Die Spur fuehrt nach Tahiti
Hals aus dem Kragen wie der Vogel aus der Kuckucksuhr. Er war direkt vom Hauptlager der Firma gekommen, der die meisten Kaufläden der umliegenden Inseln gehörten.
Und jetzt war alles wieder einmal sehr schnell gegangen.
Die beiden Franzosen hatten sich im „Trois fleurs“ eine Stunde lang die Köpfe zerbrochen. Das hieß, Monsieur Chaval hatte nur so getan, als ob er sich den Kopf zerbrechen würde. In Wirklichkeit hatte er schon von Anfang an die Idee gehabt, Ekke Krumpeter als neuen Geschäftsführer vorzuschlagen. Der Beauftragte der Firma in seinem eiergelben Anzug hatte dem Vorschlag dann auch zugestimmt.
Und der junge Mann mit seinen Einmeterneunzig und den semmelblonden Haaren war einverstanden gewesen, ohne auch nur eine Sekunde zu überlegen. Denn was Besseres konnte ihm augenblicklich gar nicht passieren. Er hatte immer wieder befürchtet, daß irgend jemand irgendwann einmal fragen würde, woher sein Geld käme, das er so täglich brauchte, auch wenn das Leben auf der Insel nicht teuer war. Aber, so oder so, jetzt würde er zur Insel gehören, wie alle anderen, seine Arbeit haben, dafür bezahlt werden und so seine Million auf der Bank in Papeete geheimhalten können wie bisher.
Was er zuerst nicht vermutet hatte, der Kaufladen machte ihm schon in der ersten Woche richtig Spaß. Und auch Tagi, den er zu seinem Kompagnon befördert hatte, platzte fast vor Vergnügen.
Von Mal zu Mal vergrößerte Krumpeter das Warenangebot um Dinge, die man bisher in Papeete hatte bestellen müssen oder bei einem der größeren Inselkaufhäuser in Hangaroa oder Amanu.
Farben, Lacke und alles, was man zum Anstreichen brauchte, und vor allem auch die wichtigsten Medikamente.
Gerade hatte Krumpeter noch ein Stück Stoff für einen Pareo verkauft, da mußte er im nächsten Augenblick einer Mutter empfehlen, was sie gegen den Husten ihres Babys tun soll oder gegen sein Bauchweh. So war er auf einmal Doktor, gelegentlich Berater und nicht selten auch Geldverleiher. Denn es passierte schon manchmal, daß die eine oder andere Familie knapp bei Kasse war. Und da er mit der Zeit wußte, wem er vertrauen konnte, verkaufte er ihnen seine Waren für Kokosnüsse, die noch ungeerntet in den Palmen hingen, oder für Fische, die noch nicht gefangen waren.
Der Baron residierte inzwischen im „Trois fleurs“, und zwar in dem Zimmer mit dem Blick auf die Lagune, das Krumpeter bisher bewohnt hatte. Wenn wieder einmal neue Zeitungen aus Paris kamen und Tagi sich gerade am Riff beim Tauchen herumtrieb oder im Kaufladen auf Kundschaft wartete, mußte ihm die Frau von Huru-Huru vorlesen. Dabei rauchte sie ihre Zigarre, und der Baron paffte seine Pfeife. Meistens winkte er schon nach den ersten Worten einer Nachricht ab, weil ihm Kriege oder Hungersnöte irgendwo in der Welt gestohlen bleiben konnten. Auch daß es in Berlin keine Mauer mehr gab, kratzte ihn so wenig wie ein Eskimo, der sich in Grönland den Knöchel verstaucht hatte.
Krumpeter war mittlerweile in das kleine Haus am Palmenwald und neben der Hütte von Tagi eingezogen. Sie hatten sich nach und nach ein paar Hühner und eine Ziege zugelegt.
In der zweiten Dezemberhälfte wurde es von einem Tag zum anderen kühler, und dann sah es so aus, als ob ein Hurrikan auf die Insel zukommen würde.
Das Meer fegte über das Riff und drängte durch die schmale Einfahrt in die Lagune. Eine Woche lang peitschten Regengüsse über die Insel, und ganze Schwärme von schwarzen Fregattvögeln wurden mit ihren gewaltigen Schwingen durch die Luft gewirbelt.
Etwa um diese Zeit bekam Manni Zasche in Moabit seine Gefängniskleidung verpaßt und wurde danach zum ersten Mal im Block D in seine Zelle eingeschlossen.
Es war fünfzehn Uhr fünfundvierzig Ortszeit.
„Ach, du dicke Nuß“, murmelte Krumpeter, als er erfuhr, was seinem Kumpel passiert war. „Armer Manni, das mit dem Verkrümeln wie ein Regenwurm ist also in die Hose gegangen –“
Er warf sich abends im Dunkeln auf sein Bett und drückte sein Gesicht in das Kissen.
So blieb er liegen, dachte und dachte, versuchte sich seinen Freund Zasche vorzustellen, und tausend Dinge gingen ihm durch den Kopf.
Draußen regnete es immer noch, aber der Sturm hatte nachgelassen. Der Hurrikan war an der Insel vorbei zu den Nachbaratollen gerast.
Ein paar Kokosnüsse fielen nacheinander an seinem Fenster vorbei mit dumpfen Knall in den Sand.
Als er am nächsten Morgen aufwachte, wußte er nicht mehr, wie er eingeschlafen war. Aber er hatte,
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