Die Staatsanwältin - Thriller
war. Sie hatte eine piepsige Stimme, die kein Fünkchen Respekt hervorrief, aber Anwälte, die versuchten, sich mit ihr anzulegen, bekamen es schnell mit ihrem Temperament zu tun.
Gegen zwei der drei ersten Anträge auf Kautionsänderung legte ich Widerspruch ein. Nachdem Simmons im dritten Fall zu meinen Gunsten geurteilt hatte, fluchte der Verteidiger unterdrückt auf dem Weg aus dem Gerichtssaal. Simmons hörte es, und der Anwalt endete beinahe bei seinem Mandanten im Gefängnis.
Daraufhin herrschte Anspannung im Gerichtssaal, als der Gerichtsdiener den Fall von Rafael Rivera aufrief, eines bekannten Gangmitglieds, das auf Grundlage der Zeugenaussage eines verdeckten Drogenermittlers vor einer Gefängnisstrafe wegen Drogenhandels stand. Zusätzlich zu seinen Drogendelikten hatte Rivera zweimal wegen Mordes vor Gericht gestanden, aber Zeugen waren auf mysteriöse Weise verschwunden oder hatten auf wundersame Weise ihre Aussagen widerrufen. Das machte diese Anklage wegen Drogenhandels so wichtig. Wir bekamen ihn vielleicht nicht für Mord dran, aber er würde nach dem »Three Strikes Law« mindestens fünfzehn Jahre absitzen.
Ironischerweise wurde Rivera von einer Anwältin aus Caleb Tates Kanzlei vertreten, einer tatkräftigen jungen Frau, die ein Jahr vor mir ihren Abschluss an der Southeastern Law School gemacht hatte. Doch als Riveras Fall aufgerufen wurde, war die junge Anwältin nirgends zu finden.
»Sie hat angerufen und sich entschuldigt, sie steckt in einer Anhörung in Fulton fest«, teilte der Gerichtsdiener Richterin Simmons mit. »Sie schickt jemanden als Vertretung.«
Simmons sah verärgert aus. »Hat sie auch gesagt, wann diese Vertretung uns mit ihrer Anwesenheit beehren wird?«
»Ungefähr um drei.«
Simmons gefiel das nicht, aber ihr war klar, dass Verteidiger nicht an zwei Orten gleichzeitig sein konnten. Kautionsanhörungen hatten keine hohe Priorität.
Simmons schlug ihren Hammer auf den Tisch. »Die Verhandlung ist bis 15.10 Uhr unterbrochen«, sagte sie.
Um drei betrat ich Simmons' Gerichtssaal wieder und war entsetzt zu sehen, dass der Chef â Caleb Tate â höchstpersönlich am Tisch der Verteidigung saÃ. »Mischen Sie sich heute unters gemeine Volk?«, fragte ich ihn.
Er stand auf und streckte die Hand aus. »Schön, Sie zu sehen, Frau Anwältin.«
Ich dachte kurz daran, ihm zum Tod seiner Frau zu kondolieren, aber ich brachte diese Scheinheiligkeit nicht fertig. »Sind Sie wegen der Kautionsanhörung hier?«
Tate lächelte auf seine typische, schmierige Art, die einen ganzen Mund voller groÃer, weiÃer Zähne sehen lieà â ein Lächeln, mit dem er schon mehr als nur ein paar Geschworene für sich gewonnen hatte. Vor allem die weiblichen. »Mein Mandant ist unschuldig, Jamie. Er muss drauÃen seinen Beitrag für die Gesellschaft leisten.«
»Sparen Sie sich das für die Richterin.«
Tate senkte die Stimme. »Ich erwarte eigentlich nicht, bei Simmons allzu weit zu kommen. Aber könnte ich Sie nach der Anhörung fünf Minuten sprechen?«
»Weswegen?«
Er trat einen Schritt näher, als wären wir Verbindungsbrüder, die ein Geheimnis teilen wollten. »Ich habe einen Deal, über den Sie nachdenken sollten.«
»Ich mache keine Deals, Caleb. Wenn Sie ab und zu wegen ein paar gewöhnlichen Straftaten vor Gericht kommen würden, wüssten Sie das vielleicht.«
Er kicherte. »Ich wollte damit keinen wunden Punkt treffen. Aber könnte ich einfach ein paar Minuten mit Ihnen reden? Sie werden vielleicht danach froh sein.«
Ich hätte ihn am liebsten angespuckt, aber ich wusste, ich konnte mich nicht weigern, ihm wenigstens zuzuhören. Mein Ruf unter den Verteidigern war auch so schon schlecht genug.
»Sie verschwenden Ihre Zeit. Aber ich gebe Ihnen nach der Anhörung fünf Minuten.«
»Na gut. Das sind drei Minuten mehr als ich erwartet hatte.«
Die Anhörung lief formgerecht ab. Rivera trat missmutig auf, warf der Richterin finstere Blicke zu und lümmelte auf seinem Stuhl herum. Er hatte Rastalocken und einen strähnigen Bart und vermittelte allen im Gerichtssaal eine Haltung der Ãberlegenheit. Simmons hörte skeptisch zu, die Hand unter dem Kinn, während Caleb Tate dafür argumentierte, die Kaution von dreihunderttausend Dollar, die ein anderer Richter kurz nach Riveras
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