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Die Spur des Verraeters

Die Spur des Verraeters

Titel: Die Spur des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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auf diese Weise, mit erhobenem Schwert zu kämpfen, wodurch die Schulterverletzung noch hinderlicher wurde. Sano gelangen lediglich ein paar Gegenangriffe, während Nirin ihn mit wuchtigen Hieben durchs Zimmer trieb. Sano wich zurück, wobei er über Schreibpulte sprang und Schränke umstieß. Plötzlich hörte er Rufe auf dem Flur. Die Tür flog auf. Wachen und Schreiber stürmten ins Zimmer.
    »Zurück!«, brüllte Nirin sie an. »Er gehört mir!« Sano keuchte inzwischen vor Schmerz und schwitzte vor Erschöpfung. Warmes Blut lief ihm von der Schulter über die Brust. Nirin, dessen Atem kaum schneller ging, drang unablässig auf ihn ein. Sano beschränkte sich jetzt nur noch auf die Verteidigung, parierte, wich aus, sprang zurück. Die Schulterwunde schwächte seinen Schwertarm immer mehr. Nirin hieb nach Sanos Hals. Sano wehrte den Schlag ab, dass die Klingen sich ineinander verkanteten und Nirin den geschwächten Arm des Gegners so weit herumdrückte, dass Sano das Gefühl hatte, er würde ihm aus dem Schultergelenk gerissen. Der Schmerz schoss ihm bis in die Fingerspitzen, und er ließ das Schwert los, das in einem silbern flirrenden Bogen durch die Luft wirbelte. Die Zuschauer jubelten. Nirin packte sein Schwert mit beiden Händen und hob es hoch über den Kopf. Sano sprang im letzten Moment zurück und wich dem Schlag aus, der ihm den Schädel gespalten hätte. Er zog sein Kurzschwert, doch die Klinge war nicht lang genug, um so nahe an Nirin heranzukommen, dass er einen Schlag anbringen konnte. Die längere, schwerere Waffe des Hauptmanns ließ Sanos Kurzschwert rasch stumpf und schartig werden. Es war nur eine Frage der Zeit, bis Sano einen tödlichen Treffer abbekam.
    Sano tauchte unter einem Hieb Nirins weg, der ihm den Kopf von den Schultern getrennt hätte, und schleuderte ihm einen Stuhl vor die Füße. Nirin geriet ins Straucheln und streckte den Schwertarm aus, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Sano ließ die Gelegenheit ungenutzt, dem Gegner einen tödlichen Hieb zu versetzen: Er brauchte Nirin lebend. Mit zwei, drei blitzschnellen Schritten war Sano hinter dem Hauptmann, packte den Kragen seines Waffenrocks, zerrte ihn hoch und drückte ihm sein Schwert unter die rechte Armbeuge, mit der Spitze nach oben.
    »Lasst die Waffe fallen!«, rief er.
    Nirins Körper wurde steif. Langsam drehte er den Kopf, blickte Sano an. In den Augen des Hauptmanns spiegelten sich Furcht und Hass. Er öffnete den Mund, wollte etwas sagen, brachte aber keinen Laut hervor. Entsetzte Schreie erhoben sich unter den Zuschauern. Sano wiederholte den Befehl, und Nirin ließ seine Waffe fallen.
    »Jetzt das andere Schwert«, sagte Sano. »Gut so. Und nun verschränkt die Arme vor der Brust.«
    Nirin gehorchte. Der weite Ärmel seines Waffenrocks rutschte herunter und verbarg Sanos Schwert.
    »Lasst ihn los«, rief einer der Wachsoldaten.
    »Sei still!«, stieß Sano hervor, dessen Atem schwer und rasselnd ging, als sein erschöpfter Körper versuchte, die verbrauchte Kraft wiederzuerlangen. »Wir werden jetzt zusammen die Insel verlassen«, sagte er zu Nirin. Indem er den Hauptmann am Waffenrock hielt und ihm die Schwertspitze in die Achselhöhle drückte, bewegte Sano sich mit ihm zur Tür. »Gebt den Weg frei«, sagte er zu den Wachen und Schreibern, »oder er stirbt.«
    Die schockierten Männer rührten sich nicht. Sano drückte mit der Schwertspitze zu, dass Nirin heftig zusammenzuckte. »Tut, was er sagt«, stieß der Hauptmann mit heiserer Stimme hervor.
    Die Männer gaben endlich den Weg frei. Sano hielt Nirin fest gepackt, als er ihn den Flur hinunter und aus dem Gebäude führte. »Wenn jemand uns folgt, stirbt der Hauptmann!«, rief Sano über die Schulter. Die Wachsoldaten blieben wutentbrannt stehen, die Hände an den Schwertgriffen.
    »Wenn Ihr glaubt, Ihr kommt damit durch, seid Ihr ein Narr.« Wut und Angst mischten sich in Nirins Stimme. »Überall auf Deshima sind Soldaten. Ihr kommt niemals an ihnen vorbei.«
    Sano kämpfte seine eigenen Zweifel nieder. »O doch, das werde ich – weil Ihr mir dabei helft.« Er trat das Tor auf und schob Nirin hindurch. »Und jetzt kein Wort mehr! Sprecht nur, wenn ich es Euch erlaube.« Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er sah, wie Wachsoldaten sich auf der Straße verteilten, um die Jagd nach ihm aufzunehmen.
    »Hier!«, rief Nirin ihnen zu. »Er hat mich in seiner Gewalt.«
    Alle Köpfe drehten sich den Männern zu, alle Geräusche verstummten, alle Bewegungen

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