Die Spur Des Feuers
Umständen entsprechend.«
»Dad macht sich Sorgen um dich. Er wollte dir gern helfen.«
Sie zuckte zusammen. »Wie denn? Indem er mich wieder in dieses Sanatorium steckt?«
Jason runzelte die Stirn. »Er dachte damals, es wäre das Beste für dich. Du hast dauernd halluziniert. Du brauchtest ärztliche Pflege.«
»Und mich in ein Sanatorium zu stecken war natürlich viel leichter, als das mit mir zusammen durchzustehen. Weißt du, wie oft er mich in dem ganzen Jahr besucht hat, das ich dort war? Zwei Mal. Wenn du mich nicht so oft besucht hättest, wäre ich mir vorgekommen wie eine Vollwaise.«
»Er hat sich unwohl gefühlt in deiner Gegenwart. Schon als kleines Mädchen warst du ziemlich aufsässig, und nachdem er dich ins Sanatorium eingeliefert hatte, warst du so wütend auf ihn, dass du überhaupt nicht mehr zu bändigen warst.«
»Ich war nicht verrückt. Ich hatte einfach nur ein paar Probleme. Er hätte mir Zeit lassen sollen, selbst damit zurechtzukommen.«
»Er hatte Angst, die Halluzinationen könnten eine Folge des Komas sein, in dem du als Kind gelegen hattest. Er fühlte sich verantwortlich.«
»Er hatte ein schlechtes Gewissen.«
»Du gibst ihm also doch die Schuld.«
»Vielleicht. Ich weiß es nicht. Ich will einfach nichts mehr mit ihm zu tun haben.« Sie wünschte, er würde aufhören, auf dem Thema herumzureiten. Wenn er sich einmal an etwas festgebissen hatte, konnte Jason ziemlich hartnäckig sein. Sie schaute ihn an und rang sich ein Lächeln ab. »Vielleicht solltest du dich lieber umziehen und mir helfen. Zu zweit kriegen wir das hier bis zum Abendessen fertig.«
»Ja, gleich«, erwiderte er ernst. Offenbar war er noch nicht fertig. »Die Ärzte haben dir doch wirklich geholfen. Vor allem der Psychiater, dieser Dr. Travis. Zwei Monate nachdem der deine Behandlung übernommen hatte, warst du draußen.
Vielleicht hat Dad also doch die richtige Entscheidung getroffen.«
Sie war entlassen worden, weil Michael Travis ihr gesagt hatte, was sie dem Krankenhauspersonal erzählen sollte, damit die sie für geheilt hielten. »Stimmt, ich gebe zu, dass Travis für meine Entlassung gesorgt hat. Über alles andere können wir uns weiter streiten.«
Jason schwieg einen Moment. »Was ich mich immer gefragt habe … Gibst du auch mir die Schuld?«
»In den ersten Wochen im Sanatorium ja, da hab ich dir auch die Schuld gegeben. Ich fühlte mich verraten. Aber dann begriff ich, dass du seine Entscheidung unterstützt hast, weil du mich liebst, und deine Liebe war mir zu wichtig, um sie über Bord zu werfen, bloß weil du einen Fehler gemacht hattest.«
»Es war kein Fehler. Du musst selbst zugeben, dass du jetzt gesund und normal bist.«
»Vollkommen normal.« So normal, wie sie je sein würde.
»Können wir das Thema jetzt beenden und einfach Lauras Gartenlaube streichen? Ich bin hergekommen, um euch zu besuchen, nicht um mir Vorträge halten zu lassen.«
Er nickte und wandte sich zum Gehen. »Tut mir Leid. Aber Dad ist einfach so ein netter Kerl. Ich finde, du verpasst was, wenn du dich so gegen ihn abschottest.«
Sie schaute ihm nach, als er den Rasen überquerte und ins Haus ging. Es war nur natürlich, dass Jason dachte, sie würde zu kurz kommen. Die zwei Jahre, die sie nach dem Tod ihrer Mutter im Koma gelegen hatte, war er mit ihrem Vater allein gewesen, und die Tatsache, dass Kerry sich von der Welt zurückgezogen hatte, hatte Vater und Sohn noch enger zusammengeschweißt. Dann, nachdem sie das Bewusstsein wiedererlangt hatte, war sie noch eine ganze Weile in einem Rehabilitationszentrum untergebracht gewesen. Jason war zehn Jahre älter als Kerry und stark geprägt durch seine Zeit mit seinem Vater. Später waren sie beide auf privaten Internaten gewesen und hatten die Ferien bei ihrer Tante Marguerite in Macon verbracht. Kerry konnte sich nur schwach an die wenigen Besuche erinnern, die ihr Vater ihnen in all den Jahren abgestattet hatte. Er war charmant, charismatisch und lustig gewesen, solange Jason dabei war. Doch sobald er mit ihr allein war, benahm er sich hölzern und linkisch.
Ihre Schuld? Vielleicht. Sie erinnerte sich, wie sie ihn manchmal angestarrt hatte, als wäre er irgendein seltenes Tier.
Sie hatte sich in seiner Gegenwart nie entspannen können. Dann, als erst die Albträume und dann die Visionen gekommen waren, hatte er sie in das Sanatorium in Milledgeville gesteckt und damit jede Aussicht auf ein inniges Vater-Tochter-Verhältnis zerstört.
Sie machte sich
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