Die Spur fuehrt nach Tahiti
großgewachsene Mann mit den strohblonden Haaren. „Ist es schon zu spät, oder kann ich noch eine Erbsensuppe mit Würstchen bekommen?“
„Für unseren Stammgast Zasche machen wir doch selbstverständlich eine Ausnahme“, sagte Herr Konopka und rief hinter sich in die Küche: „Eine Erbsensuppe mit Würstchen, Mutter.“
„Und ein großes Bier“, vervollständigte Manni seine Bestellung. „Ich könnte momentan glatt eine Wasserleitung leer saufen.“
„Na, da müssen Sie ja einiges erlebt haben“, erwiderte Herr Konopka. „Aber ich will nicht fragen.“ Er lachte und verschwand hinter seiner Theke.
„Guten Abend, Herr Zasche“, grüßte jetzt auch der flinke und viel zu junge Aushilfskellner Wolf-Dieter. „Soll ich die Tasche unter dem Stuhl zu Ihrem Segeltuchkoffer bringen? Muß doch unbequem sein, das Ding ständig zwischen den Beinen zu haben.“
„Mach dir keine Umstände, mein Sohn, du hast sowieso alle Hände voll zu tun“, Zasche grinste und blinkerte freundlich mit dem linken Auge. „Das fehlte gerade, daß du auch noch den Gepäckträger spielst!“
„Wäre mir aber ein Vergnügen“, bemerkte der hellwache Junge mit den etwas abstehenden Ohren.
Glücklicherweise wurde er in diesem Augenblick zu einem anderen Tisch gerufen. Dort saßen noch ein paar Männer beim Skat. „Vier Bier und vier Klare dazu!“
„Vier Bier, vier Klare“, wiederholte Wolf-Dieter und trollte sich.
Eine halbe Stunde später war die „Melone“ so gut wie leer.
Die Skatbrüder machten gerade ziemlich laut die Tür hinter sich zu. Eine Weile hörte man sie noch von der Straße her beschwipst durcheinanderreden. Dann fingen sie zu singen an und entfernten sich.
Vater Konopka hatte inzwischen zusammen mit seiner Frau am Tisch von Manfred Zasche Platz genommen. Beide spürten vom langen Stehen ihre Beine, und weil sie hundemüde waren, gähnten sie immer wieder.
„Noch ein Bierchen zum Einschlafen“, hatte der Wirt zuvor gesagt, und jetzt prosteten sich die drei gegenseitig zu.
Wolf-Dieter balancierte mittlerweile schwungvoll die letzten Stühle auf die abgeräumten Tische. Wenn man sich jetzt in der „Melone“ umblickte, sah man nur noch Stuhlbeine in die Luft ragen.
„Ich hab’ heut nacht leider ein Problem“, meinte Manfred Zasche auf einmal so ziemlich aus heiterem Himmel. Er druckste eine Weile herum, bevor er weitersprach. „Kennen Sie vielleicht in der Nähe eine Pension? Ich müßte für diese Nacht noch irgendein Bett auftreiben —“
„Dazu ist es aber schon verdammt spät“, gab Wolf-Dieter zu bedenken. Er hatte sich inzwischen mit einer Flasche Coca-Cola zu den übrigen gesetzt. „Das wird nicht gerade leicht sein.“
„Ich bin nämlich heute Knall auf Fall aus meinem Zimmer ausgezogen“, schwindelte Manni Zasche. „Meine Vermieterin hat auf einmal durchgedreht und verrückt gespielt. Der Anlaß war geradezu idiotisch. Ich hätte mit meinem Haarwasser durch die Gegend gespritzt wie die Feuerwehr und dabei Flecken auf ihrem nagelneuen Nußbaumschrank fabriziert. Die Politur sei dadurch restlos im Eimer, und das koste mich mindestens einen halben Tausender. Im übrigen sei für mich am Ersten der Letzte.“ Zasche nahm einen Schluck aus seinem Bierglas. „Da hab’ ich meine Klamotten zusammengepackt, als sie heut nachmittag zu irgendeinem Kaffeeklatsch abgezwitschert war, und bin stiftengegangen. Ich lass’ mich doch nicht von einer Vogelscheuche in die Pfanne hauen!“
„Wenn’s nur für eine Nacht ist, können Sie bei uns bleiben“, meinte der Wirt der „Melone“ nach einer Weile. Dabei wischte er sich mit dem Taschentuch seine Lachtränen aus den Augen. „Bevor wir jetzt erst lange nach einer Pension herumtelefonieren, liegen wir schon alle in der Klappe.“
„Aber das kann ich Ihnen doch nicht zumuten“, protestierte Zasche halbherzig. In Wirklichkeit hatte er ja mit dieser Einladung gerechnet.
„Leider können wir nicht mit einem Gästezimmer dienen“, sagte Mutter Konopka. „Und Frühstück gibt’s morgen auch nicht vor zehn. Am Vormittag bleibt unser Lokal ja geschlossen, wie Sie wissen, und da pennen wir dann, bis uns die Decke auf den Kopf fällt. So und jetzt kommen Sie mit. Mir fallen gleich die Augen zu.“
Sie zauberte mit einem Leinentuch, einer Decke und einem Kissen aus dem breiten Sofa im Wohnzimmer im Handumdrehen ein fabelhaftes Bett und wünschte zusammen mit ihrem Mann eine gute Nacht.
„Jetzt fehlt mir nur noch mein Segeltuchkoffer zum
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