Die Spur des Drachen
haben, ihn als Waffe gegen Amerika zu benutzen.«
Ben überflog die Karten eine nach der anderen, während sie durch den Libanon in Richtung Westbank fuhren. »Diese Karten hier zeigen die Verteilung der Käfer in Relation zu Ort und Menge der freigesetzten Insekten. Mathematische Formeln, aufgeschlüsselt in zurückgelegten Entfernungen und Zeitsequenzen. Alles auf Gegenden konzentriert, in denen viel angebaut wird. Der mittlere Westen, Florida, Kalifornien …«
»Zwei bis drei Dutzend voneinander unabhängige Aussetzpunkte, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen«, erklärte Danielle weiter. »Mein Gott, die sowjetischen Wissenschaftler haben das bis ins Kleinste ausgerechnet, auf Minute und Kilometer genau.«
»Sie müssen die amerikanische Regierung informieren«, sagte Ben zu al-Asi.
»Und was sollen wir sagen, Inspector? Dass afrikanische Revolutionäre die Nahrungsvorräte ihres Landes zerstören werden? Dass sie in der Lage sind, das reichste Land der Welt für das nächste Jahrzehnt ökonomisch zum Krüppel zu machen?« Der Colonel schüttelte den Kopf. »Ich bin jetzt ein Ausgestoßener. Meine Kontakte sind dahin und mit ihnen meine Glaubwürdigkeit.«
»Dann legen Sie die Beweise vor«, meinte Ben und wedelte mit den Diagrammen, die Danielle ihm gegeben hatte.
»Relikte des Kalten Krieges«, fuhr al-Asi fort, und in seiner Stimme lag Sarkasmus. »Die Amerikaner hatten nie eine Botschaft in Palästina. Sie nehmen unseren Geheimdienstapparat nicht ernst. Ich habe nicht mehr die privaten Kanäle, die etwas bewirken könnten.«
Danielle dachte einen Moment nach. »Können Sie uns dorthin bringen?«
»In die Vereinigten Staaten?«
»Nein. Nach Sierra Leone.«
Indem sie kleinere Reparaturen jeweils an Ort und Stelle vornahmen, gelangten sie nach Jordanien, ins Dorf Wadi Musa in der Nähe von Petra.
»Ich habe noch immer ein paar Freunde in Amman«, sagte al-Asi, »die uns vielleicht helfen können.«
Sie checkten ins Mövenpick-Hotel ein und erstanden in einer Boutique in der Lobby neue Kleidung. Colonel al-Asi kaufte sich einen europäisch geschnittenen Anzug und verschwand ohne weitere Erklärung. Erst Stunden später tauchte er wieder auf.
»Ich habe mein Bestes getan«, berichtete er Ben und Danielle in der Suite, die sich die drei teilten. »Jordanien unterhält relativ gute diplomatische Beziehungen zu Sierra Leone. Agenten des hiesigen Geheimdienstes haben sich bereit erklärt, alles in ihrer Macht zu tun, Ihnen zu helfen, Präsident Kabbah zu erreichen.«
Ben und Danielle schauten einander an, verbissene Entschlossenheit im Blick.
»Sie werden innerhalb der nächsten zwei Stunden eine Geheimdienstakte über diese Latisse Matabu, auch bekannt als der Drache, in dieses Hotel schicken«, fuhr al-Asi fort. »Mein Kontaktmann hier in Jordanien hat mir bereits etwas über den Drachen mitgeteilt, das Sie vermutlich höchst interessant finden werden …«
NEUNTER TAG
88.
Für Ben und Danielle war die Reise zum Flughafen Lungi International in Sierra Leone, dreißig Meilen südlich von Freetown, aufreibend gewesen. Sie hatten lange Strecken hinter sich gebracht, angefangen mit einem Flug der South African Airlines von Jordaniens Hauptstadt Amman nach Johannesburg. Kurz nach zehn am selben Morgen waren sie dort eingetroffen und mussten zwei weitere Stunden auf ihren Anschlussflug der Air Gambia nach Sierra Leone warten.
Weder Danielle noch Ben hatten gewusst, dass der Flughafen in Lungi auf einer Insel lag, womit ein Fährtransport vom Terminal in Tagrin zum Kissy Terminal auf dem Festland, außerhalb von Freetown, erforderlich wurde. Vor dem Terminal warteten nur drei Taxen, und lediglich ein Fahrer war gewillt, sie nach Einbruch der Dunkelheit nach Freetown zu befördern – zu einem Preis, der fünfmal so hoch war wie auf dem Rücksitz angeschlagen.
Selbst die kurze Fahrt auf der Kissy Road ins Zentrum von Freetown, wo sich die Regierungsgebäude befanden, zeigte die unglaublichen Kontraste, die den Staat Sierra Leone ausmachten. Die Hauptstadt besaß einen romantischen, historischen Touch; zugleich lag eine bedrohlich Spannung in der Luft. Außerdem waren an den Straßenrändern immer wieder ausgebrannte Regierungsfahrzeuge zu sehen, die man zurückgelassen hatte, und die Trümmer eingestürzter Gebäude. Sie sahen keinen Hinweis auf irgendeinen Wiederaufbau, als hätte die Stadt aufgegeben und sich mit der Unvermeidbarkeit ihrer Zerstörung abgefunden.
Checkpoints, besetzt mit
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