Die Spuren der Seele
Ringfinger und der sexuellen Orientierung gefunden zu haben. Dieses Ergebnis wurde sogar in der renommierten Wissenschaftszeitschrift Nature veröffentlicht. Dass in der Regel bei Männern der Zeigefinger kürzer als der Ringfinger ist, während bei Frauen beide gleich lang sind oder umgekehrt der Zeige- sogar länger als Ringfinger ist, war seit mehr als hundert Jahren bekannt (siehe auch den Test ). Schon Giacomo Casanova brüstete sich mit einem langen Ringfinger und sah darin seine Männlichkeit entsprechend eindrucksvoll bestätigt. Der englische Anthropologe und Psychologe John Manning entdeckte einen weiteren überraschenden Zusammenhang. Je länger bei Männern der Ringfinger im Verhältnis zum Zeigefinger, desto mehr Spermien produzierten ihre Hoden. Damit war der Bann gebrochen, und eine Flut von Studien befasste sich mit dem Längenvergleich dieser beiden Finger, obwohl die Hände, wie wir inzwischen wissen, weit Spannenderes zu bieten haben.
Manning formulierte als erster die These, im Mutterleib werde das Wachstum des Ringfingers vom (männlichen) Sexualhormon Testosteron gefördert und das Wachstum des Zeigefingers von (weiblichen) Östrogenen. Das Verhältnis der Fingerlängen ist demnach ein Indikator für den jeweiligen Hormonmix, der den Fötus (geschlechtsspezifisch) geprägt hat. Viel Testosteron vermännlicht den Organismus einschließlich seines Gehirns. Die Mischung von Östrogen und Testosteron bestimmt, ob sich ein Penis oder eine Vagina ausbildet und inwieweit das Wachstum der rechten Gehirnhälfte auf Kosten der linken gefördert wird.
Die Fingerlänge wird unter Einfluss der Geschlechtshormone schon im Mutterleib definitiv festgelegt. Männer mit einem im Vergleich zum Ringfinger kurzen Zeigefinger, also sehr männliche Männer, haben laut Studien mehr Sexualpartner und mehr Kinder als solche mit vergleichsweise langem Zeigefinger, also mit einem eher weiblichen Muster. Bei den Frauen sollen (nach Studien der Universitäten Bern und Lancaster) diejenigen mit einem vergleichsweise langen Zeigefinger, also die besonders weiblichen, entsprechend fruchtbarer sein.
Homosexuelle sollen demnach ein weibliches Fingermuster (langer Zeigefinger und kurzer Ringfinger) haben und lesbische Frauen ein eher männliches (relativ kurze Zeigefinger und lange Ringfinger). Wenn der Zeigefinger der rechten Hand kürzer ist als der Ringfinger, so weist dies einer solchen Theorie zufolge darauf hin, dass Frauen lesbisch seien. Letzteres wird von Breedlove bestätigt; auch er attestiert lesbischen Frauen eher männliche Hände mit kurzen Zeigefingern. Laut einer anderen US-Studie haben schwule Männer dafür ein eher weiblich strukturiertes Gehirn, was logisch erscheint.
Am besten wissenschaftlich belegt ist der Zusammenhang von Fingerlänge und sportlicher Leistungsfähigkeit. Erfolgreiche Fußballer, Sprinter, Skifahrer, Schwimmer und Fechter haben durchschnittlich längere Ringfinger als erfolglose Sportler oder als Nichtsportler. »Fingerforscher« Manning konnte bei einem Rennen allein aus den Fingerlängen die Reihung des Zieleinlaufs bei fünf Läufern voraussagen. Lediglich Platz 3 und 4 verwechselte er. Bei Sportlegenden, darunter vor allem Fußballstars, fielen ihm einige »unglaublich lange Ringfinger« auf. Im April 2009 veröffentlichte er eine Meldung zu »schnellen Fingern«. Da bereits bei Jamaikanern ungewöhnlich lange Ringfinger lange bekannt seien, sei es auch kein Wunder, dass der schnellste Mann der Welt ein Jamaikaner mit ebensolchen Fingern sei.
Auch Frauen mit relativ kurzen Zeigefingern schneiden in Sportarten wie Fußball, Leichtathletik oder Tennis besonders gut ab, ermittelten Forscher des King’s College in London. Und nach einer Studie der Universität Berkeley waren unter ihnen überdurchschnittlich viele lesbisch. Weitere Studien ergaben, dass Menschen mit längerem Ringfinger aggressiver seien. Laut Karl Grammer von der Universität Wien neigten sie eher zur Promiskuität, was aufgrund eines beständig hohen Testosteronspiegels erklärbar wäre. Seiner Studie zufolge sagt das Verhältnis dieser beiden Finger zueinander auch etwas über die Treue in geschlechtlicher Hinsicht aus. Demnach sind Menschen mit männlichem Fingerverhältnis weniger treu als ihre Geschlechtsgenossen mit eher weiblichem Zeige-/Ringfinger-Verhältnis.
Von diesen Studien angestoßen, folgten weitere, so dass sich geradezu von einer wissenschaftlichen Handlese-Welle sprechen lässt. Der bereits
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