Die Staatsanwältin - Thriller
Nähe, jede Falte, jede Pore und die roten Adern in den müden Augen.
»Fünf Minuten«, erinnerte ich ihn.
»Lassen Sie uns einen Deal mit Rivera machen«, schlug Tate vor. »Sie und ich haben beide Wichtigeres zu tun. Es ist nur eine Anklage wegen Drogenmissbrauchs, Jamie. Ich überrede ihn zu sieben Jahren, fünf davon bei guter Führung auf Bewährung. Nageln Sie ihn während dieser sieben Jahre noch mal fest, und Sie können ihn wegsperren, bis ich in Rente gehe.«
Meine Aktentasche stand auf dem Boden, und ich hatte die Arme vor der Brust verschränkt. »Fertig?«
»Mit diesem Teil, ja«, antwortete er.
»Nein«, sagte ich. »Auf keinen Fall. Nicht jetzt und nicht am Abend vor dem Prozess. Niemals. Der hier geht vor Gericht, Caleb. Sie haben recht – wir haben beide zu viel zu tun, um Zeit zu verschwenden. Also sparen Sie sich die Mühe, mir noch weitere Deals vorzuschlagen.«
Tate zog ein Gesicht. »Okay«, sagte er. »Ich wusste, das war riskant.«
Das fühlte sich gut an . Ich nahm meine Aktentasche auf und fühlte mich ein wenig selbstzufrieden dabei.
»Ich habe noch zwei Minuten«, sagte Tate.
»Wofür?«
»Für den wahren Grund, warum ich hier bin.« Er senkte die Stimme und sah sich kurz im Flur um. »Ich weiß, Bill Masterson hat Sie gebeten, ihm bei der Ermittlung zum Tod meiner Frau zu helfen. Ich habe versucht, Bill zu erreichen, aber er ist mit seinem Wahlkampf beschäftigt. Ich kann mir vorstellen, dass es ihnen vielleicht ein bisschen schwerfallen wird, unvoreingenommen zu sein, und ich kann Ihnen da keinen Vorwurf machen. Aber Jamie …« Er zögerte und sah mir direkt in die Augen. »Ich habe Rikki nicht umgebracht. Ich werde jede Frage beantworten, die Sie wollen. Ich mache einen Lügendetektortest. Ich lasse Sie kommen und ohne Durchsuchungsbefehl unser Haus ansehen. Aber Sie müssen mir glauben – ich habe diese Frau geliebt, und ich hätte ihr nie etwas getan.«
Ich sagte kein Wort. Ich hatte früh in meiner beruflichen Laufbahn gelernt, dass man einen Verdächtigen reden ließ, wenn er redete … selbst wenn man ihn abgrundtief hasste. Selbst wenn man ihm am liebsten die Hände um den Hals gelegt und ihn erwürgt hätte.
Also sagte ich nichts.
»Ich mache das schon lange genug, um zu wissen, dass man für alles eine Anklage bekommen kann«, fuhr Tate fort. »Aber sagen Sie Ihrem Boss, wenn er mich des Mordes anklagt, wird er keine Verurteilung bekommen. Die einzige Art, wie ich mich verteidigen kann ist, der Welt von der dunklen Seite von Rikki Tate zu erzählen. Rikkis Leben war hart genug, Jamie. Zwingen Sie mich nicht, sie in aller Öffentlichkeit auseinanderzunehmen.«
Das kam einem Flehen so nahe, wie sich der große Caleb Tate wohl jemals herablassen würde. Bei jedem anderen Staatsanwalt hätte das vielleicht einen Anflug von Mitgefühl ausgelöst. Aber dies war der Mann, der Empörung über die Polizei vorgespielt hatte und ihnen den Versuch vorgeworfen hatte, Antoine Marshall vorschnell zu verurteilen. Derselbe Mann, der vor Aufrichtigkeit getrieft hatte, als er in einem dramatischen Kreuzverhör die Zeugenaussage meines Vaters anzweifelte.
Caleb Tate war ein Schauspieler. Und ich kaufte ihm nichts ab.
»Ich werde Ihre Botschaft an Mr Masterson weitergeben«, versprach ich. »Aber Botschaften funktionieren in zwei Richtungen.«
Ich hielt eine Sekunde inne, um meine Gedanken zu ordnen. Ich hielt die Wut im Zaum und meine Stimme neutral. »Falls Sie einen Fehler gemacht haben, als Sie Ihre Frau vergifteten, falls Sie vergessen haben, peinlich genau aufs kleinste Detail zu achten oder uns – im übertragenen Sinn – auch nur das winzigste Stück Seil geben … dann verspreche ich Ihnen eines: Ich werde jeden Zentimeter dieses Seils nehmen, um Sie am erstbesten Baum aufzuknüpfen, den ich finden kann, und ich werde es mir nicht zweimal überlegen. Sie haben recht – Rikki hatte ein hartes Leben. Und sie hatte etwas Besseres verdient als einen Mann wie Sie.«
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17
Der Donnerstag endete mit einem Abteilungsmeeting, das Bill Masterson einberufen hatte. Er versammelte sechs weitere Staatsanwältinnen und mich in unserem größten Konferenzraum und kam in typischer Masterson-Manier direkt zum Punkt.
»Wir haben vier Monate bis zur Vorwahl, und bei der Wahlkampftour wird es gerade ziemlich hässlich.« Masterson saß am Kopf des Tisches. Regina Granger saß zu seiner Rechten. Ihrem Blick nach zu urteilen, kannte sie wahrscheinlich den Grund
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