Die Spur des Dschingis-Khan
zusammen.
Der Redner war in höchster Gefahr. Da brach plötzlich aus einer anderen Ecke ein weißer Stoßtrupp durch. Noch ehe die Schwarzen an ihn herankonnten, war Wellington Fox von sehnigen, kräftigen Gestalten umringt, die alle das Abzeichen des Weißen Ordens trugen.
Minutenlang preßten die Parteien gegeneinander. Von beiden Seiten flogen wüste Schimpfreden. Wer würde mit Tätlichkeiten beginnen?
Collin Cameron hatte sich halb bewußt von der Strömung mitreißen lassen. Nur wenige Schritte trennten ihn von seinem Gegner. Das Auge Wellington Fox’ zeigte keine Überraschung. Er hielt den Wutblicken Collin Camerons mit lächelndem Gleichmut stand. In diesem Moment gelang es der Versammlungsleitung, rechts und links Saaltüren zu öffnen und die feindlichen Parteien langsam auseinanderzudrängen.
Kaum fühlte Wellington Fox die Hände frei, als er Collin Cameron höchst vergnüglich zuwinkte.
»Auf Wiedersehen ein andermal, Mr. Cameron. Die Gelegenheit war diesmal nicht günstig, um Ihnen von Karakorum und seinen Gästen zu erzählen. Ihre zweifellos berechtigte Neugierde wird bald befriedigt werden …«
Vom Pamir bis zum Altai und westwärts bis zum Uralgebirge brach es fast gleichzeitig los. Die alten Herren des Landes, die Kirgisen, rüttelten an ihrem Joch.
Vom Osten war der Ruf zu ihnen gedrungen. In jahrelanger Arbeit hatte die Irredenta die Saat reifen lassen.
Der erste Angriff ging gegen die technischen Anlagen. Hier wurden Kanäle zerstört und Schleusen geöffnet … dort Staudämme gesprengt … dort Brücken unterminiert und Wege ungangbar gemacht. Es fing als eine planmäßige Sabotage an.
Aber als die ersten Nachrichten kamen, daß auch Dynothermlager der Compagnie zum Brennen gebracht waren, da wußte man, daß es mehr als Sabotage war.
Die Siedler griffen zu ihren Verteidigungsmitteln. Die Polizeitruppen waren Tag und Nacht mobil. Wo sie hinkamen, schafften sie Ordnung. Sobald sie den Rücken kehrten, ging es wieder los.
Und es blieb nicht bei diesen Zerstörungsakten einzelner. Es kam zur regelrechten Bandenbildung in den Grenzgebieten. Die Ausrüstung und Organisation war dabei derartig, daß die fremde Unterstützung außer allem Zweifel war.
Sogar Flugzeuge standen den Banden zur Verfügung.
*
Kurz nach Sonnenaufgang kam der vom Baron von Löwen geführte Compagniekreuzer in das obere Amutal. Hier befanden sich gewaltige Stauanlagen, die das von den Bergen kommende Wasser auffingen und in einem Kanalsystem über das Siedlungsland im alten Turkmenengebiet verteilten.
Hier hatte die E. S. C. vor zwanzig Jahren ihre Arbeiten begonnen … richtiger gesagt, die alten Arbeiten der russischen Regierung in technisch viel vollkommenerer Weise fortgeführt. Dicht besiedelt war das Land hier. Lebenswichtig für das Gedeihen der Siedlung war das gute Funktionieren des Kanalsystems und der Stauanlage.
Georg Isenbrandt war seit Beginn des Aufstandes Tag und Nacht unterwegs. Der Kreuzer des Herrn von Löwen war seit Tagen sein ständiges Quartier. Als das Schiff jetzt an der großen Schleuse von Kula Kul niederging, kam sofort der Adjutant des Generals Bülow, der Hauptmann Averil Lowdale, an Bord, um Rapport abzustatten.
Mit gespanntem Interesse lauschte Isenbrandt dem Bericht des Offiziers. Erst in der vergangenen Nacht hatte es hier einen scharfen Kampf gegeben. Ein überraschend starkes Geschwader hatte nach Anbruch der Dunkelheit einen Angriff auf die Anlagen unternommen. Hauptmann Lowdale hatte ihn mit gutem Erfolg abgewehrt. Die Anlagen waren nur leicht beschädigt worden.
Der Hauptmann war mit seinem Bericht an Isenbrandt zu Ende.
»Sie haben recht, Herr Hauptmann! Es hat keinen Zweck, hier ständig große Kräfte zu binden. Es ist besser, das Übel bei der Wurzel zu fassen.
Ihre Meinung, daß die Angriffe über die gelbe Grenze herkommen, teile ich nicht. Sie mögen die Unternehmungen von dort aus unterstützen. Aber ich halte die Regierung von Peking für zu vorsichtig, sich eine derartige Blöße zu geben. Berichten Sie in diesem Sinne auch an den General. Er möchte die hiesigen Grenzgebiete durch eine schnelle Kreuzerflotte gründlich absuchen lassen. Es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn die Burschen nicht zu finden wären.«
Eine Viertelstunde später strich der Kreuzer in niedrigem Fluge langsam über die Kämme der Grenzgebirge. In der Zentrale stand Hauptmann Lowdale neben Isenbrandt und verfolgte an Hand der Karte und der Erklärungen Isenbrandts das
Weitere Kostenlose Bücher