Die Spur des Spielers
komme auch mit!«, sagte Bob schnell.
»Nichts da, du packst dem netten Herrn das Spiel ein«, bestimmte Tante Mathilda. »Aber sei vorsichtig, hörst du!« Bob fügte sich in sein Schicksal und legte Figur für Figur sorgfältig in das mit rotem Samt ausgeschlagene Holzkästchen. Für das Brett selbst verwendete er Luftpolsterfolie. Dabei ließ er sich Zeit und so war er noch nicht ganz fertig, als Tante Mathilda mit dem Kunden wiederkam. Der steckte gerade mit zittrigen Fingern die Kreditkarte in seine Geldbörse zurück. Bob gelang es noch, den Namen auf der Karte zu entziffern: Bishop Blake.
Er betrachtete Mr Blake genauer. Er war älter, als Bob auf die Entfernung vermutet hatte, bestimmt schon Ende siebzig, und dabei nicht größer als der dritte Detektiv. Der Mantel schlackerte um den dünnen Körper herum. Das dicke Glas seiner Nickelbrille ließ seine Augen sehr klein erscheinen. Bob räusperte sich, während er das Figurenkästchen und das Brett in einen Karton legte. »Sir, ich wüsste gern, was das Spiel eigentlich so wertvoll macht. Ich hätte nie damit gerechnet, dass jemand so viel dafür bieten würde.«
Mr Blake sah sich über die Schulter um, beugte sich zu Bob vor und raunte: »Es ist besser, wenn du das nicht weißt.« »Ach«, sagte Bob verdutzt. »Und warum?«
Der Mann warf ihm einen schwer zu deutenden Blick zu, antwortete aber nicht, sondern streckte die Hände nach dem Pappkarton aus.
»Brauchen Sie eine Tasche?«, fragte Bob.
»Nein, danke. Es geht schon. Ich muss jetzt gehen.« Bishop Blake klemmte sich den Karton unter den rechten Arm, benutzte die linke Hand für den Stock und drehte sich um, ohne Tante Mathilda, Onkel Titus oder Bob noch eines Blickes zu würdigen. Möglichst unauffällig versuchte er, Richtung Eingangstor zu gelangen. Dabei wollten ihn zwei, drei Leute auf seinen spektakulären Kauf ansprechen, aber er floh vor ihnen wie ein bedrängtes Tier und hatte das Schrottplatzgelände kurz darauf verlassen.
Titus Jonas seufzte. »Na, das war ja was!«
»Allerdings«, stimmte Bob zu. »Können Sie sich das erklären, Mr Jonas? Siebentausend Dollar für ein Schachspiel! Das ist doch Wahnsinn!«
»Das zeigt lediglich, dass es sich jederzeit lohnt, im Gebrauchtwarencenter Titus Jonas vorbeizuschauen!«, sagte Fante Mathilda bestimmt. »Hier kann man noch wahre Schätze entdecken! Das war die beste Werbung, die wir kriegen konnten!«
»Ja, aber —«
Weiter kam Bob nicht.
Ein grässliches Bremsenquietschen gellte über den Platz, gefolgt von einem dumpfen Knall. Alle hatten es gehört, alle hielten inne.
»Da ist was auf der Straße passiert!«, rief irgendjemand.
Justus und Peter, die mit ihrem Erfrischungsstand nahe am Ausgang waren, ließen alles stehen und liegen und rannten los. Bob eilte ihnen nach, doch als er sich endlich einen Weg durch die Menge nach draußen auf die Straße gebahnt hatte, hatte sich schon eine Menschentraube an der nächsten Straßenkreuzung gebildet.
Bob erfasste die Situation mit einem Blick: Auf dem Asphalt prangten hässliche schwarze Bremsspuren. Wo sie endeten, lag ein Mann am Boden. Das Auto, das die Spuren hinterlassen hatte, war nirgends zu sehen. Bob eilte zu dem Opfer. Justus und Peter knieten bereits neben ihm. Es war Mr Blake. Peter hatte sein Handy gezückt und sprach schon mit der Notrufzentrale. Blake wiederum blinzelte orientierungslos umher, sah in Justus’ Gesicht, murmelte ihm etwas zu, das Bob nicht verstand, dann verlor er das Bewusstsein.
Bob sah sich hilflos um. Nicht nur vom Täter und seinem Auto fehlte jede Spur. Auch der Karton mit dem Schachspiel war verschwunden.
Ein nagendes Gefühl
Der Krankenwagen kam schnell und Mr Blake wurde sofort in die Klinik gebracht. Die Polizei war da, um Zeugenaussagen aufzunehmen, doch niemand hatte den Unfall direkt beobachtet. Lediglich Derek, ein Junge aus der Nachbarschaft, sprach etwas länger mit den Polizisten. Auch die drei Detektive wurden befragt, aber sie konnten nichts Entscheidendes beitragen.
Onkel Titus brach die Versteigerung ab. Doch dann tauchte ein Reporter der Rocky Beach Today auf und interviewte Onkel Titus und viele der Gäste zu dem Vorfall. So dauerte es noch über eine Stunde, bis die letzten Menschen gedämpft tuschelnd den Schrottplatz verlassen hatten und Tante Mathilda mit einem lauten Seufzer das große Eingangstor endlich schließen konnte.
Erschöpft ließen sich alle fünf auf der Veranda nieder, blickten auf die verwaisten Stuhlreihen und
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