den Mund auf und zu und setzte sich wieder. »Er ist ein guter Junge«, sagte sie zum Tisch, auf dem ein voller Aschenbecher stand.
    »Kannst du mal den Hund abstellen?«, fragte Tobias. »Ich tu niemandem was. Henrik sagt immer …«
    »Henrik, wer?«
    »Henrik Reichert.« Die Ungeduld war ihm anzusehen. »Er sagt immer, dass ich sonst draußen bin. Ich will das gar nicht.«
    »Ich sag ja, Tobias ist ein guter Junge. Er will das nicht. Heute hat er mir sogar die Flaschen weggebracht«, jammerte die Mensing.
    »Wo finden wir Henrik Reichert und wo den dritten im Bunde?«
    Tobias krachte wieder auf das Sofa. »Ich bin kein Ver­räter.«
    »Hör mal, Tobias«, sagte Julia mit ihrer Ich-bin-die-liebe-Kindergartentante-Stimme und näherte sich dem Jungen so weit, dass sie seinen Schweiß roch. Zum Hinsetzen konnte sie sich nicht überwinden. »Ich verstehe gut, dass du zu deinen Freunden stehen willst. Aber Rasid ist an den Folgen der Schläge gestorben, die ihr ihm verpasst habt. Wer von euch ist dafür verantwortlich? Oder willst du allein vor Gericht stehen?«
    Er hob den Kopf und sah verwirrt aus. »Aber das ist doch schon zwei Wochen her. Wie kann er dann … gestorben sein? Er war

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