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Die Spur des Verraeters

Die Spur des Verraeters

Titel: Die Spur des Verraeters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Joh Rowland
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Fußboden, wobei er Sanos Füße gerade weit genug verfehlte, dass er es nicht als persönliche Beleidigung auffassen konnte. » Wir sind keine Faulenzer.« Wie ihr in Edo , fügte sein zorniger Blick stumm hinzu. »Und keine Lügner.«
    Aber irgendjemand muss in dieser Sache lügen, ging es Sano durch den Kopf. Hätten die Wachsoldaten auf Deshima ihre Arbeit ordentlich verrichtet, hätte ihnen unmöglich ein Mord oder die Beseitigung eines Leichnams entgehen können. Wahrscheinlich war, dass die gesamte Wachmannschaft unter einer Decke steckte. Doch Sano sah keine Möglichkeit, irgendetwas gegen diese Verschwörung des Schweigens zu unternehmen – falls es sie gab.
    »Erzählt mir von Pfingstrose, Direktor Spaens Kurtisane«, forderte er Hauptmann Nirin auf.
    Gedämpftes Lachen und anzügliches Gemurmel erhoben sich unter der Wachmannschaft, während Nirin ein düsteres Gesicht aufsetzte. »Warum stellt Ihr uns all diese Fragen? Wir haben Eurem Gefolgsmann doch schon alles erzählt.«
    »Was sagt Ihr da?«, stieß Sano hervor, verwundert und erschreckt zugleich. »Wann war das?«
    »Gestern. Er kam hierher, als wir das Bogenschießen übten, bevor wir unseren Dienst angetreten haben.«
    »Verstehe.« Es fiel Sano schwer, eine gelassene Miene zu wahren. Während er Deshima inspiziert und mit den Barbaren gesprochen hatte, hatte Hirata erneut seine Befehle missachtet. Und er hatte Sano nicht einmal von seinen verbotenen Nachforschungen erzählt. Dabei hatten sie beide erst gestern gemeinsam zu Abend gegessen, bevor sie sich in ihre getrennten Schlafkammern zurückgezogen hatten. Doch ihr Gespräch war steif und förmlich gewesen, und Hirata hatte einen unruhigen Eindruck gemacht. Jetzt kannte Sano den Grund dafür. Er war wütend auf sich selbst, dass er diesen Vorfall nicht verhindert hatte. Hirata brauchte dringend eine sinnvolle Aufgabe. Vielleicht, überlegte Sano, konnte Hirata die Inspektion vornehmen, derentwegen sie nach Nagasaki geschickt worden waren.
    Er blickte wieder Hauptmann Nirin an. »Erzählt mir jetzt, was Ihr über Pfingstrose wisst, die Kurtisane.«
    Mit einem verschlagenen Lächeln erwiderte Nirin: »Direktor Spaen hat sie wie den letzten Dreck behandelt. Wenn er sie geschlagen und beschimpft hat, musste ein Dolmetscher jedes Wort übersetzen, damit Pfingstrose genau wusste, was er sagte und wie er sie nannte. Er zwang sie sogar, seinen Nachttopf zu leeren – und wenn sie damit durchs Zimmer ging, stellte er ihr ein Bein und ließ sie dann den Schmutz aufwischen, den sie verschüttet hatte. Und manchmal, wenn die beiden in Spaens Schlafkammer waren, haben wir Geräusche gehört. Flüche. Schläge. Schreie. Wenn Ihr jemanden sucht, der wirklich einen Grund gehabt hat, Spaen zu ermorden, solltet Ihr Euch auf die Suche nach Pfingstrose machen.«
     
    Das Vergnügungsviertel von Nagasaki lag auf einem Hügelhang im Süden der Stadt und war von einer hohen Mauer umgeben, die den Frauen, die hier arbeiteten, eine Flucht unmöglich machte und zugleich die Freudenhäuser und Vergnügungsbetriebe von der Außenwelt abschloss, so wie die Gesetze es verlangten. Als Sano durch das bewachte Tor ritt und sich auf die Suche nach dem Goldenen Halbmond machte, fielen ihm viele Ähnlichkeiten zwischen diesem vergleichsweise kleinen Vergnügungsbezirk in Nagasaki und Yoshiwara auf, dem riesigen Vergnügungsviertel in Edo, dem späteren Tokio. Hinter den vergitterten Fenstern der Freudenhäuser saßen die Kurtisanen wie exotische Vögel in Käfigen und versuchten, mögliche Kunden durch Zurufe und Schmeicheleien anzulocken. Von den Dachvorsprüngen hingen rote Vorhänge, die mit den Namen und Wappen des jeweiligen Etablissements bedruckt waren. Samurai und gemeine Bürger drängten sich in den Straßen, tummelten sich vor den Fenstern der Freudenhäuser, um die Kurtisanen zu betrachten, oder besuchten Teehäuser und Spielhallen. Doch im Unterschied zu Yoshiwara besaßen hier viele Häuser Balkone und Dachterrassen, die mit Papierlaternen, Blumen und blühenden Sträuchern geschmückt waren und einen Blick auf den Hafen gewährten. Ein langer Zug bewegte sich an Sano vorbei in Richtung Tor: zehn Sänften, die von berittenen Samurai eskortiert wurden. Durch die Fenster sah Sano im Inneren der Sänften Kurtisanen mit ausdruckslosen Gesichtern und in grellbunter Kleidung, die das Vergnügungsviertel verließen, was in Yoshiwara völlig undenkbar gewesen wäre.
    »Da sind die Huren der Chinesen und Barbaren!«, rief

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