Die Staatsanwältin - Thriller
haben.«
Rafael beugte sich noch dichter zur Scheibe, warf einen Blick zu L. A. hinauf und bedachte mich mit einem Ausdruck, der L. A. dazu brachte, sich blitzartig über meine Schulter zu beugen.
»Hör mir mal zu, du kleiner Dreckskerl«, sagte er. »Du hast ungefährzwei Sekunden, um dein Herz auszuschütten, oder wir gehen, und du wanderst zurück ins Gefängnis und kannst dort die nächsten fünfzehn Jahre verrotten.«
Ich hob die Hand und schob L. A. zurück. Rafael schoss ein höhnisches Grinsen in L. A.s Richtung.
»Wir sind hier fertig«, sagte ich. Ich schaltete das Aufnahmegerät aus und hob den Telefonhörer ab, um dem Wachmann zu sagen, er könne Rafael abholen. »Er hat gar nichts«, sagte ich zu L. A.
Rafael lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und musterte mich vom Kopf bis zur Taille. Die Ellbogen hatte er auf die Armlehnen seines Stuhls gestützt. »Was, wenn ich derjenige gewesen wäre, der Mr Tate die Drogen beschafft hat?«
Die Tür hinter Rafael ging auf, und ein Wachmann trat in die Kabine.
Diesmal grinste ich höhnisch. »Das ist alles?«, fragte ich. »Dafür haben Sie meine Zeit verschwendet? Warum sollte irgendjemand Ihnen glauben?«
Der Wachmann stellte sich hinter Rivera, aber der Häftling machte keine Anstalten, aufzustehen. »Ich spreche hier rein hypothetisch. Aber was, wenn ich darüber aussagen könnte, wie viel Oxycodon und Codein und Promethazin …« – er ließ sich die Worte auf der Zunge zergehen, stolz, dass er die Drogen kannte, die man in Rikki Tates Organismus gefunden hatte; Fakten, die die gesamte Öffentlichkeit ebenfalls kannte – »ich Mr Tate besorgt habe?«
»Jeder kann die Zeitung lesen und herausfinden, dass das die Drogen waren, die man in Rikki Tates Blut gefunden hat. Ihre Zeugenaussage würde vor Gericht in der Luft zerrissen.«
»Gehen wir«, sagte der Wachmann. »Stehen Sie auf!«
Rivera rührte sich immer noch nicht. »Was, wenn ich wüsste, dass er erst vor einem halben Jahr angefangen hat, sich die Drogen zu besorgen? Was, wenn ich noch zwei andere Zeugen besorgen könnte, die wussten, dass ich Drogen für Mr Tate besorgte? Was wäre das – wie gesagt rein hypothetisch – wert?«
Diesmal hatte er mein Interesse geweckt. Niemand wusste von unserer Theorie, dass Caleb Tate erst vor einem halben Jahr angefangen hatte, seine Frau mit Drogen vollzupumpen. Die Zeugen, die Riveras Aussagestützen sollten, waren dagegen vermutlich nutzlos, wenn sie nicht gesehen hatten, wie er Tate die Drogen gab. Ihre Aussage würde als Hörensagen gewertet werden.
»Ich habe ihm jeden Monat mehr Drogen verkauft«, sagte Rafael. »Ich habe ihm einmal sogar ein bisschen Morphin gegeben. Vielleicht sollten Sie die Haare darauf untersuchen.«
Der Wachmann packte die Schulter von Riveras Overall und wollte ihn hochziehen. »Bewegung!«
»Warten Sie!«, bat ich ihn mit erhobener Hand. L. A. beugte sich dichter über meine Schulter.
Ich schaltete den Rekorder wieder ein. »Sagen Sie das noch mal«, verlangte ich.
»Das mit dem Morphin?«
»Alles.«
Er wiederholte seine Behauptungen für das Diktiergerät, und meine Gedanken rasten. Man lernt als Staatsanwalt früh, dass man seine Fälle nicht mit den Aussagen von Pfadfindern und Nonnen beweisen kann. Ja, verurteilte Verbrecher sagen alles, um aus dem Gefängnis zu kommen, aber sie wissen auch viel. Und im Moment versorgte uns Rafael Rivera mit Details, die er unmöglich wissen konnte, wenn er nicht die Wahrheit sprach.
Als er fertig war, schaltete ich das Gerät wieder aus und starrte in seine blutunterlaufenen Augen. Ich schenkte ihm meinen kältesten Blick und wartete fünf Sekunden, bevor ich anfing zu sprechen. »Wenn ein Wort hiervon zu Caleb Tate durchsickert, sind alle Ihre Chancen auf einen Deal dahin. Verstanden?«
»Verstanden«, sagte er selbstbewusst, als habe er eben einen Deal gemacht.
»Diese Zeugen – haben die gesehen, wie Sie Tate die Drogen gaben, oder haben sie selbst mit Tate gesprochen?«
»Nö. Aber ich habe ihnen von Tate erzählt, als ich die Drogen kaufte.«
»Ich will ihre Namen trotzdem. Und ich werde jedes Stückchen Information überprüfen, das Sie mir gegeben haben. Wenn Sie versuchen, Spielchen mit mir zu spielen, werden Sie bereuen, mich je gesehen zu haben.«
»So ein hübsches Gesicht?«, sagte Rivera arrogant. »Das glaube ich nicht.«
Ich gab dem Wachmann ein Zeichen, und er entfernte den Abschaum aus meinem Gesichtsfeld.
Rivera war mir nicht geheuer, aber L. A.
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