Die Spur des Dschingis-Khan
blickten irre.
Noch einmal rief der Schanti: »Was ist?!«
»Es ist Winter geworden, Hoheit!«
Der Adjutant deutete nach den durch schwere Seidenvorhänge verhüllten Fenstern. Mit einem Ruck sprang der Regent auf und riß die Vorhänge auseinander. Ein schweres, dichtes Schneetreiben verdunkelte die Luft.
War das Natur? … Menschenwerk? … Dann …
Er wollte es schreien, als sein Blick auf den Adjutanten fiel, der stumm dastand. Im Augenblick hatte er sich wieder in der Gewalt.
»Was willst du? … Hast du noch keinen Schnee gesehen? … Fürchtest du dich vor Schneeflocken? … Geh!«
*
In einer Baumlaube des Garvinparks in Frisko saß Wellington Fox. Die Sonne war längst untergegangen. Vom Ozean her wehte eine kühle Brise. Fröstelnd schlug Fox den Kragen seines Jacketts in die Höhe.
»… Daß ich hier seit einer geschlagenen Stunde sitze und geduldig auf das Kommen eines kleinen Mädchens warte, hätte ich mir vor ein paar Monaten nicht träumen lassen …«
Ein leises Knirschen des Kiesweges ließ ihn aus seinem Träumen aufschrecken. Schnell warf er die Zigarre auf den Boden und trat mit der Schuhsohle darauf. Im nächsten Augenblick stand Helen Garwin vor der Laube. Sie schrie leise auf, als sie sich plötzlich an der Hand ergriffen fühlte und mit sanfter Gewalt in das Dunkel der Laube gezogen wurde.
»Komm, Helen. Das dichte Blätterdach schützt uns vor allen Späherblicken.«
Im Nu hatten starke Arme Helens Schulter umfaßt und eine Flut von Küssen verschloß ihren Mund …
»Jetzt ist es aber genug.« Atemlos klang die Stimme dicht an Wellingtons Ohr. Sie entwand sich Wellingtons Armen und begann, ihr verwirrtes Haar in Ordnung zu bringen.
»Schämen Sie sich, Sie schrecklicher Mensch.«
»Wann wollen wir nun heiraten?« war Wellingtons ganze Antwort.
»Heiraten? … Wir … heiraten?«
Helen trat entrüstet auf Fox zu, der sich auf der Bank niedergelassen hatte und mit einer Handbewegung Helen einlud, neben ihm Platz zu nehmen.
»Erstens will ich gar nicht heiraten … und zweitens nicht einen Mann wie Sie, den allerunhöflichsten Menschen, den ich je kennengelernt habe. Alle anderen Männer sind höflich und zuvorkommend zu mir. Besonders die, die mir Heiratsanträge gemacht haben.«
»Wenn du mich nicht heiraten willst, kleine Helen, warum hast du dich dann mit mir verlobt?«
»Verlobt?«
»Gewiß, Helen! Eine wohlerzogene junge Dame küßt keinen Mann, wenn sie nicht mit ihm verlobt ist. Und ist sie verlobt, muß sie ihn doch schließlich heiraten … klar?«
Einen Augenblick stand Helen wortlos.
»Ja … ja, das mag schon richtig sein. Aber wenn nun mein Vater nicht damit einverstanden ist, eine Abneigung gegen Sie hat und gar nicht mit sich reden läßt?
Ich bin deshalb heute zum letztenmal hierhergekommen … und will Ihnen sagen …«
»Daß du morgen abend um dieselbe Zeit hierher …«
»Herr Fox! Ich gehe jetzt und komme nicht wieder!«
»Gut!«
»Sie dürfen mir auch nicht mehr schreiben.«
»Gut!«
»Sie dürfen mich auch nicht so ansehen.«
»Gut … Noch etwas?«
»Nein!«
Helen raffte ihr Kleid zusammen und schickte sich an zu gehen.
Am Ausgang der Laube drehte sie sich nochmals um. »Adieu, Sie Ungeheuer … Sie, Sie …«
Mit drei Schritten stand sie vor Wellington Fox und hielt ihm die kleine geballte Faust vors Gesicht. Da fühlte sie sich plötzlich neben Fox sitzen und sein Mund verschloß den ihren. Erst nach geraumer Weile klang die Stimme Wellingtons wieder:
»Glaubst du wirklich, meine liebe kleine Helen, Wellington Fox ließe sich das Glück seines Lebens entgehen, weil ein alter, harter Mann ihn seines schmalen Beutels halber nicht für würdig hält? Ihn und alle seine Schätze mag der Teufel …«
»Wellington, es ist mein Vater.«
»Leider, Helen! Doch Geduld. Wir wollen sehen, wessen Schädel auf die Dauer der härtere ist.«
»Ach Wellington, du hoffst ihn zu zwingen? Dann werde ich nie im Leben die Deine werden.«
Tränen erstickten Helens Stimme. Weinend barg sie ihr Gesicht an Wellingtons Brust.
»Geduld, Geduld, kleine Helen! Ich weiß, wie man Leute vom Schlage deines Vaters auf seine Seite zwingt. Man muß etwas tun, was ihnen imponiert, was ihnen Respekt beibringt.
Noch einige Wochen. Dann ist die Saat reif, dann …« »Du sprichst so geheimnisvoll, Wellington, was meinst du?« »Nichts, kleine Helen. Doch noch eins, Liebste. Es könnte sein, daß ich morgen auf ein paar Tage verreisen müßte. Wünsche mit mir, daß
Weitere Kostenlose Bücher