Die Staatsanwältin - Thriller
nicht, aber er war sich ziemlich sicher, dass seine Besessenheit mit Antoine Marshall darunterfiel. Er hatte auch noch andere Mandanten, aber er verbrachte fast jede wache Stunde des Tages mit der Arbeit an Antoines Fall. Etwas stimmte nicht mit diesem Fall, aber nach all den Jahren konnte Mace immer noch nicht genau sagen, was. Jetzt war Antoine tot. Doch wie konnte er die Akte einfach schlieÃen? Was, wenn er zugelassen hatte, dass ein Unschuldiger starb?
Er hatte angefangen, indem er die ganze Fallakte noch einmal las und die Geschehnisse aus einer anderen Perspektive betrachtete. In den letzten Jahren hatte er sich auf die Fehler in den Gerichtsurteilen konzentriert, damit sein Mandant einen neuen Prozess bekam. Aber jetzt suchte er nach Hinweisen auf den wahren Mörder, so wie er es getan hatte, als er den Fall neu übernommen hatte. Nachdem sich die Polizei auf Antoine eingeschossen hatte, hatten sie nie wirklich die Fragen weiterverfolgt, die sich Mace jetzt erneut stellte.
Was, wenn es gar kein zufälliger Einbruch gewesen war? Wer hätte Laura Brocks Tod gewollt? Was, wenn das eigentliche Ziel Robert Brock gewesen war? Wer waren seine Feinde?
Mace begann, alle Fälle durchzugehen, in denen Laura Brock als Expertin ausgesagt hatte. Als Nächstes schaute er sich die hochkarätigen Fälle an, die Robert Brock bearbeitet hatte. Und weil Richterin Snowden ihm immer verdächtig vorgekommen war, begann er auch ihre anderen Entscheidungen im Prozess zu studieren. Warum hatte sie sich förmlich ein Bein ausgerissen, um Robert Brock zu schützen? Was hatte sie gegen Caleb Tate? Welche anderen Fälle hatte Caleb mit ihr als Richterin verhandelt?
Zusätzlich wühlte er noch ein bisschen in der wissenschaftlichen Forschung, um zu verstehen, wie Marshall einen Lügendetektortest bestehen, aber in einem BEOS-Test durchfallen konnte. Er rief ein paar Wissenschaftler in Indien an, die führend waren in der Erforschung der BEOS-Methode und die auf ihre Zuverlässigkeit schworen. Lügendetektortests dagegen hatten allgemein bekannte Glaubwürdigkeitsprobleme.
Mace hatte die Zuverlässigkeit des BEOS-Tests gegenüber Antoine in dessen letzten Tagen heruntergespielt, weil es ihm richtig erschien. Aber je mehr er jetzt recherchierte, desto überzeugter wurde er, dass der BEOS-Test zuverlässig war. Vielleicht hatte Antoine recht gehabt. Vielleicht hatte er so unter Drogen gestanden, dass er keine bewusste Erinnerung an die Nacht hatte und einen Lügendetektortest bestehen konnte. Aber Mace brachte es einfach nicht über sich, die Akte nur wegen der Gültigkeit des BEOS-Tests zu schlieÃen. Noch nicht. Vielleicht niemals. Mace hatte einen Mandanten sterben sehen. Er konnte nicht einfach zum nächsten Fall übergehen, während er noch Zweifel hatte.
Besonders neugierig machte Mace, dass Calebs Mandanten auffällig häufig einen Lügendetektortest bestanden hatten. Das, gepaart mit Tates eigener Live-Performance am Lügendetektor, brachte Mace dazu, Ermittlungen über Dr. Stanley Feldman anzustellen, den Polygrafenexperten, der Tate getestet hatte.
Mace drehte jeden Stein um. Er verbrachte Stunden damit, die Gerichtsakten von Milton County zu durchkämmen. Er ging zum Gefängnis und befragte Angeklagte, die mit den Fällen zu tun gehabt hatten. Er sprach mit Anwälten und Gutachtern und erstellte Tabellen und Schaubilder über seine Ergebnisse. Er dachte an seine Recherchen, wenn er abends ins Bett ging, und wachte morgens mit neuen Ideen auf, denen er nachgehen konnte.
Er hatte das Gefühl, kurz vor einem Durchbruch zu stehen â als sei er etwas auf der Spur, etwas, das ihm immer wieder entglitt, zum Greifen nah und doch nicht zu packen. Aber er wurde nicht ganz schlau daraus. Und leider war es, falls er es herausfand, auch zu spät, um seinem Mandanten noch das Leben zu retten.
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Ich spürte, wie ich in der Woche vor dem gröÃten Prozess meines Lebens die Kontrolle verlor. Wie alle anderen jungen Anwälte war ich vor einem wichtigen Fall immer nervös. Aber diesmal war es anders. Ich war so nervös, dass ich mich kaum konzentrieren oder irgendetwas abschlieÃen konnte.
Teilweise war ich so nervös, weil ich ahnte, dass Tate einen Weg finden würde, um die Information über Richterin Snowden und meinen Vater in den Fall einflieÃen zu lassen. Auch falls er nicht in den
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