Die Spur des Boesen
und sein Vater beim Muskalunge-Eisfischen zu sehen waren« — seine Nasenflügel zitterten vor Ekel — »trug Officer Richardson immer die gleiche braune Dienstkrawatte.«
»Kann ich jetzt gehen?«
Molina sah ihn entschuldigend an. »Ich bin sicher, Sie verstehen, in was für einer Zwickmühle ich stecke. Einerseits bin ich verpflichtet, dem Haftbefehl aus Wisconsin nachzukommen. Andererseits bin ich mir ziemlich sicher, dass Sie nicht der Verbrecher sind. Zumindest nicht in der Weise, wieman sich das in Wisconsin denkt.« Wieder breitete er resigniert die Arme aus. »Für so einen alten Fall brauche ich meine Ressourcen nicht zu verschwenden. Ich muss mich um meinen eigenen Kram kümmern. Was also tun?«
Molina schob den Stuhl zurück und stand auf. »Ich habe getan, was ich immer tue. Ich bin rückwärts gefahren. Ich bin die Sache einfach statt kompliziert angegangen. Wenn Sie mir Kreise im Feld zeigen, denke ich an bekiffte Kinder, nicht an Außerirdische. Ich tue, was ich bin. Also gut... ich habe in Wisconsin angerufen. Wollte mit dem Gerichtsmediziner reden, der den Fall bearbeitet.« Er schüttelte missbilligend den Kopf. »Hat sich rausgestellt, dass sie da draußen eigentlich keinen Gerichtsmediziner haben. Wenn sie jemanden mit einer Kugel im Kopf finden, nehmen sie an, dass er an einem Kopfschuss gestorben ist. Tja, was soll ich sagen? Es stellt sich raus, dass der Kerl, mit dem ich geredet habe, der Leichenbestatter ist. Egal... ich dachte mir jedenfalls, dass der Tote irgendwie am Hinterkopf verletzt sein müsste, wenn die Sache sich so zugetragen hat, wie Sie erzählt haben. Sofern er noch einen Hinterkopf hatte.« Er fuhr mit der Hand durch die Luft. »Auf der Suchmeldung stand nur, dass man ihm mit der eigenen Waffe in den Kopf geschossen hatte. Ich meine, das konnte doch alles heißen.«
»Und?«
»Und unser Freund, der Leichenbestatter, hat am Hinterkopf des Opfers eine Beule in der Größe eines Tennisballs entdeckt. Ein ausgewachsenes Hämatom. Seiner Meinung nach müsste das entstanden sein, als das Opfer nach dem Schuss auf dem Boden aufschlug.« Molina rieb sich die Hände. »Sie haben uns ein paar Bilder gefaxt. Habe sie einem forensischen Pathologen aus Quantico gezeigt.«
»Und?«
»Einiges. Zunächst war der Einschusswinkel komisch. Die Kugel ist unterhalb seines Kinns eingetreten und hat in seinem Schädel ordentlich rumgewühlt. Quantico sagt, eine solche Wunde bekommt man, wenn man mit jemandem um eine Waffe kämpft und sie losgeht. Aber das Hämatom... das ist was ganz anderes.« Er begann auf und ab zu gehen. »Schauen Sie... Quantico sagt, es muss einen zeitlichen Abstand zwischen dem Moment gegeben haben, in dem das Opfer mit dem Kopf auf dem Boden aufgeschlagen ist, und dem, als ihm jemand das Gehirn weggepustet und die Krawatte gestohlen hat. Zwanzig Minuten mindestens. Wahrscheinlich eher dreißig. Wenn nämlich das Herz aufgehört hätte, Blut zu pumpen, hätte am Hinterkopf des Mannes kein Hämatom in dieser Größe entstehen können. Bis hierhin alles klar?«
Corso bejahte. »Dann haben wir jetzt also ein echtes Problem«, fuhr Molina fort. »Ich weiß ziemlich genau, dass Sie nicht der Täter sind, aber mir fällt kein Grund ein, warum ich Ihnen hier raushelfen sollte. Ja, klar... Sie haben uns Ihre Version der Geschichte in weniger als fünfzig Worten geliefert. Dann haben Sie sechs Stunden lang mit unseren Agenten gespielt, während Ihre Freundin nebenan noch nicht einmal zugeben wollte, dass sie in Wahrheit Dougherty heißt. Warum sollte ich angesichts dieser Art von Kooperationsbereitschaft also von meinem Weg abweichen und für Sie die Kartoffeln aus dem Feuer holen?«
»Sie verwenden eine Menge Metaphern mit Essen«, stellte Corso fest. »Ist Ihnen das schon mal aufgefallen?«
»Ich bin Italiener«, erwiderte Molina mit einem Achselzucken.
»Was wollen Sie?«, fragte Corso.
Molina beugte sich nach unten und griff zu seinem Akten-koffer. Legte ihn auf den Tisch und öffnete den Deckel. Und achtete dabei darauf, Corso anzublicken, als der Packen auf dem Tisch landete. Mary Ann Moodys Zeichnungen. »Möchten Sie mir davon erzählen?«, fragte er.
»Jetzt bin ich derjenige, der sich fragt, warum er Ihnen helfen soll«, sagte Corso.
Molina lächelte. »Weil Sie, Mr. Corso, eine Menge Leute vor den Kopf gestoßen haben. Wir treffen Sie mit einer Tasche voller falscher Dokumente an — Dokumente, die die Integrität aller bekannten Datenbanken einschließlich
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