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Die Spur des Verraeters

Die Spur des Verraeters

Titel: Die Spur des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Arzt die schleimige Hand aus der Wunde, wusch den kieselsteingroßen, metallenen Gegenstand, den er gefunden hatte, in einer Schüssel mit Wasser ab, und hielt ihn in die Höhe.
    Sano schlug das Herz bis zum Hals, als ihm die Konsequenzen dieser Entdeckung klar wurden. »Eine Kugel. Direktor Spaen wurde erschossen.«
    »Geschossen. Ja!« Dr. Huygens nickte und ahmte mit der Hand einen Mann nach, der den Abzug einer Waffe betätigte.
    »Und nachdem bei Spaen der Tod eingetreten war, hat der Mörder vergeblich versucht, die Kugel zu entfernen, nicht wahr?«, sagte Sano widerwillig, denn die unvermeidlichen Schlussfolgerungen machten ihm Angst. »Deshalb hat er den Bereich um die Eintrittswunde mit dem Messer zerschnitten und zerfleischt, um das Kugelloch unkenntlich zu machen. Anschließend hat er auf den Toten eingeschlagen und ihm die Stichwunden zugefügt, damit es so aussah, als wäre Spaen zu Tode geprügelt oder erstochen worden. Möglicherweise ist der Täter Christ und hat seinem Opfer das Kruzifix als eine Art Buße umgehängt. Dann hat er den Leichnam ins Meer geworfen – in der Hoffnung, dass er niemals gefunden wird.«
    »Richtig!«, sagte Huygens und beendete die Obduktion. Beinahe wünschte sich Sano, sie hätte niemals stattgefunden.
    »Bereitet die Leiche bitte für das Begräbnis vor«, bat er Huygens.
    Durch die Ergebnisse der Obduktion verlagerte sich der Schwerpunkt von Sanos Ermittlungen auf andere Verdächtige und brachte ihn damit in jene gefährliche Lage, die er zu vermeiden gehofft hatte. Verrat … das Wort hallte in seinem Inneren wider, als die Gefahr, mit einem ehrlosen Tod in Schmach und Schande bestraft zu werden, sprunghaft größer wurde.
    Denn die Barbaren auf Deshima besaßen keine Gewehre oder Pistolen. Sämtliche Feuerwaffen wurden beschlagnahmt, sobald die Fremden im Hafen angelegt hatten.
    Deshalb sprach alles dafür, dass der Mörder Jan Spaens Japaner war.

9.

    N
    ach erquickendem Schlaf und einer ruhigen Nacht kehrte Sano früh am nächsten Morgen nach Deshima zurück. Das milde Wetter des Vortages war verschwunden; vom Meer her wehte ein kalter Wind über die Insel, und Wolkenberge zogen über den Himmel. Sano hatte seine Pläne geändert, was die Ermittlungen im Mordfall Jan Spaen betraf.
    »Ich möchte, dass Taucher vor der Küste Deshimas nach einer Pistole und einem Messer suchen«, sagte er zum Offizier vom Dienst. »Außerdem brauche ich die Namen sämtlicher Wachen, die in der Nacht Dienst hatten, als Direktor Spaen verschwunden ist, sowie die Namen aller Diener, Besucher und sonstiger Personen, die während der fraglichen Zeit auf Deshima waren.«
    Der Offizier vom Dienst ließ Sano in den Dienstplan Einsicht nehmen; dann schlug er eine Kladde auf, in der Sanos Besuch auf der Insel am Tag zuvor eingetragen war. Der Offizier blätterte ein, zwei Seiten zurück. »Da«, sagte er und wies auf einen Namen.
    »Pfingstrose?«, las Sano erstaunt. »Eine Frau?«
    »Direktor Spaens Kurtisane«, erklärte der Offizier vom Dienst. »Sie hat die Nacht in seiner Schlafkammer verbracht. Wir haben die Frau an dem Morgen, nachdem Spaen verschwunden war, allein in dem Zimmer aufgefunden. Sie wusste nicht, wohin der Barbar verschwunden war, also hat Kommandant Ohira sie nach Hause geschickt.«
    Prostituierte waren die einzigen Frauen, denen der Zugang nach Deshima erlaubt war. Ob diese Kurtisane Direktor Spaen ermordet hatte? Pistolen und Gewehre waren ungewöhnliche Waffen, die nur hochrangige Beamte besaßen. Und wenngleich Sano sich bislang nicht nach Besuchern erkundigt hatte, so war es doch seltsam, dass Kommandant Ohira die Kurtisane überhaupt nicht erwähnt hatte. Sie konnte eine wichtige Zeugin, vielleicht sogar eine Tatverdächtige sein.
    »Wo finde ich Pfingstrose?«, fragte Sano.
    »Im Goldenen Halbmond. Ein Freudenhaus im Vergnügungsviertel.«
    Wenngleich Sano bezweifelte, dass Pfingstrose den Mord an Spaen begangen hatte, atmete er ein wenig auf. Falls er einer Frau aus dem Vergnügungsviertel die Tat nachweisen konnte, blieben ihm eine Anklage wegen Verrats und die tödlichen Folgen wahrscheinlich erspart. Denn dem bakufu war es gleichgültig, was mit einer Prostituierten geschah. Und auch die Barbaren würden den Fall in einem anderen Licht betrachten, wenn Spaen von einer Kurtisane ermordet worden war.
    »Wann findet der Wachwechsel auf Deshima statt?«, fragte Sano den Offizier vom Dienst.
    Durch die zur Küste gelegene Tür des Wachhauses drangen die Geräusche

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