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Die Spur des Verraeters

Die Spur des Verraeters

Titel: Die Spur des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Spaen mit eingerechnet«, erwiderte Nagai. »Sie kamen vor zwei Jahren hierher und sind geblieben, um die Waren in ihren Lagerhäusern zu bewachen und dem Shogun sowie den Beamten des bakufu die gebotene Ehre zu erweisen. Drei Barbaren sind derzeit allerdings auf Reisen. Sie besuchen die daimyo auf Kyûshû. Unsere Wachen auf Deshima haben die zwei Barbaren, die noch auf der Insel sind, wegen des Verschwindens von Direktor Spaen natürlich schon befragt. Sie behaupten, nichts vom Verbleib ihres Vorgesetzten zu wissen. Aber vielleicht lügen sie, um sich zu schützen. Ich habe befohlen, sie ohne Essen und Trinken in ihren Unterkünften festzuhalten, um sie zur Zusammenarbeit zu bewegen.«
    Statthalter Nagai war offenbar ein Mann, der rasch, entschlossen und rücksichtslos handelte. Auch die sofortige, groß angelegte Suchaktion nach Jan Spaen sprach dafür. Und im Unterschied zu vielen hohen Amtsträgern schien Statthalter Nagai die Grenzen seines Verantwortungsbereichs zu kennen.
    »Eure Bemühungen sind sehr lobenswert«, sagte Sano. »Ich werde nach Deshima reisen. Während die Soldaten ihre Suche fortsetzen, will ich versuchen, mit den Holländern zu reden. Gibt es einen Dolmetscher, der mir helfen könnte?« Sano sprach kein Holländisch und wusste, dass man den Barbaren das Erlernen der japanischen Sprache vorenthielt, um zu verhindern, dass sie persönliche Beziehungen zu Japanern entwickelten.
    »Ja, gewiss«, sagte Statthalter Nagai. »Aber zuerst müsst Ihr und Euer Gefolgsmann den Eid leisten, den alle Japaner ablegen müssen, die mit Ausländern Kontakt aufnehmen.«
    Er klatschte in die Hände. Ein Diener erschien, und Nagai erteilte ihm Anweisungen. Der Diener verschwand und kam kurz darauf mit zwei Beamten zurück. Außerdem trug er ein Tablett in Händen, auf dem sich zwei Schriftrollen, ein farbiges Stück Stoff, ein Tuschefässchen und eine lange spitze Nadel befanden. Die Beamten knieten zu beiden Seiten des Statthalters nieder, während der Diener das Tablett zwischen Sano und Hirata abstellte und die Schriftrollen vor sie auf den Boden legte.
    »Ihr müsst nun vor Zeugen – vor mir und meinen zwei Helfern – laut vorlesen, was auf der Rolle geschrieben steht«, forderte Nagai Sano auf.
    »Hiermit gelobe ich, allen Fremden meine Freundschaft und jegliche Kontakte und Dienste zu verweigern, die ausländische Interessen fördern und über die Japans stellen«, las Sano laut. »Weiter schwöre ich, niemals die christliche Religion zu praktizieren. Sollte ich diese Schwüre brechen, mögen die Götter, der bakufu und seine Hoheit der Shogun Rache an mir, meiner Familie und meinen Verbündeten üben.«
    »Gut. Nun tretet das christliche Bild mit Füßen«, sagte Statthalter Nagai.
    Der Diener breitete das Stück Tuch auf dem Boden aus. Es zeigte das Porträt eines langhaarigen, bärtigen Barbaren, über dessen Kopf ein runder goldener Lichtkranz schwebte. Sano erhob sich und trampelte auf das Tuch, das bereits von Rissen, Löchern und Kratzern verunstaltet war.
    »Und nun unterzeichnet bitte die Schriftrolle«, sagte Nagai.
    Sano kniete nieder, nahm sein persönliches Siegel aus dem Beutel an seiner Hüfte, tauchte das Siegel in das Tuschefässchen und drückte es auf die Rolle. Dann nahm er die Nadel und stieß sie sich in den Finger. Der Schmerz sollte die Bedeutung dieses Eids unterstreichen und der Blutstropfen, den Sano auf die Rolle drückte, versinnbildlichte das Blut, das unter dem Schwert des Henkers fließen würde, wenn er seinen Schwur brach.
    Gerade hatte auch Hirata den Eid abgelegt, als ein Wachsoldat ins Zimmer stürmte. »Ehrenwerter Statthalter«, stieß der Mann hervor, fiel auf die Knie und verneigte sich. »Verzeiht bitte die Störung, aber man hat ein holländisches Schiff gesichtet, das den Hafen anläuft!«
    »Oh. Wie unpassend. Ja, dann.« Statthalter Nagai wandte sich an Sano. »Nun, das holländische Schiff darf jetzt nicht anlegen. Fast sämtliche Soldaten und Wachleute der Stadt sind auf der Suche nach Direktor Spaen. Wir können niemanden erübrigen, um das Schiff in den Hafen zu eskortieren. Und es wäre zu gefährlich, würden wir einer Horde Barbaren gestatten, unbeaufsichtigt japanisches Territorium zu betreten. Außerdem verbietet es das Gesetz. Richtet dem Kapitän des Schiffes umgehend aus, dass er auf See warten soll, außerhalb des Hafens, bis Direktor Spaen gefunden wurde.«
    An dem scharfen, ja drohenden Blick Nagais erkannte Sano, wie schwer die Aufgabe war,

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