Die Staatsanwältin - Thriller
durchzugehen, in denen Laura Brock als Expertin ausgesagt hatte. Als Nächstes schaute er sich die hochkarätigen Fälle an, die Robert Brock bearbeitet hatte. Und weil Richterin Snowden ihm immer verdächtig vorgekommen war, begann er auch ihre anderen Entscheidungen im Prozess zu studieren. Warum hatte sie sich förmlich ein Bein ausgerissen, um Robert Brock zu schützen? Was hatte sie gegen Caleb Tate? Welche anderen Fälle hatte Caleb mit ihr als Richterin verhandelt?
Zusätzlich wühlte er noch ein bisschen in der wissenschaftlichen Forschung, um zu verstehen, wie Marshall einen Lügendetektortest bestehen, aber in einem BEOS-Test durchfallen konnte. Er rief ein paar Wissenschaftler in Indien an, die führend waren in der Erforschung der BEOS-Methode und die auf ihre Zuverlässigkeit schworen. Lügendetektortests dagegen hatten allgemein bekannte Glaubwürdigkeitsprobleme.
Mace hatte die Zuverlässigkeit des BEOS-Tests gegenüber Antoine in dessen letzten Tagen heruntergespielt, weil es ihm richtig erschien. Aber je mehr er jetzt recherchierte, desto überzeugter wurde er, dass der BEOS-Test zuverlässig war. Vielleicht hatte Antoine recht gehabt. Vielleicht hatte er so unter Drogen gestanden, dass er keine bewusste Erinnerung an die Nacht hatte und einen Lügendetektortest bestehen konnte. Aber Mace brachte es einfach nicht über sich, die Akte nur wegen der Gültigkeit des BEOS-Tests zu schließen. Noch nicht. Vielleicht niemals. Mace hatte einen Mandanten sterben sehen. Er konnte nicht einfach zum nächsten Fall übergehen, während er noch Zweifel hatte.
Besonders neugierig machte Mace, dass Calebs Mandanten auffällig häufig einen Lügendetektortest bestanden hatten. Das, gepaart mit Tates eigener Live-Performance am Lügendetektor, brachte Mace dazu, Ermittlungen über Dr. Stanley Feldman anzustellen, den Polygrafenexperten, der Tate getestet hatte.
Mace drehte jeden Stein um. Er verbrachte Stunden damit, die Gerichtsakten von Milton County zu durchkämmen. Er ging zum Gefängnis und befragte Angeklagte, die mit den Fällen zu tun gehabt hatten. Er sprach mit Anwälten und Gutachtern und erstellte Tabellen und Schaubilder über seine Ergebnisse. Er dachte an seine Recherchen, wenn er abends ins Bett ging, und wachte morgens mit neuen Ideen auf, denen er nachgehen konnte.
Er hatte das Gefühl, kurz vor einem Durchbruch zu stehen – als sei er etwas auf der Spur, etwas, das ihm immer wieder entglitt, zum Greifen nah und doch nicht zu packen. Aber er wurde nicht ganz schlau daraus. Und leider war es, falls er es herausfand, auch zu spät, um seinem Mandanten noch das Leben zu retten.
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Ich spürte, wie ich in der Woche vor dem größten Prozess meines Lebens die Kontrolle verlor. Wie alle anderen jungen Anwälte war ich vor einem wichtigen Fall immer nervös. Aber diesmal war es anders. Ich war so nervös, dass ich mich kaum konzentrieren oder irgendetwas abschließen konnte.
Teilweise war ich so nervös, weil ich ahnte, dass Tate einen Weg finden würde, um die Information über Richterin Snowden und meinen Vater in den Fall einfließen zu lassen. Auch falls er nicht in den Zeugenstand trat und aussagte, würde er es zur Presse durchsickern lassen. Er würde ihnen außerdem erzählen, dass er mir diese Informationen schon vor fast drei Monaten gegeben hatte und ich sie zurückgehalten habe, selbst als Antoine Marshall hingerichtet wurde. Tate würde einen Weg finden, das Blatt zu wenden, damit er nicht der Einzige war, der vor Gericht stand. Ich würde mich zu ihm gesellen. Und mein Dad.
Es gab Momente in dieser Woche, in denen ich an den Prozess dachte, mir all die schrecklichen Dinge vorstellte, die passieren konnten, und fühlte, wie mein Herz anfing zu rasen, wie ich schnell und oberflächlich atmete. Ich maß meinen Puls und stellte ein paarmal fest, dass mein Herz über 150 Mal pro Minute schlug. Wenn es bei der Arbeit passierte, schloss ich die Bürotür und setzte mich an den Schreibtisch, die Augen geschlossen, und zwang mich zur Ruhe. Zu Hause tigerte ich auf und ab oder legte mich aufs Bett, bis ich entspannt genug war, um wieder klar zu denken.
In der Nacht nahm ich Schlafmittel und tagsüber Muskelrelaxans. Ich sagte mir, dass sich diese Ängste nicht von der Nervosität eines Sportlers vor einem großen Wettkampf unterschieden. Wenn der Prozess erst angefangen hatte, würde es mir wieder gut gehen.
Aber ich war Sportlerin, und ich hatte nie etwas
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