Die Spur des Dschingis-Khan
Kubikmeter Wasser, die hier die Schale des Sees füllten, als fruchtbaren Regen nach Norden und Nordosten zu senden. In seiner ganzen Größe konnte er nicht ausgeführt werden, solange dem See die verstärkten Zuflüsse aus dem chinesischen Gebiet fehlten, dem Ilidreieck.
»Deine Einrichtung mit diesen Mückennetzen ist zweifellos ohne Tadel, Georg. Sieh nur, wie die Fenster schon davon bedeckt sind … Eine ganze Schicht … Ja … das heißt … auf diese Weise sehe ich ja nichts mehr … und um zu sehen bin ich doch hierhergekommen.
Heute nacht noch muß mein erster Bericht nach Chikago gehen. Die Manuskripte der Reden hast du mir ja schon zur Verfügung gestellt.«
»Hast du eskamotiert, mein Lieber«, warf Isenbrandt trocken ein.
»Fehlt mir nur noch die Kenntnis der Stätten, an denen sich alles abspielen wird … Aber by Jove, es ist wirklich kaum noch was zu sehen. Hol der Teufel die Mückenbrut!«
Isenbrandt griff nach einem Schalter und sprach von seinem Platz aus ein paar Worte. Fast im gleichen Moment hob sich das Schiff leicht von den Fluten ab. Während das Wasser noch von seinem Kiel tropfte, reckte es zwei weite Schwingen aus und strich wie ein gewaltiger Nachtvogel über die Seefläche. Schnell verjagte der frische Fahrwind die unwillkommenen Gäste. In freiem Ausblick konnte Wellington Fox den See und seine südlichen Ufer überschauen.
»Ein wunderbares Bild, Georg. Wie schade, daß das alles verschwinden muß! Schon morgen werden Nebel und Dämpfe verhüllen … Doch eins, Georg. Was ich bei unserer letzten Fahrt in der Steppe erlebte … Was ich in Peking sah … ist danach das alles hier noch notwendig?«
»Ich habe dich einen tiefen Blick in meine Karten tun lassen, alter Fox, weil ich deine Verschwiegenheit kenne … Deine Frage ist an sich berechtigt. Doch andere Gründe spielen mit, bewegen mich, das geschehen zu lassen, was morgen geschieht.«
Während Georg Isenbrandt sprach, schien alle Abspannung von ihm zu weichen. Er erhob sich und schritt in der Kabine hin und her.
»Das Programm für den morgigen Tag wurde früher erdacht als das, was du gesehen. Das Programm aufzugeben, wäre in doppelter Hinsicht verkehrt. So gut kommt die Gelegenheit nie wieder, die Augen des Mutterlandes Europa auf uns zu richten, die wir hier im Fernen Osten als Pioniere kämpfen. Gerade hier sollen die Herren Diplomaten sehen, wie wichtig die Ilifrage für uns ist. Und dann … mein letzter Trumpf muß bis zum letzten in meiner Hand bleiben. Ist der einmal ausgespielt, dann mag auch der See sein altes Aussehen wiedergewinnen!«
Während Georg Isenbrandt sprach, ging das Schiff wieder bis auf den Seespiegel hinab. In langsamer Fahrt näherte es sich einem gewaltigen, bojenartigen Körper, dessen massiger Rumpf sich silbergrau von den Fluten abhob.
Unheimlich wirkte der riesige Metallkörper an dieser Stelle. Wellington Fox sprach zuerst.
»Also hier schwimmt der Mörder des Sees.« Schon hatte er den photographischen Apparat gerichtet. Eine Leuchtkugel entschwebte seiner Hand, stieg empor und badete die Landschaft für den tausendsten Teil einer Sekunde in einer Überfülle ultravioletten Lichtes.
»Auch eskamotiert, mein lieber Georg! Nun weiter, zu der Strandkanzel hin, von der sie morgen die Leichenreden halten werden.«
Georg Isenbrandt lachte. »Deine Presse wird hier besser von dir bedient als damals in Peking. Übrigens, unter den Gästen ist auch Mr. Francis Garvin.«
»Nebst Tochter!«
»Ah, du weißt schon, schlauer Fuchs?«
»Verabredetermaßen.«
»Mit ihm oder der Tochter?«
»Wo denkst du hin. Der Alte verhält sich ablehnend.«
»Armer Fox!«
»Keine Bange um mich, Georg! Mit dem Alten werde ich fertig. Aber du? Hast du Nachricht über Maria?«
Die Züge Isenbrandts verfinsterten sich. Schweigend schüttelte er den Kopf.
Am steilen, schilffreien Südufer des Sees erhob sich, von mächtigen, blumengeschmückten Tribünen umflankt, die Kanzel für den Festtag. Die Flaggen aller europäischen Staaten und die Embleme der E. S. C. zierten den hochragenden Balkenbau.
Den größten Teil der Besucher stellten die Siedler aus den Kolonien der E. S. C. Zu Tausenden umbrandeten sie die Tribüne.
Weiter zurück Massen der alten Herren des Landes, der Kirgisen. Die Neugier trieb sie wohl hierher, doch ihre finsteren Gesichter verrieten, daß sie wenig Freude an dieser Feier hatten.
Um die elfte Stunde bestieg der Präsident der E. S. C. die Kanzel. Zehntausende lauschten aufmerksam
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